Wohnungen im Westend

Tecklenburg GmbH erhält bei Zwangsversteigerung den Zuschlag - Schandfleck in der City verschwindet

Wohnungen im Westend
Foto: Gausmann

Kreis Ahrweiler. Es sorgte schon für viele Schlagzeilen, hat manchen fasziniert, einige aber auch frustriert, gab Anlass zur Hoffnung und ließ Träume zerplatzen: das ehemalige Hotel Westend in Bad Neuenahr.

Mitten in der Stadt, schräg gegenüber dem Rathaus, dort, wo gerade "Zukunft Bad Neuenahr" geschrieben wird, verkommt der riesige Komplex mit denkmalgeschützter und mit Netzen abgesicherter Fassade und einem Filet-Grundstück, das bis an die ehemalige Bad Neuenahrer Grundschule reicht, mehr und mehr.

Am Mittwoch nun schlug im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal 106 des Ahrweiler Amtsgerichtes eine weitere schicksalhafte Stunde für das Westend. Es stand zur Versteigerung an. Verkehrswert nach einem neuen Wertgutachten eines Ingenieurbüros in der Kreisstadt: 620 000 Euro.

30 Minuten und 36 Gebote dreier Interessenten später erteilte Rechtspfleger Achim Rieder den Zuschlag für 606 000 Euro an die Bauunternehmung Tecklenburg GmbH in Straelen. Das seit 1878 bestehende Unternehmen am Niederrhein mit rund 100 Mitarbeitern hat laut dessen Projektentwicklerin Isabel Ströcker Erfahrungen in der Kombination von denkmalgeschützten und einst von der Bundeswehr genutzten Gebäuden: Herzeigeobjekt ist die Reitzensteinkaserne in Wesel.

Auch im Kloster Geistingen in Hennef will das Bauunternehmen exklusive Wohnungen schaffen ( der GA berichtete). Das sieht die Zukunft auch fürs West~end vor: 35 hochwertige Wohnungen auf rund 3 500 Quadratmetern für zahlungskräftiges junges Publikum ab 30. Für viele Bürger ist damit auch der Traum einer künftigen Nutzung des Barocksaals, auch "kleiner Kurhaussaal" genannt, als Versammlungsort geplatzt, weil auch dort Wohnraum entstehen soll.

"Der Denkmalschutz macht das Objekt für uns interessant. Das Grobkonzept steht, wir wollen so schnell wie möglich los legen", betonte Ströcker noch im Amtsgericht. Sie hob auch hervor, dass bei Einzelvergaben natürlich auch regionale Handwerksbetriebe berücksichtigt würden. "Das Westend wird frei." So lautete der GA-Titel bereits im Jahr 1996. Der damalige Chef des in dem Gebäude beheimateten Materialamtes des Herres verkündete den Auszug seines Amtes noch für den Herbst des selben Jahres.

Da auch für die Stadt enorm wichtig war, dass das markante Gebäude an der Hauptstraße mit dem herrlichen Ballsaal im rückwärtigen Teil nicht als Bauruine vergammelt, verhandelte Hans-Ulrich Tappe, heute Bürgermeister, damals Erster Beigeordneter, frühzeitig mit dem Bundesvermögensamt über den Erwerb des Grundstückes plus Gebäude, wollte Investoren an einen Tisch holen.

Fachleute sagten damals schon voraus, dass der alte Teil abrissreif sei, der neuere mindestens entkernt werden müsse. Zum Gesamtkomplex von rund 10 000 Quadratmetern gehören Parkplatzflächen, Haus I mit seinem 50 Meter langen Bau sowie Haus II (Kommandozentrale) und III. Und darin liegt all die Jahre die Crux: Wer will dort ein Hotel oder Ähnliches realisieren, solange das MatAmt mit Kommandostab in den beiden hinteren Häusern logiert und sich militärisch mit Schranke und Wachpersonal absichert?

Es geht weiter in der wechselvollen Geschichte des einstigen Prachthotels, das von Carl Schröder von 1897 bis 1910 in vier Abschnitten erbaut wurde. 1999 schrieb der GA: "Drei-Sterne-Hotel soll ins Westend kommen. Investor Hochtief hat die Baupläne für den Komplex an der Hauptstraße fix und fertig in der Schublade. Rudolf Scharping gibt grünes Licht für das Kompensationsgeschäft."

Doch ein weiterer Stolperstein lag auf dem langen Weg: Eine Entscheidung über Angebote von Investoren sollte erst nach dem voraussichtlichen Ablauf der Ausschreibungsfrist - im neuen Jahrtausend, genau gesagt 2001, fallen. "Westend-Verkauf ist geplatzt", lautete dann die Überschrift 2001, weil kein adäquates Angebot bei der Ausschreibung des Bundesvermögensamtes Koblenz einging. Den markanten letzten Wegstein setzte dann Ende 2001 Dieter Schaefer aus Heimersheim.

Er stellte der Öffentlichkeit als Bevollmächtigter der Bau- und Beteiligungs-Competenz-GmbH (BBCG), die das Grundstück erworben hatte, ein 14-Millionen-Mark-Projekt mit Hotel nebst Erlebnisgastronomie, Penthäusern sowie dem Saal im Jugendstil als Versammlungssaal für die Kurstädter vor.

Damals zeigte er sich zuversichtlich, dass das Logistikwesen kleiner werde, sprich die hinteren Gebäude auch frei würden. Investiert hat bis am Mittwoch niemand, doch in einem Punkt hat Schaefer Recht behalten: Der Bereich Disposition Heer des Logistikzentrums soll ab nächstem Jahr bis 2010 nach Wilhelmshaven ziehen.

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