Wilder Wein soll die "Panzersperre" verschönern

Ungeliebtes Kunstobjekt am Kaiser-Wilhelm-Platz in Siegburg sorgt erneut für Diskussionsstoff

Wilder Wein soll die "Panzersperre" verschönern
Foto: Vogel

Rhein-Sieg-Kreis. Die "Panzersperre" - wie der Volksmund sie nennt - vor der Siegburger Kreisverwaltung schafft es immer wieder in die Schlagzeilen. Jetzt, weil Landrat Frithjof Kühn dem in die Jahre gekommenen Kunstobjekt am Eingang der Kreisstadt eine naturnahe Schönheitskur verordnet hat.

Er ließ vor wenigen Tagen rundum am Fuße des Tetraeders Wilden Wein anpflanzen und Rankhilfen anbringen. Es sei der "Versuch, einer sehr teuren Restaurierung vorzubeugen", heißt es aus der Kreisverwaltung, wo das Thema keine große Popularität besitzt. Das Kunstwerk hat im Laufe der Zeit Patina angesetzt und Risse bekommen.

Eine Sanierung wird auf "mindestens 35 000 Euro" geschätzt. Und die habe der Kreis nicht. Seit es ihn gibt, ist der Tetraeder (Griechisch: Vierflächler) vor dem Kreishaus ein Zankapfel mit teils politischer Dimension.

Denn nicht jeder ist von der Ästhetik der Betonskulptur überzeugt. Machte er nach seiner Fertigstellung am Freitag, 9. Juli 1982, insbesondere nachts eine gute Figur, als er noch kunstvoll illuminiert wurde, verblasste der Glanz der Anfangstage zusehends.

Am Werk des Hennefer Bildhauers Leo Müllenholz, der das Sinnbild des Kreises mit seinen 19 Teilen - den Städten und Gemeinden - als so genannte "Kunst am Bau" geschaffen hatte, nagte der Zahn der Zeit. Beleuchtet wird sie schon lange nicht mehr. Bereits 1992 - zehn Jahre nach der Einweihung - diskutierte der Kreiskulturausschuss über die eigentlich angeratene Sanierung.

Damals bezifferte das Hochbauamt die Kosten auf 75 000 Euro. Die Grünen votierten damals dafür, die Skulptur zu belassen, wie sie ist. Die Patina trüge "zur Erkennbarkeit der Brisanz der ökologischen Situation bei, der nicht nur Menschen, Tier und Pflanze ausgesetzt sind, sondern eben auch Beton".

Die Sozialdemokraten wollten "zum Schutze des Bürgers" einen Zaun ziehen und ein Schild "Betreten verboten" aufstellen lassen. Nichts geschah. Weitere zehn Jahre später kam das Thema im Frühling 2002 erneut auf die Tagesordnung.

Da hatte die Kreisverwaltung analysiert, dass eine Sanierung von Beton und Eisen notwendig sei. Die Kostenschätzung belief sich auf eine Summe zwischen 30 000 und 40 000 Euro, was zunächst als unbezahlbar galt. Im Herbst desselben Jahres hatte Kulturamtschef Norbert Keusen eine Finanzierungsmöglichkeit aus Etatresten gefunden.

Die Kulturpolitiker beauftragten die Verwaltung Gespräche mit möglichen Sponsoren - etwa der Kreissparkasse - zu führen und das Einverständnis des Künstlers einzuholen. "Dann sehen wir einer gedeihlichen Betonsanierung entgegen", meinte CDU-Mann Michael Solf damals.

Aber: Fünf Jahre lang tat sich nichts, und Bildhauer Müllenholz meinte: "Es ist schon schade, dass ein Werk an dieser prominenten Stelle so vernachlässigt wird. Ich habe rund 40 Objekte in ganz Nordrhein-Westfalen stehen, aber so etwas ist noch an keiner Stelle passiert."

Inzwischen ist der Mann 85 Jahre alt und er muss laut Urheberrecht gefragt werden, wenn wesentliche Veränderungen an seiner "Kunst am Bau" vorgenommen werden. Diese rechtliche Dimension trägt wohl auch zum hohen Sockel der kalkulierten Sanierungskosten bei. Um die zu umgehen, hat die Kreisverwaltung nun zur Naturästhetik gegriffen.

"Wir haben Wilden Wein und kein Efeu genommen, damit das Kunstwerk zwar ansehnlicher aber nicht noch weiter zerstört wird", so Marianne Wittek von der Kreispressestelle. Einen Kontakt zum Künstler habe es nicht gegeben, weil man davon ausgegangen sei, dass der Tetraeder nicht in Mitleidenschaft gezogen werde.

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