Widerstand gegen das Regime blieb die Ausnahme

Bonner besuchten auf Einladung der SPD Orte der NS-Vergangenheit - Widerstand von Unidozent Walter Markov - Gastwirt Niels Petersen weigerte sich, Hakenkreuzfahnen aufzuhängen

Bonn. Die Spuren nationalsozialistischer Vergangenheit in Bonn sind ausgelöscht. Aufzuspüren sind sie allenfalls indirekt, zum Beispiel anhand des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Kaiserplatz oder am Mahnmal der alten Synagoge am Rhein.

Die SPD hatte für Mittwochabend im Rahmen ihrer fünften "Bonn Tage" Bürger dazu eingeladen, sich mit Elmar Keul vom Verein Statt-Reisen auf den "Pfad von Demokratie und Widerstand" zu machen. Die "alternative Stadtbesichtigung", wie Keul, Student der Geschichte, sie nannte, begann am Kaiserplatz.

Welche Schwierigkeiten Bonn auch lange nach dem Krieg mit der NS-Vergangenheit hatte, verdeutlichte Keul mit der Gestaltung des Mahnmals und der Standortsuche: "Lange Zeit stand der Gedenkstein unauffällig im Stadtgarten, bis er dann 1996 auf den Kaiserplatz kam." Ursprünglich erinnerte der schlanke Stein an "600 Bonner Bürger, die Opfer des Nationalsozialismus wurden". Erst mit der Neuaufstellung kam eine Gedenktafel auf der Rückseite hinzu, die von tausenden Opfern spricht.

Dass Widerstand auch in Bonn eher die Ausnahme war, machte Elmar Keul unter anderem am Beispiel der Universität deutlich, der zweiten von insgesamt zwölf Stationen des historischen Spaziergangs: "Es gab eine Gruppe um den Dozenten Walter Markov, die mit dem Druck von Flugblättern ausländische Touristen über die tatsächlichen Zustände seit 1933 aufklären wollte."

Markov konnte nicht lange Widerstand leisten. Er wurde wegen Hochverrats zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Immerhin konnte er erreichen, dass die anderen Mitglieder der Gruppe nicht angeklagt wurden.

Auf dem Marktplatz zeigte Elmar Keul den Teilnehmern Fotos der Sternstraße aus den dreißiger Jahren: "Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter", hieß es damals auf Straßentransparenten. Die antijüdische Hetze bekamen auch Geschäftsleute zu spüren, die sich von der jüdischen Religion abgewandt hatten: "Die Familie Schafgans, die in der Rathausgasse heute wieder ein Fotoatelier hat, musste untertauchen, weil Frau Schafgans eine “getaufte„ Jüdin, den Rassegesetzen nach also weiterhin nicht arisch war."

Mit Beispielen des Friseurs Hans Höfs, der den KPD-Stadtverordneten Otto Renois versteckte, oder des KDP-Sympathisanten Niels Petersen, der sich weigerte, seine Kneipe mit Hakenkreuzfahnen zu schmücken, zeigte Keul, dass der Widerstand in Bonn eher die Sache einzelner war.

Der nächste "Statt-Reisen"-Rundgang zum Thema NS-Zeit in Bonn startet am 19. Oktober um 14 Uhr am Mahnmal am Kaiserplatz.

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