Wecker mit Eigenleben

Glosse von Marcel Wolber

Nichts geht heute mehr ohne moderne Technik. Nehmen wir als Beispiel das Auto. Bordcomputer und Tempomat gehören mittlerweile zur Grundausstattung, sogar selbstständig einparken sollen manche Fahrzeuge mittlerweile können.

Was müssen das früher für (schöne) Zeiten gewesen sein. Mein Vater erzählt noch davon, wie regelmäßig samstags am Auto herum geschraubt wurde und Pannen selbst behoben werden konnten. Wenn heute die Elektronik streikt, geht gar nichts mehr - außer dem Fahrer.

Auch in anderen Bereichen ist ein Leben ohne Technik kaum noch denkbar. PC und Handy - alle vollgestopft mit modernstem Schnickschnack - gehören doch zur Alltagsausrüstung. Da mag ich meinen - eher banalen - Funk-Radiowecker eigentlich gar nicht einreihen. Schließlich kann er mich weder orten, noch mich überall ins Internet bringen.

Dafür hat er seit Neuestem ein Eigenleben - sehr zu meinem Leidwesen. Den Zeitpunkt seiner Persönlichkeitsentfaltung kann ich dabei ganz genau bestimmen: Seit ich ihn im Urlaub vom Strom getrennt habe. Diese Abschottung von der Außenwelt scheint er mir übel genommen zu haben. "Let me entertain you" ("Lass mich Dich unterhalten") schallte es zu mitternächtlicher Stunde aus dem Radio. Dabei hatte ich den Alarm definitiv nicht eingeschaltet.

Nach zwei weiteren Weckrufen zur Geisterstunde wurde es mir zu bunt: Ich habe die Weckzeit von 0 Uhr, wo sie nach dem "Stromausfall" stand, auf 7.10 Uhr gestellt - wohl gemerkt, die Weckfunktion weiter ausgeschaltet. Nun muss man wissen, dass ich gegen 7 Uhr meistens wach bin. Und so blieb der Wecker in den nächsten Tagen stumm.

Nur just in einem dieser Momente, wo ich noch einmal eingeschlafen war, musste er natürlich anspringen. Deshalb steht für mich fest: Wenn mich der Wecker beim nächsten Mal ungewollt aus dem Tiefschlaf reißt, kommt er zum Elektroschrott.

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