GA-Serie "Rheinische Redensarten" Wat bess do am simmeliere?

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir bedeutungstiefe Redewendungen.

Was denkst Du so angestrengt nach?

Was denkst Du so angestrengt nach?

Foto: GA-Grafik

Der Rheinländer trägt die ganze Welt in sich. Deshalb kann er sehr ambivalent sein. Wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, dann kann er sich kurz und knapp fassen. Er kann aber ganz weit ausholen und sein Thema paraphrasieren. Er ist quasi ein Gegenentwurf zum Sprachphilosphen Ludwig Wittgenstein, der einst knapp postulierte: Alles was sich sagen lässt, lässt sich klar sagen!

Und weil er die ganze Kompliziertheit unseres Daseins in sich vereint, muss er sich manchmal sehr lange, ausgiebig und intensiv mit einer Sache auseinander setzen. Bevor sich der hiesige Eingeborene oder Nativspeaker seiner Lieblingsbeschäftigung – dem Reden – widmen kann, muss er erst einmal nachdenken. Und zwar lang, breit und tief. Hier kommt unsere rheinische Redensart zum Einsatz: „Wat bess do am simmeliere?“ Auf Hochdeutsch würde das in etwa heißen: „Worüber denkst Du nach?“

Dabei ist zu beachten, dass „denken“ nicht einfach das handelsübliche „nachdenken“ bezeichnet, sondern vielmehr „grübeln“, „brüten“, „intensivst und geradezu versunken überlegen“. Das inhaltlich und von der Form her ähnlichste Wort im Hochdeutschen ist wohl sinnieren. Man möchte es kaum glauben, aber der Begriff „simmelieren“ wird keineswegs exklusiv zwischen Düsseldorf und Koblenz benutzt. Auch der Kohlenpott und die Hessen kennen und lieben das Wort, wenn auch mit leicht abgewandelter Schreib- und Sprechweise.

Es ist ein bisschen verwandt mit dem „simulieren“, das wiederum ganz ursprünglich vom lateinischen „similis“ abstammt, das so viel heißt wie „ähnlich“. Ich muss zugeben, das klingt alles ziemlich kompliziert und nicht gerade stringend. Man muss schon ein bisschen drüber simmelieren.

Einige Volksmünder behaupten übrigens, dass sich der Begriff vom Schriftsteller Johannes Mario Simmel herleitet, der bekanntlich dicker Schmöker geschrieben hat und sich ausführlich mit seinen Themen beschäftigt hat. Unabhängig davon kann man sich einen simmelierenden Menschen ganz gut vorstellen, der sein Kissen ins Fenster gelegt hat, das Geschehen auf der Straße beobachtet und über die Welt am simmelieren is.

Haben auch Sie einen rheinischen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns unter rheinisch@ga.de. Die „Rheinischen Redensarten“ aus der wöchentlichen Kolumnenserie des General-Anzeigers sind als Buch erschienen und im Handel zu haben.

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