Bilanz des Unwettereinsatzes am 4. Juni in Wachtberg „An einigen Stellen müssen wir nachjustieren“

WACHTBERG · Ausgegeben wurden etwa 400 Portionen Gulasch, 400 Bockwürstchen, 360 Portionen Nudeln mit Bolognese und weiter über 600 Lunchpakte. Zudem 1600 Liter an warmen und kalten Getränken. Der Unwettereinsatz am 4. Juni in Wachtberg war für die Hilfsorganisationen Malteser und DRK eine Herausforderung. Hier die Bilanz.

 Koordinierten den Rettungdienst beim Unwetter am 4. Juni in Wachtberg: Ulf Krüger von den Maltesern (r.) und Jens Koelzer vom DRK.

Koordinierten den Rettungdienst beim Unwetter am 4. Juni in Wachtberg: Ulf Krüger von den Maltesern (r.) und Jens Koelzer vom DRK.

Foto: Axel Vogel

Was genau die Herausforderungen waren, wollte Axel Vogel von Ulf Krüger vom Malteser Hilfsdienst Rhein-Sieg und Jens Koelzer von der Fachdienststelle Betreuungsdienst des DRK Kreisverbandes Rhein-Sieg wissen. Beide hatten an dem Unwettertag die Kräfte des Betreuungsdienstes koordiniert und waren auch in Wachtberg im Einsatz gewesen.

Herr Krüger, Herr Koelzer, haben Sie schon einmal einen solchen Unwettereinsatz in der Region erlebt wie den am 4. Juni?

Krüger: Ich noch nicht. Das waren schon ganz ungewöhnliche Herausforderungen. Das fing bereits damit an, dass ich nach der Alarmierung von Meckenheim aus Schwierigkeiten hatte, die besonders schwer getroffenen Ortschaften Villip und Pech und die Einsatzleitung in Berkum zu erreichen. Die Straßen in Arzdorf war ja komplett überflutet. Hinzu kam: Für die Hilfsorganisationen war das Unwetter eine Doppelbelastung, weil etwa das DRK zeitgleich bei Rock am Ring im Einsatz war und die Malteser mit 50 Leuten eine Wallfahrt nach Kevelaer begleitet hatten.

Koelzer: Auch für mich war der Unwettereinsatz am 4. Juni in Wachtberg außergewöhnlich, etwa weil die Einsatzorte verteilt über die ganze Kommune lagen. Daher gab es hier viel zu koordinieren. Aber so ganz ohne Erfahrung sind wir in den Einsatz ja nicht hineingegangen: Beispielsweise bin ich im Jahr 2010 mit einem ähnlich zerstörerischen Unwetterereignis in meiner Heimatkommune Bad Honnef konfrontiert worden: einer Windhose, die viel Schaden angerichtete hatte. Weil dabei viele Helfer im Einsatz waren, mussten wir rund 1800 Portionen Essen an die Kräfte vor Ort ausgegeben.

Stichwort Essen: Bei solchen Unwettereinsätzen geht es für die Hilfsorganisationen daher weniger um das Retten als um das Versorgen?

Krüger: In der Regel ist das so, aber das weiß man vorher eben nie genau. Anders formuliert: Man muss auch da immer für den Notfall gerüstet sein. So galt es beispielsweise, am 4. Juni auch bei der Verlegung von zwölf Flüchtlingen aus einer Unterkunft in einer ehemaligen Gärtnerei in Pech in das benachbarte Hotel Wiesenau zu helfen. Man würde jetzt bei einem Unwettereinsatz aber nicht vorrangig an die Wichtigkeit einer Versorgungskomponente denken.

Koelzer: Ja, genau das wird oft unterschätzt, ist aber sehr wichtig, damit so ein Einsatz funktioniert. Sie müssen berücksichtigen, dass an dem Unwettertag am 4. Juni die Feuerwehrleute seit dem frühen Nachmittag bis weit nach Mitternacht im Einsatz waren. Die meisten davon waren Ehrenamtliche, die also völlig unvorbereitet in ihrer Freizeit alarmiert worden waren. Die Arbeiten, die folgten, wie etwa das Auspumpen von Kellern, waren oft schwer, sodass sich für die Betreuungsdiensteinheiten der Hilfsorganisationen klar abzeichnete: Die Wehrleute würden bald Hunger bekommen und müssten versorgt werden, um leistungsfähig zu bleiben. Erfreulicherweise konnten wir bereits eine Stunde nach der Alarmierung die ersten Würstchen verteilen.

Krüger: Hinzu kommt: Es galt, auch jene Menschen zu betreuen und zu versorgen, die wegen des Hochwassers nicht in ihre Wohnung konnten beziehungsweise keine Möglichkeiten hatten, sich Essen zu machen, weil etwa der Strom nicht funktionierte, oder sie selbst mit Aufräumarbeiten beschäftigt waren.

Wie viele Kräfte hatten Sie insgesamt im Einsatz und was wurde konkret an Essen und Verpflegung ausgegeben?

Krüger: DRK und Malteser hatten zusammen rund 50 Retter zusammengezogen, hinzu kamen noch Kräfte des DLRG, die auf insgesamt sechs Einsatzabschnitte in Wachtberg verteilt waren.

Koelzer: Ausgegeben wurde beispielsweise etwa 400 Portionen Gulasch, 400 Bockwürstchen, 360 Portionen Nudeln mit Bolognese und weiter über 600 Lunchpakte. Zudem 1600 Liter an warmen und kalten Getränken.

Wenn mehr Menschen in Not geraten wären, und noch mehr Einsatzkräfte hätten betreut werden müssen, wären Sie dafür gerüstet gewesen?

Krüger: Ja, absolut. Der Betreuungsdienst des Rhein-Sieg-Kreises hält an verschiedenen Standorten 2000 Portionen an Warmverpflegung vor sowie in zwei Kühlanhängern Getränke für über 1000 Personen. Rund 500 Feldbetten stehen bereit. Auch was Manpower angeht, sind wir gerüstet. Insgesamt wären kreisweit 400 ehrenamtliche Einsatzkräfte abrufbereit.

Wie fällt Ihre Manöverkritik für den 4. Juni aus? Hat alles funktioniert?

Koelzer: Der Einsatz hat unterm Strich gezeigt, dass wir ganz sicher nicht falsch mit unseren bisherigen Konzepten liegen. Aber natürlich haben wir bei einigen Dingen gesehen, dass wir da nachjustieren müssen. So hat es bei einigen Versorgungseinheiten zu lange gedauert, bis sie über den Rhein nach Wachtberg gekommen sind. Daher werden wir für die Zukunft klären, welche Kräfte vom Betreuungsdienst am schnellsten und besten in welcher Gemeinde unterstützen können.

Krüger: Hinzu kommt noch etwas. Bislang war es für uns nicht vorstellbar, das fast eine komplette Gemeinde überflutet und nur noch schwer erreichbar ist. Da müssen wir nun dazulernen. Und zwar nicht nur bei der Schulung unserer Kräfte, sondern auch bei der Breitenausbildung. Daher werden wir die Öffentlichkeit mehr als bislang für Selbsthilfe sensibilisieren, etwa mit Flyern und Informationsveranstaltungen. Dazu gehören auch Hinweise auf ganz banale Dinge wie die Anschaffung eines Campingkochers für den Notfall.

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