"Ich habe dort meine halbe Jugend verbracht" Wolfgang Niedecken erinnert sich an seine Zeit in Rheinbach

Rheinbach · Im Gespräch mit dem General-Anzeiger erinnert sich BAP-Chef Wolfgang Niedecken an seine Zeit in der Offenen Tür in Rheinbach. Am Samstag und Sonntag feiert die Einrichtung ihr 50-jähriges Bestehen.

War die Offene Tür ein Stück Erlösung aus der Hölle des Internats?

Wolfgang Niedecken: Mit dem, was im Internat in den frühen 60er Jahren an Missbräuchen abgelaufen ist, hatte ich 1968 abgeschlossen. Ich war und bin auch nicht traumatisiert. Ich hatte bereits eine sturmfreie Bude am KAB-Ring und eine Freundin aus Ramershoven: Sie hatte schon Abi, hat mich manchmal mit dem Auto zur Schule gefahren, und ich habe dann gecheckt, ob die was für mich im Angebot hatten. Wenn nicht, bin ich wieder in meine Bude gefahren.

Wie oft waren Sie in der Offenen Tür?

Niedecken: Ich habe dort meine halbe Jugend verbracht. Es war wunderbar. Schon in den Jahren vor der Renovierung dieses Fachwerkhauses gab es im Garten eine Holzbaracke, in der wir geprobt und gespielt haben. Im Garten unter den Pflaumenbäumen habe ich mir meinen ersten Kuss ertanzt. Ich erinnere mich noch an den Song: „Love of my Life“ von den Rattles.

Wie war das Haus eingerichtet?

Niedecken: Wenn ich mich richtig erinnere sogar mit Parkettboden, insgesamt mega-modern im Vergleich zur alten Baracke, die an allen Ecken und Enden verschimmelte. Im Mattenraum hinter dem Saal haben wir „Honky Tonk Woman“ von den Stones geprobt. In der OT stand sogar ein Fernseher. Wir haben uns dort zu bestimmten Sendungen getroffen. Ich kann mich beispielsweise an ein Konzert von Jethro Tull erinnern, das ich in diesem Fernsehraum gesehen habe.

Bestimmt haben Sie dort auch die erste Mondlandung 1969 verfolgt.

Niedecken: Die habe ich leider verpasst. An dem Nachmittag hatte ich mich nämlich mit einem Mädchen in Beuel verabredet. Das war mir wichtiger als die Mondlandung. Man muss ja schließlich Prioritäten setzen.

War die Band zufrieden mit der technischen Ausstattung in der OT?

Niedecken: Wir hatten ja damals schon unsere eigenen Gitarren-Verstärker. Die Gesangsanlage stellte die Heimleitung.

Welche Songs hat „The Troop“ in der Offenen Tür gespielt?

Niedecken: Viele Sachen von den Stones, den Kinks und Bob Dylan. Als der Gitarrist Johnny Brauweiler aus Essig zu uns kam, hat er uns musikalisch auf ein anderes Level gehoben. Da wurde dann Jimi Hendrix gecovert, Cream, John Mayall, Ten Years After usw.

Die Offene Tür hatte auch Tischtennis, einen Kicker und Billard im Angebot. War das was für Sie?

Niedecken: Eher weniger. Ich war keine Sportskanone. Ich habe nur einmal in der Schulfußballmannschaft mitgespielt. Wahrscheinlich, weil die Stammspieler alle krank waren.

Der Rheinbacher Bernd Schumacher wurde Ihr Nachfolger bei „The Troop“, die später in „Tiebreakers“ umbenannt wurde. Diese Band spielt am Samstag, 5. Mai, zum 50-jährigen Bestehen der Offenen Tür. Werden Sie dabei sein?

Niedecken: Leider nicht. Ich bin dann auf Kreta. Bevor die BAP-Tour Ende Mai beginnt, muss ich noch etwas ausspannen.

Ist die Form der Jugendarbeit, wie Sie sie als Jugendlicher in der Offenen Tür in Rheinbach erlebt haben, auf die heutige Generation übertragbar?

Niedecken: Was die Liebenswürdigkeit und das Engagement der Heimleiter betrifft, mit Sicherheit. Aber in den dazwischenliegenden fünf Jahrzehnten hat sich die Welt und mit ihr der Zeitgeist komplett gewandelt. Das sind heute ganz andere Kids mit ganz anderen Sorgen und Vorstellungen.

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