Zeichen des Friedens Syrischer Künstler aus Rheinbach will ins Guinnessbuch der Rekorde

Rheinbach · Der syrische Künstler Rustom Ramadan kreiert Friedenssymbole aus der Schuppe eines Pinienzapfens. Damit will er es ins Guinnessbuch der Rekorde schaffen, indem er so viele Friedens-Halsketten herstellt wie keiner vor ihm.

Millionen Menschen genießen in diesen Tagen die für sie wohl schönsten Wochen des Jahres am und im Mittelmeer. Nicht nach Urlaub, sondern nach einem Leben ohne Krieg, ohne Bomben, ohne Tyrannei und ohne Angst sehnte sich Mohamad Rustom Haj Ramadan, als er irgendwo an der türkischen Küste das satte Azurblau des Mittelmeers erblickte – Griechenland und damit Europa in Blickweite.

Im Werkraum des Live Sankt Martin in Rheinbach zeigt der 46 Jahre alte Künstler aus Syrien Handybilder seiner Atelierräume in Aleppo. Jene digitalen Pixelansammlungen auf dem viel gereisten Smartphone sind so ziemlich das Einzige, was ihm von zu Hause geblieben ist. Viele seiner Papiere und Dokumente sind während einer riskanten Bootsfahrt über das Mittelmeer in den Fluten versunken, ebenso sein Laptop.

In Rheinbach kreiert der studierte Ökonom mit einem Abschluss als Bachelor der Wirtschaftswissenschaften Friedenssymbole von beeindruckender Schlicht- und Klarheit. Mit dem Symbol, dem Segment eines Pinienzapfens, möchte Ramadan ins Guinnessbuch der Rekorde – nicht aus eigener Eitelkeit und der schicken Urkunde wegen, sondern um für den Frieden in Syrien und der Welt zu werben.

Ein künstlerischer Beitrag für den Frieden

So oft es geht, ist der 46-Jährige im Keller des Rheinbacher Treffpunkts vis-à-vis der Sankt-Martin-Kirche anzutreffen. Dort kann er in Ruhe und mit Muße mit verschiedenen Materialien künstlerisch arbeiten – mit Ton, Gips, Holz, Stein, Metallen oder Pinienzapfen. Die kleinen Zapfensegmente versieht der Syrer mit einem gravierten Friedenswunsch und verwandelt sie mithilfe eines schwarzen Bandes in ein Halsband. Wie der Zufall oder das Schicksal es wollte, entdeckte er im Frühjahr in Berlin sein selbst geschaffenes Friedenszeichen am Hals eines jungen Mannes, den er während seiner Flucht von Syrien über den Libanon und den Balkan bis ins Rheinland traf. „Ich hatte es ihm geschenkt und er trug es noch immer“, berichtet Ramadan gerührt.

Nicht erst dieses Treffen bewegte ihn zu einer besonderen Kunstaktion: Er möchte so viel Pinienhalsbänder herstellen, dass er es ins Guinnessbuch der Rekorde schafft. „Ich weiß noch nicht, wie viele es sein müssen: 500 000 Stück vielleicht“, sagt er und lacht, „ich fange schon mal an, zu gravieren“. „Wer das Band trägt, trägt den Frieden in sich“, findet Ramadan. „Ich möchte einen Beitrag leisten, dass die Menschen in Syrien Frieden finden“, bekundet er und fügt rasch hinzu: „Nicht nur in Syrien.“ Längst ist der Syrer Mitglied im Rheinbacher Kunstforum'99 und zeigt in Ausstellungen des emsigen Vereins, was er kann – beispielsweise im März im Rheinbacher Amtsgericht.

Die Kunst ist für Rustom Ramadan ein Ventil. Da viele seiner Papiere im Mittelmeer verschwunden sind, ist es schwierig für den Syrer mit Uni-Abschluss, in Deutschland eine Arbeit zu finden. „Und in Syrien kann er nicht nachfragen, ob ihm die Dokumente ein zweites Mal ausgestellt werden“, sagt Monika Bois.

Flüchtlinge haben Schwierigkeiten bei der Jobsuche

Die engagierte Flüchtlingshelferin aus Hilberath kümmert sich um den Künstler mit dem großen Herzen, seit er vor zweieinhalb Jahren nach Rheinbach kam. Eine Arbeit zu finden, sei für viele Flüchtlinge mit der wichtigste Schritt ins neue Leben. Sie sei Lebensgrundlage, ein Stück Selbstwert und wegen des Kontakts zu anderen Menschen der Schlüssel zur Integration. „Aber die Jobsuche ist für die Flüchtlinge schwer – trotz der guten Wirtschaftslage in unserem Land“, weiß Bois aus Erfahrung. Der Rheinbacher Flüchtlingshelferkreis hat darum das Suchen und Finden von Beschäftigung für Flüchtlinge zu einer Kernaufgabe seines ehrenamtlichen Engagements erklärt.

Ramadan erläutert das Gefühl, das viele Asylsuchende beschleicht: „Ich bin wie eine Blume, die stirbt“, berichtet er. Die Flüchtlinge wollten sich beschäftigten, arbeiten, dem Land, das ihnen Gastrecht gewährt, etwas zurückgeben.

So gibt der Syrer, der längst ein „Rheinbacher Künstler“ geworden ist, ehrenamtlich Kunst-Ferienkurse für Kinder. Außerdem geleitet er Mädchen und Jungen an unterschiedlichen Tagen der Woche im Live Sankt Martin, im Kinderheim Dr. Dawo oder im Glasmuseum in die Welt der Kunst.

Ausstellungen in Syrien

Er selbst hat sich bereits während seines Studiums intensiv mit Arbeiten und Techniken von Leonardo da Vinci, Raphael, Michelangelo, aber auch Max Ernst beschäftigt.

Ramadan stellte vor dem Bürgerkrieg in Aleppo, Damaskus, Homs, in der libanesischen Hauptstadt Beirut und in Assiut (Ägypten) aus. Auf seinem Smartphone zeigt er Bilder von syrischen Prominenten, die zu seinen Schauen gekommen sind – Filmstars, Künstler und andere.

Als künstlerischen Akzent, gleichzeitig eine Reminiszenz an Rheinbach, beabsichtigt Rustom Ramadan, seine Pinienkette auch in einer Variante aus Glas zu erstellen. „Das sieht schön aus“, sagt er, vor Ideen nur so sprühend.

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