Rheinbach anno dazumal Stadtrundgang beleuchtet Rheinbacher Historie

Rheinbach · Als die Maut noch „Chausseegeld“ hieß: Ein Stadtrundgang in preußischer Polizeiuniform beleuchtet 116 Jahre währende Historie des Kreises Rheinbach.

 1892 ist das Rheinbacher Kreishaus, im Stil der Neorenaissance errichtet, fertig. Heute arbeitet in dem mehrfach angebauten Gebäude an der Schweigelstraße die Rheinbacher Stadtverwaltung.

1892 ist das Rheinbacher Kreishaus, im Stil der Neorenaissance errichtet, fertig. Heute arbeitet in dem mehrfach angebauten Gebäude an der Schweigelstraße die Rheinbacher Stadtverwaltung.

Foto: Stadtarchiv Rheinbach

Hitzig versprechen die Debatte zu werden, wenn es im Bundestag und Bundesrat um das Reizthema Maut geht. Wer in die Geschichte des Kreises Rheinbach schaut, mag schlussfolgern, dass die aktuelle Ablehnung vieler Bundesländer womöglich schlicht auf den wenig lautmalerischen Namen dieser Abgabe für Straßennutzer zurückzuführen ist: Im anno 1816 gegründeten Kreis Rheinbach war für die Nutzung der damaligen „Bezirksstraßen“ nämlich das sogenannte Chausseegeld fällig, wie Dietmar Pertz, Leiter des Stadtarchivs der Stadt Rheinbach, jetzt in einem Vortrag zur Geschichte des Kreises Rheinbach berichtet. Am Samstag, 29. April, laden die Freunde des Archivs der Stadt Rheinbach zu einer Spurensuche über die 116 Jahre ein, in der Rheinbach eine Kreisstadt war.

Nach dem Abzug der französischen Truppen und der Eingliederung des Rheinlandes ins Königreich Preußen vor 200 Jahren beginnt am 20. April 1816 für die Rheinbacher Bürger eine neue Zeit: Der Kreis mit der heutigen Glasstadt als Namensgeberin umfasst die fünf Bürgermeistereien Adendorf, Kuchenheim, Münstereifel, Ollheim und Rheinbach. Zuvor sind Rheinbach und das umliegende Rhein-Mosel-Departement 19 Jahre, drei Monate und zwei Tage lang unter französischer Herrschaft.

Josef Jordans erster Rheinbacher Landrat

Joseph Jordans heißt der erste Rheinbacher Landrat. Nicht die Menschen im Kreis machen den in Neuss geborenen Staatsdiener zum Behördenchef, sondern der preußische König Friedrich höchstselbst. Jordans residiert, wie Dietmar Pertz berichtet, schon vor seiner Amtsübernahme in Schloss Morenhoven.

Das staatliche Anwesen ersteht er von der Familie Schall von Bell bereits im Jahr 1803. Von 1805 bis 1817 ist Jordans bereits Maire (französisch für Bürgermeister) beziehungsweise später tatsächlich Bürgermeister von Ollheim. Kurios mutet aus heutiger Sicht an, dass der Landrat nach dem Willen des von Gottes Gnaden ernannten Preußenkönigs aus der „Mitte der ortsansässigen Rittergutsbesitzer“ zu stammen hat.

Unter der Ägide von Jordans Nachfolger Karl von Imhoff tritt 1827 die erste Kreisordnung in Kraft. Sie sieht die Einführung eines neuen Kreisorgans vor: den Kreistag. Der hat die Aufgabe, „die Kreisverwaltung des Landrats in Kommunalangelegenheiten zu begleiten und unterstützen“, wie Pertz sagt.

Außerdem sollte der Kreistag bei der Umsetzung von Staatsaufgaben behilflich sein. Darüber hinaus bekommt er ein Mitwirkungsrecht bei der Auswahl des Landrats, indem er drei Kandidaten vorschlagen darf. Der Kreistag setzt sich zusammen aus allen Rittergutsbesitzern sowie je einem Vertreter für die Städte und Gemeinden.

Erstmals kommt der Rheinbacher Kreistag am 23. Juni 1828 zusammen. Sitz des Kreises ist etwa 70 Jahre lang das bereits im 16. Jahrhundert nachgewiesene Bürgerhaus an der heutigen Hauptstraße. Im Erdgeschoss des Gebäudes war das Bürgermeisteramt untergebracht, die Kreisverwaltung in zunächst nur zwei Räumen in der zweiten Etage.

Landratsamt an der Schweigelstraße

Zum Amtsantritt von Landrat Rudolf von Grotte 1888 erklimmt die Frage die Agenda, wo der Behördenchef wohnen soll. Das Bürgerhaus, so Pertz, soll dessen Ansprüchen nicht genügt haben. Auf einem Grundstück zwischen Bahnhof und Stadtkern entsteht an der heutigen Schweigelstraße der Bau im Stil der Neorenaissance.

Heute ist dort – zwischenzeitlich erweitert – die Stadtverwaltung untergebracht. „Mit dem 1903 erbauten Amtsgericht auf der gegenüberliegenden Straßenseite bildete das Landratsamt ein beeindruckendes Ensemble, das die Präsenz des preußischen Staates auch visuell deutlich machte“, findet der Stadtarchivar.

Was vom Kreis Rheinbach bleibt, sind wichtige Weichenstellungen wie die Einrichtung einer Kreissparkasse, die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Flächen oder der Straßenausbau. Für den Bau und die Unterhaltung neuer Straßen müssen deren Nutzer das „Chausseegeld“ entrichten.

Zum krönenden Schlusspunkt der Preußen-Themenreihe der Archivfreunde gibt's am Samstag, 29. April, den Stadtrundgang mit Archivfreund Peter Baus. Die Spurensuche „Zur Geschichte Rheinbachs in der Preußenzeit“ werde Baus auf launige und unterhaltsame Weise beleuchten, heißt es von den Archivfreunden.

Dafür schlüpft er in die Uniform eines preußischen Polizeisergeanten. Los geht's um 15 Uhr am Rathaus, Schweigelstraße 23.

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