Sitzung der Rheinbacher Landstürmer Spitzen gegen Petry und Trump

Rheinbach · Die Rheinbacher Landstürmer spotten bei ihrer Sitzung in der Stadthalle über Populisten und Postengeschacher. Und das mit reichlich Lokalkolorit.

 Einblicke in das Pöstchenschacherer der Rheinbacher CDU: Neuwahl des Silberrückens der Christlichen Dschungel Union.

Einblicke in das Pöstchenschacherer der Rheinbacher CDU: Neuwahl des Silberrückens der Christlichen Dschungel Union.

Foto: Axel Vogel

Inflationär sind Beschreibungen wie „großartig“ und „noch nie da gewesen“ derzeit im sprachlichen Umlauf. Insbesondere im Washingtoner Weißen Haus fallen diese Worte fast schneller, als US-Präsident Donald Trump eigenhändig immer neue Twitter-Nachrichten mit alternativen Fakten veröffentlicht. Bekanntermaßen seit fast fünf Jahrzehnten großartig ist, was der Rheinbacher Landsturm, die bissig kommentierende und köstlich persiflierende Unterhaltungsabteilung des Stadtsoldatencorps, alljährlich zur Landsturmsitzung auf die Beine stellt.

Eine dreimal – mit je 500 Jecken – ausverkaufte Stadthalle melden die stürmischen Jecken auch anno 2017 für diese, mit reichlich Lokalkolorit gezeichnete Rheinbacher Variante der Kölner Stunksitzung. Und es dauert nicht lange, bis der neue Mann im Weißen Haus sein Fett wegbekommt. Selbst FC-Maskottchen Hennes hat seinen Stall im Kölner Zoo verlassen, um das zu machen, wovon die Spieler mit dem Geißbock auf der Brust allenfalls noch träumen: International auf Reisen gehen.

An die „Copa Kabänes“ von Rio de Janeiro verschlägt es die Landstürmer in diesem Jahr. Gut, dass der Hexenturm und der Wasemer Turm via Bühnenbild ebenso im Schatten des Zuckerhuts zu finden sind, wie der am Strand zwischen Stringtanga-Schönheiten badende FC-Vereinsvierbeiner. Und nach gerade mal zwei Liedern zum Warmmachen taucht ein Mann mit kurioser Frisur am Strand auf. „Ich werde von Frauen nur Trumpel genannt“, singt er auf die Melodie des Paveier-Hits „Es war der weißeste Mann am Strand“.

Als sich der amerikanische Strandgänger für seine „große Schnauze“ selbst lobt und ankündigt, eine Mauer um die ganze Welt zu bauen, hält es die monumentale Christus-Figur nicht mehr auf dem Berg Corcovado aus. Er steigt vom Sockel, zu Füßen des begeistert klatschenden Publikums. Anstrengend sei es ohnehin, ein Leben lang mit weit geöffneten Armen für die Touristen zu posieren. „Isch stonn he, wie Angela Merkel bei der Grenzöffnung“, spottet Christus.

Apropos: Als Rheinbacher spreche er sich ohnehin dafür aus, eine Obergrenze für Meckenheimer einzuführen. Die Nachbarkommune nennt der spöttelnde Jesus die „betonierte Hölle auf Erden“. Doch damit nicht genug: Einmal in Rage zieht er auch über die Meckenheimer Altstadtsanierung her. „In 100 Jahren ist das alles Altstadt. Dann ist das auch schön“, meint er. Und: Dass der Bau einer Bahnunterführung, wie in der Stadt östlich von Rheinbach geschehen, vier Jahre dauert, sei ja schon schlimm. „Aber, dass überhaupt ein Zug dort hält, das ist die Hölle.“

Blick in den "Affenstall"

Unbestrittenes Glanzlicht der Landsturmsitzung ist der Blick durchs Schlüsselloch beim Treffen der Rheinbacher CDU-Spitzen – wobei die Abkürzung in diesem Fall für „Christliche Dschungel Union“ steht. Chef im „Affenstall“ ist Fraktionschef Bernd Beißel. Elegant filettieren die Landstürmer das Postengeschacher innerhalb der Mehrheitsfraktion und der Partei im vergangenen Jahr, als es um die Suche nach einem Landtagskandidaten und einen möglichen Nachfolger für Beißel an der Spitze der Fraktion ging. Wobei Letzterer gar keine Veranlassung sah, sein Amt aufzugeben (der GA berichtete).

„Wir sind alles Marionetten“, ruft der Affe aus, der Vizelandrätin Silke Josten-Schneider darstellen soll. „Eine Marionette ist nur so gut wie der, der die Fäden zieht“, kontert Affenkönig Beißel. Mitten hinein in den Tagesordnungspunkt „Bestätigung des Fraktionsvorsitzenden auf Lebenszeit“ platzt der Kellner. Als der wissen will, wer eine Frikadelle bestellen will, gehen alle Arme nach oben. „Ich nehme die Wahl an“, sagt Affenkönig Beißel schnell.

Ungeniert enthüllen die Landstürmer, dass Zika-Mücken bevorzugt Meckenheimer stechen, weil die „so toll nach Cox Orange und Rübenkraut schmecken“ oder Frauke Petry nicht nach Morenhoven ziehen würde. Denn: Im Gegensatz zu längst vergangenen Begriffen wie „völkisch“ sei der Ausspruch des Wortes Morenhoven problematisch, so Petry während einer Kochshow mit Johann Lafer. Der schnauzbärtige Küchenchef schlägt vor, Morenhoven in Pigmenthausen umzubenennen.

Wie bei der Kölner Stunksitzung singen und tanzen die Rheinbacher Landstürmer in so gut wie jeder Nummer. Vier Stunden lang ist die Stadthalle erfüllt von kölscher Musik mit selbstverfassten Landsturmtexten – eine Mammutarbeit für die Macher, die aus Zeitungsschlagzeilen, alltäglicher Rheinbacher Geschichte und mit pointierter Beobachtungsgabe grandiose Satiren und Überzeichnungen zaubern.

Und sollte mal das Funkmikro ins Funkloch fallen, beweisen die „Söhne Rheinbachs“, wie sie auch genannt werden, ein brüllend komisches Talent zur lockeren Improvisation. Wenn im örtlichen Friseursalon „Siggi's Haarscharf“ die Rasierschaumdose schon während der Premierensitzung am Freitagabend ihren Dienst verweigert, offenbar, weil sie schon leer ist, verabreden die Landstürmer kurzerhand, für die Samstagssitzung zwei Dosen mitzubringen.

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