Literatur in Rheinbach Literaturnetzwerk „Rheinbuch“ gegründet

Rheinbach · Die Vielfalt an Literatur in Bonn und seinen umliegenden Ballungsräumen ist ungeheuer groß. Damit sich Autoren, Buchhändler, Verlage, Bibliotheken und Lesekreise austauschen oder Lesungen geplant werden können, ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, haben Renate Harder und Christoph Ahrweiler in Rheinbach das Literaturnetzwerk „Rheinbuch“ gegründet.

 Winrich C. Clasen, Dr. Almuth Voß, Judith Merchant und Christoph Ahrweiler

Winrich C. Clasen, Dr. Almuth Voß, Judith Merchant und Christoph Ahrweiler

Foto: Mario Quadt

Rund 90 000 Buchtitel erscheinen alljährlich in Deutschland als Neu- oder als Erstausgabe. Wer ein Buch auf den Markt bringt, muss sich Gehör verschaffen, um im Konzert der Literaten gehört zu werden. Um im Dickicht die Orientierung nicht zu verlieren, haben Renate Harder und Christoph Ahrweiler in Rheinbach das Literaturnetzwerk „Rheinbuch“ gegründet.

Wie der Name impliziert, soll sich das Netz über Stadt-, Kreis- und Landesgrenzen hinaus spannen. „Wir wollen Autoren, Buchhändlern, Verlagen, Bibliotheken und Lesekreisen einen gegenseitigen Austausch ermöglichen“, berichtet Ahrweiler, Inhaber der Rheinbacher Buchhandlung Kayser. Denn es wäre töricht, wenn sich die Liebhaber des gedruckten Wortes mit ihren vielen Veranstaltungen gegenseitig Konkurrenz machten, anstatt eines klar zu unterstreichen: Die Vielfalt an Literatur in einer Fast-Großstadt wie Bonn und seinen umliegenden Ballungsräumen ist ungeheuer groß.

„Die Region hat eine Menge zu bieten“

Mit „Rheinbuch“ ist ein Literaturnetzwerk im Rheinland entstanden, welches geografisch eine Bandbreite umspannt, die von Köln über den Kreis Euskirchen, den Rhein-Sieg-Kreis und Bonn bis in die Kreise Ahrweiler und Neuwied reicht, so Ahrweiler. Insbesondere Buchhändler und andere Organisatoren von Lesungen haben sich seit der Gründung von „Rheinbuch“ vor eineinhalb Jahren, dem kostenlosen, nichtkommerziellen Netzwerk angeschlossen.

„Es sind um die 50 Mitglieder, es eint uns die Liebe zum Buch“, meint Leseliebhaber Ahrweiler. „Es gibt viele in der Region, die sich um Kultur kümmern. Aber kennen die sich untereinander?“, fragt er im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Zusammen mit weiteren literarischen Mitstreitern wirbt er dafür, dass das Netzwerk rasch engmaschiger wird.

Ziele des Netzwerks

Ziel sei es etwa, Veranstaltungen aufeinander abzustimmen oder sie gar gemeinsam zu organisieren. „Nichts wäre ärgerlicher, als dass sich die Leser an einem Abend zwischen zwei Lesungen entscheiden müssten“, findet die in Sankt Augustin aufgewachsene und in Bonn lebende Krimiautorin Judith Merchant. Sie schätzt an „Rheinbuch“, dass sie „punktgenau schauen kann“, ob der Tag einer Merchant-Lesung womöglich mit einem Makel an konkurrierenden Veranstaltungen behaftet ist. „Das Netzwerk verschafft mir Orientierung“, sagt die mehrfach preisgekrönte Autorin und Literaturwissenschaftlerin.

Winrich Clasen, Chef des CMZ-Verlags aus Rheinbach und unter dem Pseudonym Paul Schaffrath als Krimiautor erfolgreich, spricht der kurze, wenn auch prägnante Name des Netzwerks an. „Der Name hat mir gefallen“, sagt der in Hamburg geborene und aufgewachsene Buchfreund. Das kurze Wort sei in der Lage, eine ganze Menge zum Ausdruck zu bringen: „Die Region hat eine Menge zu bieten“, findet Clasen. Er weiß, wovon er spricht: In seinen Regionalkrimis seziert er geradezu rheinische Gepflogenheiten mit bedacht angewandtem, feinem Humor.

Erste Erfolge

Welches Potenzial in solch einer Zusammenkunft schlummert, unterstreicht Almuth Voß, Programmkoordinatorin des Bonner Literaturhauses und des Literaturbüros NRW Süd. „Aus Sicht einer Veranstalterin ist diese Region total produktiv.“ Ein beredtes Beispiel für gelungene Treffen von Literaten, Verlagen und Lesern ist im Oktober vergangenen Jahres die erste Messe „Bonnbuch“ gewesen. Diese Bonner Buchmesse in der Beueler Brotfabrik sei „schon erstaunlich gut besucht“ gewesen für eine Buchmesse mit regionalem Anstrich.

20 Autoren hauptsächlich aus Bonn hatten ihre Werke vorgestellt. Außerdem waren sieben Verlage und vier Literaturzeitschriften vertreten, Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan fungierte als Schirmherr. „Es ist weitgehend unbekannt, wie viele Leute in Bonn schreiben und publizieren“, findet Voß. Darum sei es wertvoll, das Miteinander zu suchen, ob auf einer Internetplattform oder bei der Literaturmesse. „Das stärkt jeden Einzelnen von uns“, weiß die Chefin des Bonner Literaturhauses am Bonner Bottlerplatz. Nur so, findet Voß kann auch sichergestellt werden, dass regionale Autoren in der Region bleiben und nicht etwa nach Berlin gehen, um dem Ruf der Metropole zu folgen. „So viele Schriftseller sind nach Berlin gegangen, was dort wiederum die Preise kaputtmacht, weil die Auswahl so groß ist“, weiß Voß.

Schulen sollen mit einbezogen werden

Um die Freude am Lesen mit Hilfe von „Rheinbuch“ zu beflügeln, sei es sinnvoll, die Schulen der Region mit ins Netzwerk zu holen, findet Clasen. „Besucher einer Lesung sind zu 99 Prozent über 60 Jahre alt und Frauen“, berichtet der Autor und Verlagschef. Viele Studien zeigten das eklatante Lesedesinteresse bei Jungs. „Viele junge Leute können nur noch wischen“, sagt Clasen und meint die ausufernde Nutzung von Smartphones und Tablets – kapriziert auf schnelle Information, nicht nachhaltigen Lesegenuss. „Rheinbuch“ könne dabei helfen, Schulveranstaltungen auf die Beine zu stellen. „Wir müssen ein Bewusstsein wecken, dass Bücher toll sind“, sagt Clasen. Judith Merchant stellt sich vor, mit Jugend-Poetry-Slams, literarischen Wettbewerben, verborgene Schreibkünste zu wecken.

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