Gespräch am Wochenende Besondere Radtour am Römerkanal in Rheinbach

Rheinbach · Im "Gespräch am Wochenende" spricht Rolf Greiff vom Freundeskreis Römerkanal aus Rheinbach über eine besondere Radtour durch die Region, die sich auf faszinierende Weise auf den Spuren des antiken Römerkanals bewegt.

Rolf Greiff vom Freundeskreis Römerkanal zeigt Steine an der Mauer des Rheinbacher Hexenturms, die vom Römerkanal stammen.

Rolf Greiff vom Freundeskreis Römerkanal zeigt Steine an der Mauer des Rheinbacher Hexenturms, die vom Römerkanal stammen.

Foto: Mario Quadt

Was fasziniert Sie an diesem rund zwei Jahrtausende alten Bauwerk?

Rolf Greiff: Als Lateinlehrer hatte ich schon immer Freude an römischen Bauten. Ich wollte mich aber nicht nur mit Kolosseum und Forum Romanum beschäftigen. Als vor zehn Jahren in Rheinbach ein Freundeskreis Römerkanal gegründet wurde, gehörte ich zu den Gründungsmitgliedern. Ich bin fasziniert davon, dass der Römerkanal für zwei wesentliche Merkmale römischen Erbes steht: die Erfindung des Rundbogens und das Opus Caementicium. Das ist der Werkstoff, wir würden heute Beton sagen, mit dem alle Großbauten der Römerzeit gefertigt wurden. Auch in Rheinbach und seiner näheren Umgebung ist das, was den Römerkanal und seine Technik auf seinen 95 Kilometern von Nettersheim nach Köln ausmachen, glücklicherweise komprimiert zu finden.

Was macht den Römerkanal aus?

Greiff: Die hier ausgestellten Kanalstücke zeigen deutlich die Vielfalt der Bauausführung an. Die Aufteilung in vermutlich 20 Baulose spricht auch für die kurze Bauzeit von etwa drei bis fünf Jahren. Jeder Bautechniker hat seine individuellen Spuren hinterlassen. Bei der Erschließung des Gewerbeparks Nord konnte ein 13 Meter langes Stück freigelegt werden, welches ganz anders aussieht als das Stück, welches vor dem Rheinbacher Bahnhof steht oder jenes vor der Post.

Eine Aufteilung in Lose ist ja nicht anders als heute beim Bau einer ICE-Strecke etwa. Wie lange war der Römerkanal in Betrieb?

Greiff: Die Betriebsdauer von circa 190 Jahren wurde durch die Frankeneinfälle um 275 nach Christus gestoppt. Danach geriet der Kanal mehr und mehr in Vergessenheit. Erstaunlich ist, dass man sich ab dem 11. Jahrhundert wieder an ihn erinnert hat und sich des Römerkanals als willkommener Baustelle bediente – als Steinbruch. Das hat zur Folge, dass dieser Aquädukt so gut wie nicht mehr vorhanden ist.

Wie ließ sich vor 2000 Jahren berechnen, dass das Eifelwasser beständig gen Köln fließt?

Greiff: Das war herausragend schwierig. Schließlich war diese Leitung ausschließlich als Gefälleleitung konzipiert. Die reine Luftlinie zwischen Nettersheim und Köln beträgt 50 Kilometer. Die Baumeister hätten durch den Berg stoßen können, die Tunneltechnik hatten die Römer voll drauf. Die Gefälleleitung musste so konzipiert sein, dass sie 350 Meter Höhenunterschied überwinden konnte. Dabei musste der Höhenrücken der Ville überwunden werden, das heißt, die Trassenführung musste genau über der Höhe dieses 60 Meter hohen Querriegels ankommen. Als technische Hilfen standen vor allem zwei Werkzeuge zur Verfügung: der Chorobat, in etwa als sechs Meter lange Wasserwaage zu verstehen – und die Groma, die zur Bestimmung von rechten Winkeln diente.

Sie lassen die Radfahrer während der Tour in Buschhoven in einen drei Meter tiefen Schacht blicken. Was erwartet die Besucher dort?

Greiff: Sie können in den Schacht hineingucken, der Teil der Gaststätte „Zum Römerkanal“ ist. Dessen Inhaber, Rolf Fuß, erzählte mir, dass er als junger Bursche durch den Kanal laufen konnte. Der Schacht diente nur der Revision. Es ist aber ungewöhnlich, dass der Kanal in Buschhoven drei Meter tief unter der Erde liegt. Normal sind bis anderthalb Meter, damit der Frostschutz gewährleistet ist.

Sie zeigen auch, dass mit dem Römerkanal in späteren Jahren nicht pfleglich umgegangen worden ist. Wo haben Sie Steine des antiken Bauwerks entdeckt?

Greiff: Auf dem Gut Capellen lassen sich im Kreuzgang des früheren Klosters genau diese Bogenstellungen nachweisen wie im Römerkanal. Die Baumeister haben damals nicht nur das Material herausgeholt, sondern ganze Bögen für den Kreuzgang genutzt. Und in Ermangelung von kostbarem Kirchenschmuck hat man nach einem Ersatz für Marmor gesucht. Da der Kalksinter aus der römischen Wasserleitung im Grunde nichts anderes ist als Marmor, wie wir ihn aus italienischen Steinbrüchen kennen, wurde er in einem aufwendigen Verfahren aus der Leitung herausgebrochen. Dieser prächtige Aquäduktsinter ist so lange poliert worden, bis daraus etwas so Wunderbares entstanden ist wie die Grabplatte der Heiligen Lüfthildis von Lüftelberg. In Odendorf sehen wir eine Säule aus Aquäduktmarmor. Die Ritter der Rheinbacher Burg haben sich die Steine aus dem Römerkanal passgenau herausgebrochen. Das lässt sich bis heute an der Burg sehen.

Der Freundeskreis setzt sich seit Jahren für den Bau eines Römerkanal-Infozentrums ein. Was erhoffen Sie sich von dem Bau?

Greiff: Rheinbach ist die einzige Stadt unter den zwölf Kommunen, durch die der Römerkanal mittendurch verläuft. Das Infozentrum soll zeigen, was man seit der Antike mit dem kostbaren Gut Wasser anfangen muss, um es zum Laufen zu bringen. Wir wollen nicht nur zeigen, wie die Technik des Bauwerks war, es soll auch Raum für weitere Ausstellungen sein. Ein Herzensanliegen ist, dass wir vor allem die jüngere Bevölkerung ansprechen.

Wie lässt es sich realisieren, mit dem Römerkanal Touristen und Kurzurlauber zu locken?

Greiff: Was wir dazu leisten können, ist, im künftigen Infozentrum des Römerkanals Material zur Verfügung zu stellen, das neben der Vermittlung von Grundkenntnissen auch den Anreiz bietet, den gesamten Römerkanal bis nach Köln zu erwandern. Bei Etappen von 15 bis 20 Kilometern am Tag werden wir Übernachtungsgäste in Rheinbach haben, weil es hier auch zusätzlich was zu sehen gibt. Die Etappen bis nach Rheinbach sind wunderschön, aber nicht ganz anstrengungsfrei. Danach wird es ein bisschen gemütlicher.

Themenwanderungen sind momentan sehr gefragt.

Greiff: Genau. Da springen wir nicht nur auf, sondern haben ein gutes Pfund, mit dem wir wuchern können.

Auf der rechten Rheinseite beginnt bei Bad Hönningen der römische Limes – ein Weltkulturerbe. Sehen Sie Chancen, dass der Römerkanal Weltkulturerbe werden kann?

Greiff: Das wäre natürlich toll. Der Römerkanal ist die drittgrößte Wasserleitung im Römischen Reich. Ich glaube, es sind schon leichte Bestrebungen in Gang. Nur: Bei einem Bodendenkmal ist es sehr schwer, das als Weltkulturerbe zu verkaufen. Dafür brauchen wir kräftige Mithelfer.

Die Tour „Immer der Leitung nach“ startet am Samstag, 26. Mai, 11 Uhr, am Glasmuseum Rheinbach.

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