Bildung am Abend Absolventen starten in Rheinbach in ein neues Leben

Rheinbach · Der sogenannte Zweite Bildungsweg lässt sich im Linksrheinischen - im Gegensatz zu Städten wie Bonn oder Köln - noch beschreiten. Die VHS Voreifel hält an den Lehrgängen zum Schulabschluss fest.

Noch mal Schüler zu sein, mag für viele ein eher bedrohlich anmutender Gedanke sein. Allerdings setzt ein Schulabschlusslehrgang für alle, die dem Schulpflichtalter bereits entwachsen sind, auch enorme Kräfte frei. Nicht selten schlagen die künftigen Absolventen nämlich einen ganz neuen Lebensweg ein. Zweiter Bildungsweg heißt diese Chance, den aus unterschiedlichsten Gründen ausgeschlagenen Abschluss doch noch zu schaffen.

Bei der Volkshochschule (VHS) Voreifel können nach wie vor der Realschul- oder der Hauptschulabschluss auf dem Zweiten Bildungsweg nachgeholt werden. Im Oktober vergangenen Jahres hatte die Zweckverbandsversammlung der VHS beschlossen, an den Lehrgängen festzuhalten. Am Montag, 18. Februar, beginnt der neue Lehrgang, der – je nach Examen – bis zu vier Semester dauern kann.

Sicherlich gewöhnungsbedürftig ist auch der Unterrichtsbeginn für diejenigen, die den Zweiten Bildungsweg beschreiten. Von 17.45 bis 21 Uhr an fünf Tagen in der Woche stecken viele Arbeitnehmer nicht nur gedanklich bereits tief im Feierabendmodus. Aber: „Mit einem Schulabschluss kann man seine Chancen für eine schulische oder berufliche Aus- und Weiterbildung erheblich verbessern“, findet Juliane Keusch, VHS-Fachbereichsleiterin Sprachen.

„Wer es im ersten Anlauf nicht hat schaffen können oder keine Gelegenheit hatte, einen Schulabschluss zu machen, hat im Zweiten Bildungsweg die Möglichkeit, als Erwachsener einen Abschluss nachzuholen.“ Viele Kommunen in der Region haben dieses Angebot bereits – zum Teil seit Jahrzehnten – aus ihrem VHS-Programm gestrichen. „In Bonn gibt es diese Abschlüsse gewiss seit 30 Jahren nicht mehr, ebenso wenig wie in Köln oder in Siegburg“, so Keusch.

Der neue Schulabschlusslehrgang an der VHS Voreifel genieße somit so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal in der Region, findet die Fachbereichsleiterin. 1980 gab es das Angebot für Meckenheim, Rheinbach, Swisttal und Wachtberg zum ersten Mal.

Nach zwei Semestern – also nach einem Jahr – führt der am 18. Februar beginnende Lehrgang zum Hauptschulabschluss Klasse 9 (HSA 9), nach dem dritten Semester zum Hauptschulabschluss Klasse 10 (HSA 10A). Das vierte Semester endet mit der Prüfung zum Mittleren Schulabschluss (HSA 10B/MSA). „Es ist auch möglich, im dritten Semester quer einzusteigen“, sagt Keusch. Voraussetzung dafür ist allerdings die Vorlage der entsprechenden Qualifikation.

Zwei weitere Kriterien müssen diejenigen erfüllen, die den Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife schaffen wollen. Sie müssen die Vollzeitschulpflicht erfüllt und das 17. Lebensjahr vollendet haben. So sind die meisten Lehrgangsteilnehmer um die 20 Jahre alt, weiß Keusch aus Erfahrung. Aber es sind auch solche dabei, die sich mit Mitte 40 entschließen, Versäumtes nachzuholen. Bei einigen, so Keusch, führten schlichte Rebellion oder familiäre wie psychische Probleme dazu, dass die reguläre Schulzeit nicht mit einem Abschluss in der Tasche endete.

Der Clou: Für die künftigen Absolventen ist der Lehrgang kostenlos. „Die Lehrgänge werden von der Bezirksregierung gefördert, diese Förderung deckt die Kosten aber nicht ganz“, berichtet die Fachbereichsleiterin. Die Dozenten in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Geschichte, Erdkunde und Biologie trägt das Land. Was darüber hinaus zur Kostendeckung fehlt, teilen sich die im Zweckverband der VHS Voreifel organisierten Kommunen. Alle Lehrgangsinhalte stimmen übrigens mit den Kernlehrplänen der Regelschulen überein. Der Unterricht findet an fünf Tagen die Woche – jeweils montags bis freitags 17.45 bis 21 Uhr – in der Haupt- und Realschule Rheinbach, Dederichsgraben 2, statt.

Wohin verschlägt es die Absolventen nach dem Ende des Schulabschlusslehrgangs? „Manche machen weiter und gehen zum Abendgymnasium, einige beginnen eine Ausbildung oder qualifizieren sich anderweitig weiter“, berichtet Keusch. Im letzten Lehrgang tummelten sich angehende Tagesmütter, Erzieher oder eine künftige Fitnesskauffrau.“ Das Ende des Zweiten Bildungswegs bedeutet nicht, dass ein Weg endet. Für die Absolventen bedeutet es womöglich den Beginn eines neuen Lebensabschnittes.

Anmeldungen und Infos gibt es bei Juliane Keusch, 0 22 26/92 19 31, oder via E-Mail: juliane.keusch@vhs-voreifel.de.

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