„Dann wurde ich verhaftet“ Hosam Webae berichtet von Krieg und Flucht

Meckenheim · Der syrische Fotograf Hosam Webae hat Meckenheimer Gymnasiasten erzählt, warum und wie er aus seiner Heimat flüchtete. Wegen seiner Fotodokumentationen hatte er sich nach eigenen Worten in großer Gefahr befunden.

 Fragen der Schüler beantwortet: Den Alltag der Menschen in Syrien zeigte der Fotograf Hosam Webae (Mitte) rund 170 Schülern. Markus Heidenthal (l.) und Léon Höthker (r.) moderierten.

Fragen der Schüler beantwortet: Den Alltag der Menschen in Syrien zeigte der Fotograf Hosam Webae (Mitte) rund 170 Schülern. Markus Heidenthal (l.) und Léon Höthker (r.) moderierten.

Foto: Axel Vogel

Krieg und Flucht haben viele Gesichter, die wenigsten davon sind schön. Die nackte Realität im Alltag der Menschen in Syrien zeigte der Fotograf Hosam Webae rund 170 Schülern der Einführungsstufe und der Q1 des Konrad-Adendauer-Gymnasiums in der Aula der Realschule am Campus. In einer Podiumsdiskussion beantwortete Webae anschließend Fragen der Schüler.

„Wo war der Punkt für Sie erreicht, an dem Sie sich zur Flucht entschlossen haben?“, wollten die Jugendlichen wissen. „Ich habe meistens als Sanitäter gearbeitet, habe geholfen“, begann der Flüchtling zu berichten. Wenn die Sirenen losheulten, Raketen flogen und anschließend Menschen mit bloßen Händen Überlebende aus den Trümmern bargen, fasste er mit an. Wenn er aber die Gelegenheit hatte, dann hat er auch noch etwas getan, was der Obrigkeit missfiel: Er fotografierte Szenen von Bergungen, halbwüchsige Kinder, die ihre jüngeren Geschwister aus Trümmern ziehen und mangels anderer Transportmöglichkeit zu mehreren das verletzte Kind in einem Tuch tragend zum Krankenhaus schleppen.

„Dann wurde ich verhaftet“, fuhr der Syrer fort. Entlassen habe man ihn nach den Verhören mit der Auflage, dass er die Region nicht verlassen dürfe. Eingeweihten war jedoch klar, dass Webae sich wegen seiner Dokumentationen in großer Gefahr befand. Sie verhalfen ihm zur Flucht durch unterirdische Gänge. Später ging die Reise weiter übers Meer. „Ich habe mit dem Handy immer wieder unsere Position durchgegeben. Irgendwann haben sie geantwortet, aber sie durften uns nicht holen“, beschrieb er die gefährliche Fahrt. Mitten in der Nacht seien sie mit dem Boot aufgebrochen, mehrfach haben sie es repariert, bis sie in sicheren Gewässern ankamen und aufgenommen werden konnten.

Webae will irgendwann zurück in seine Heimat

Fotografieren an sich sei nicht das Problem gewesen, versuchte Webae den Schülern zu vermitteln. Auch Filmen sei nicht per se verboten. Für die Täter sei das Problem gewesen, dass einige der Bilder zeigten, was diese dort taten. „Damit gab es Beweise für das, was mit den Familien und Kindern dort geschieht, die niemandem etwas getan haben“, erklärte er. Aus Sicherheitsgründen habe er nicht einmal seine eigene Familie in seine Fluchtpläne eingeweiht, so Webae.

Mit den Bildern, Ausstellungen und Filmen will er zeigen, was dort passiert und was sich die Betroffenen vor Ort wünschen. Dass der Vater bald zurückkomme, der Krieg aufhöre, dass man wieder wie früher essen könne und jeden Tag zur Schule gehen könne, wünschten sich vor allem die Kinder. Für Webae selbst sei Syrien seine Heimat, in die er auch zurückkehren möchte, wenn er das kann, sagte der Flüchtling. Hier in Deutschland studiere und arbeite er derzeit und unterstütze seine Familie, die nach wie vor in Syrien lebt.

Für die Möglichkeit, hier in Sicherheit zu leben, während er in seiner Heimat verfolgt werden würde, sei er dankbar, sagte Webae.

Auf die Frage, ob die Kurden den Menschen in Webaes Heimatort geholfen haben, antwortete der Fotograf überrascht: „In unserem Ort leben keine Kurden. Und wenn dort ein Verletzter lag, dann habe ich ihn nicht zuerst gefragt, ob er Kurde ist. Ich habe geholfen.“

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