Prozess in Bonn 190 Kilo Äpfel auf Obstwiese in Meckenheim gepflückt

Bonn/Meckenheim · Das Amtsgericht Bonn hat einen 29-jährigen Asylbewerber wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu 750 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hatte auf einer Obstwiese in Meckenheim 190 Kilo Äpfel gepflückt - um sie in Flüchtlingsheimen zu verteilen.

Die Idee hatte der Vater einer syrischen Familie an einem Sonntagmorgen: Kommt, lasst uns nach Meckenheim fahren und ein gutes Werk tun. Dort gäbe es Obstplantagen, wo man die Äpfel mitnehmen könne, glaubte er. Die sollten dann bei „den Brüdern und Schwestern in den Flüchtlingsheimen“ verteilt werden. Gesagt, getan. Mit Sack und Pack und Picknickkorb fuhr man von Bonn nach Meckenheim und pflückte insgesamt 190 Kilo Äpfel der Sorte Braeburn, die nach der ersten Ernte noch gereift waren, und sammelte sie - offenbar etwas unsachgemäß - in Supermarkttüten. Bei der Pflückaktion jedoch waren die karitativen Ausflügler vom Obstbauern und seiner Frau erwischt worden, als sie die Äpfel im Wert von 300 Euro im Auto verstaut hatten.

Für vier Mitglieder der Pflückerfamilie hatte die schöne Idee jetzt ein gerichtliches Nachspiel: Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls mussten sie sich vor dem Bonner Amtsgericht verantworten. Alle bereuten, dass sie unwissentlich einen Diebstahl begangen hatten, dafür schämten sie sich, es täte ihnen „sehr leid“. Aber ihr Vater sei ganz sicher gewesen, dass es in Meckenheim Apfelplantagen gebe, wo das Pflücken erlaubt sei. Dem hätten sie nicht widersprechen wollen.

Familie beging Diebstahl unwissentlich

Das holte jetzt der 55-jährige Obstbauer als Zeuge nach: Auch wenn die erste Ernte schon gelaufen sei, so sei die Plantage keineswegs zum freien Pflücken für alle freigegen. Auf Nachfrage der Amtsrichterin erklärte er, dass sie durchaus häufig beklaut würden, „aber noch nie in dieser Größenordnung“. Meistens kämen die unbefugten Pflücker sonntags im Morgengrauen. Allerdings räumte der Apfelwirt auch ein, dass die angeklagte Familie an dem 14. Oktober 2018 recht gemütlich gewirkt hätte, keineswegs wie Diebe, die just bei einer Straftat erwischt worden seien. Auch hätten sie den Schaden sofort bezahlen wollen.

Der Obstbauer und seine Frau hatten die Äpfel ja auch sofort zurückbekommen. Allerdings, so der 55-Jährige, hätten sie die fremdgepflückten Braeburn nur noch zu einem deutlich geringeren Preisen verkaufen können, da sie nicht sorgfältig genug geerntet worden seien und einige Druckstellen gehabt hätten.

Das Bonner Amtsgericht glaubte den syrischen Apfelpflückern am Ende ihre gute Absicht und stellte die Verfahren gegen den 62-jährigen Vater und zwei Familienmitglieder gegen eine Geldbuße ein. 100 Euro muss jeder dem bestohlenen Obstbauern zahlen. Nur ein 29-jähriger Sohn kam weniger glimpflich davon und wurde zu 750 Euro Geldstrafe verurteilt. Denn am Tag des Apfeldiebstahls stand der Mann bereits unter zwei laufenden Bewährungen - und musste mit einer erneuten Strafe rechnen.

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