1300 Pfeifen in der Pfarrkirche Orgelbaumeister zieht in Merten alle Register

Bornheim-Merten · Fachmann Hubert Fasen erklärt die klingende Vielfalt der Pfeifenorgel in der Mertener Pfarrkirche. In dem einst ausschließlich mechanischen Großinstrument steckt jetzt jede Menge Elektronik.

 Orgelbaumeister Hubert Fasen erklärt am Beispiel eines Holzmodells die Spieltraktur im Inneren einer Orgel.

Orgelbaumeister Hubert Fasen erklärt am Beispiel eines Holzmodells die Spieltraktur im Inneren einer Orgel.

Foto: Stefan Hermes

„Es ist nicht die allergrößte Orgel, die Sie hier in Sankt Martin haben“, eröffnete Orgelbauer Hubert Fasen mit einem Augenzwinkern seinen Vortrag über „Funktionsweise und Besonderheiten der Pfeifenorgel in Sankt Martin“. Etwa 30 Mitglieder des Mertener St. Martin Fördervereins konnten sich nach der Wahl von Raimund Meyer zu ihrem neuen Vorsitzenden auf den „Kulturteil“ des Abends freuen, in dem der Orgelbaumeister aus dem Eifeler Oberbettingen anhand eines Modells die Funktionsweise der Pfeifenorgel in St. Martin erklärte.

Vorweg erinnerte Meyer in einer kurzen Bilderschau daran, wie die Orgel in verschiedenen Restaurationsphasen vor zwei Jahren aussah. Kaum einer konnte sich damals vorstellen, dass sie eines Tages wieder in einem so glanzvollen Zustand erstrahlen würde, wie sie heute zu sehen und zu hören ist.

„Manch einer schwärmt noch immer von den Tagen“, so Meyer, „wo wir gemeinsam mit dem Orgelbauunternehmen Fasen an der Wiederherstellung arbeiten konnten“. Die Ende der 70er-Jahre von dem Kevelaerer Orgelbauer Romanus Seifert und Sohn geschaffene Orgel baut auf einem aus dem Ende des 19. Jahrhunderts vorhandenem Werk von Orgelpfeifen auf, das auch heute noch an seiner neugotischen Fassade als oberes Element der Orgel gut erkennbar ist.

Darunter schließt sich das neue Werk mit sichtbar moderner Fassade an. Insgesamt sind über die zwei Manuale und 30 Pedale des Spieltisches etwa 1300 Orgelpfeifen in 21 Registern anspielbar. Trotz der großen Anzahl von Orgelpfeifen gehört die Orgel in St. Martin zu den eher kleineren Instrumenten, wie es Fasen bereits anfänglich erwähnte. Als größte Orgel Deutschlands gilt die Passauer Domorgel, die über fünf Manuale, 229 Register und 17 974 elektrisch angesteuerte Pfeifen verfügt.

Zwei Monate dauerte 2015 die aufwendige Restauration der Orgel in St. Martin. Nicht zuletzt auch dadurch, dass die mechanische Verbindung zwischen den Tasten und den Pfeifenventilen, die sogenannte Spieltraktur, gegen eine verschleißärmere elektrische ausgetauscht wurde, die nun durch kleine Elektromagnete Ventile öffnet, die die Luft in die Orgelpfeifen strömen lässt. Auch wenn eine Orgel für den Laien zunächst einmal aus vielen Metallpfeifen besteht, ist das vorwiegende Baumaterial Holz. Theoretisch lässt sich auch jeder Ton mit aus Holz gebauten Pfeifen erzeugen.

Klang kommt durch Akustik besonders zur Geltung

Die Metallpfeifen bestehen vorwiegend aus einer Legierung aus Zinn und Blei, wobei mit wachsendem Bleianteil der Ton weicher klingt. In der St. Martin-Orgel sind die größten Pfeifen etwa 2,50 Meter lang und haben einen Durchmesser von 140 Millimetern; die kleinsten messen nur noch etwa zwei Zentimeter Höhe und sieben Millimeter Durchmesser. Für manch einen älteren Menschen sind die damit erzeugten hohen Töne schon kaum noch hörbar, „aber für die Musik des Barock unverzichtbar“, sagt Hubert Fasen, der auch tiefe Töne benennt, die nur noch mit dem Zwerchfell zu spüren sind.

Eindrucksvoll lässt er die verschiedenen Register der Orgel in St. Martin erklingen, die durch eine besonders schöne Akustik in der Kirche sehr differenziert zur Geltung kommen. Erst, wenn nicht nur sprichwörtlich „alle Register gezogen sind“, entsteht der Ehrfurcht gebietende Klang, der die Orgeln seit über 1000 Jahren in allen Kirchen der Welt unersetzlich macht.

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