Auftakt der Alfterer Kulturtage Fotograf thematisiert Flüchtlingsdrama im Mittelmeer

Alfter · Der Alfterer Fotograf Helmut Hergarten setzt sich in seiner Ausstellung „Wait & Sea" – Der Chor der Ertrunkenen“ mit dem Flüchtlingsdrama auf Sizilien auseinander. Eröffnet wird diese am Donnerstag, 22. August, im Oedekovener Rathaus.

 Helmut Hergarten mit dem Bildband zu „Wait & Sea“.

Helmut Hergarten mit dem Bildband zu „Wait & Sea“.

Foto: Christoph Meurer

Der Blick geht weit aufs Meer hinaus. Unendlich scheint das Wasser zu sein, schier unerreichbar der Horizont. Doch irgendwann könnten sie im Blickfeld auftauchen: die kaum seetüchtigen Kähne, mit denen Menschen die gefährliche Passage übers Mittelmeer nach Europa wagen. Oder die Schiffe der Retter, die Flüchtlinge auf hoher See an Bord nehmen, um sie vor dem Tod zu bewahren.

Wer die Fotografien von Helmut Hergarten betrachtet, kann einen Eindruck gewinnen, was es bedeutet, auf einer Insel zu leben, an der jeden Tag Flüchtlinge stranden könnten. „Wait & Sea" (zu Deutsch: „Warten & Meer“) – Der Chor der Ertrunkenen“ heißt das Projekt des Alfterer Architekten und Fotografen. Am Donnerstag, 22. August, wird die gleichnamige Ausstellung um 17 Uhr im Rathaus in Oedekoven, Am Rathaus 7, zum Auftakt der Alfterer Kulturtage (siehe Infokasten) eröffnet.

Drei Wochen lang war Hergarten im Jahr 2017 auf Sizilien. Eine Woche davon reiste er entlang der Südküste der italienischen Insel von den Orten Catania bis Trapani, um dem Flüchtlingsdrama im Mittelmeer nachzuspüren. Pozzallo habe er dann zum Mittelpunkt seines Vorhabens gemacht, berichtet er. In der Kleinstadt im Süden Siziliens kommen immer wieder Migranten an – oder werden tot geborgen. „Es ist der Ort für Beerdigungen“, sagt Hergarten. Die Stadt habe er bereits zuvor in einer eindrucksvollen TV-Doku gesehen.

Immer wieder habe er sich im Hafenbereich aufgehalten und sei mit Menschen ins Gespräch gekommen. Mit Einheimischen wohlgemerkt. „Mir war klar: Ich werde keine Flüchtlinge sehen.“ Diese würden vom Hafen direkt in ein Medizinzentrum und von dort in ein großes Auffanglager auf der Insel gebracht.

Darstellung der Ungewissheit

Also habe er sich mit Menschen unterhalten, die für gewöhnlich auf Sizilien leben; auf Englisch, so gut es gegangen sei. „Ich habe sie gebeten, für mich fragend übers Meer zu schauen. Und das ist sehr oft gelungen“, erläutert Hergarten. Sodann drückte er auf den Auslöser seiner Kamera. Es sei ihm um eine Darstellung des Nichtwissens, was passiert, gegangen. Kommen Menschen? Werden sie gerettet? Ertrinken sie? Man sieht übers Meer, sieht eigentlich nichts, weiß aber, dass irgendwo dort draußen Menschen versuchen, nach Europa zu gelangen und vielleicht dabei sterben.

Ergänzt hat Hergarten diese besonderen Porträtfotos mit Aufnahmen von Zäunen, Hindernissen, Booten sowie von einer Grabwand, in der Einheimische und Flüchtlinge bestattet werden. Die Betrachter dürften keine sensationellen Bilder erwarten, meint Hergarten, hat dabei aber doch Unrecht.

Zwar wirkt das Dargestellte zunächst unaufgeregt und ruhig, doch je länger man quasi gemeinsam mit den Porträtierten aufs Mittelmeer schaut, desto mehr wird man von einer Unruhe beschlichen. Man meint, sich zusammen mit den Menschen auf Sizilien der quälenden Ungewissheit zu stellen, was geschehen wird. Und eigentlich wisse man nichts über das, was in Südeuropa passiert.

„Wait & Sea“ ist das zweite Projekt Hergartens, das sich mit der Situation von Flüchtlingen auseinandersetzt. Schon 2016 hatte er unter dem Titel „Welcome families & friends“ Menschen in Alfterer Notunterkünften aufgenommen. Ein drittes Projekt mit dem Titel „London calling: Postcards from Calais“ rundet Hergartens fotografische Beschäftigung mit Flüchtlingen ab. In und bei Calais hat er sich dort illegal aufhaltende Flüchtlinge getroffen, die noch immer auf eine Überfahrt nach Großbritannien hoffen, sowie mit Helfern geredet – und wieder den Auslöser seiner Kamera betätigt.

Zum Fotoprojekt „Wait & Sea – Der Chor der Ertrunkenen“ hat Helmut Hergarten einen Bildband im Eigenverlag herausgegeben. Er kostet 20 Euro und kann bei ihm direkt bezogen werden. Kontakt: 0 22 22/50 49 oder post@helmuthergarten.de. Weitere Informationen: www.helmuthergarten.de.

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