Innovation aus der Region Weltberühmte Bonner Blütenpracht stammt aus Meckenheimer Baumschule

Meckenheim/Bonn · Die Meckenheimer Baumschule Wilhelm Ley pflanzte in den 80er Jahren ihre Kirschbäume in der Bonner Altstadt, die heute Menschen aus aller Welt den Kopf verdrehen.

 Seine Erfahrung in Sachen Veredelung von Kirschblüten gibt Wilhelm Ley an seine Tochter Katharina Ley weiter.

Seine Erfahrung in Sachen Veredelung von Kirschblüten gibt Wilhelm Ley an seine Tochter Katharina Ley weiter.

Foto: Axel Vogel

In der Bonner Altstadt blühen die Kirschbäume. Und wenn die Knospen der Japanischen Kirschblüte, lateinisch Prunus Serrulata Kanzan, millionenfach an den Alleebäumen an Heer- und Breite Straße aufbrechen, steckt in der rosa-weißen Blütenpracht ein besonderes Stück Gartenbaukunst. Die Zierkirschen, die Jahr für Jahr auch abertausende Menschen aus aller Welt in ihren Bann ziehen, stammen nicht etwa aus Japan, sie wachsen auf den Plantagen der Baumschule Wilhelm Ley in Meckenheim. Als die Bonner Altstadt in den 1980er Jahren umgebaut wurde, lieferte Ley seine Bäume in die damalige Hauptstadt.

Wilhelm Ley, Mitinhaber der gleichnamigen Baumschule, holt ein uraltes Buch, in altdeutscher Schrift verfasst, hervor. „Das Buch habe ich noch von meinem Großvater“, erzählt er. Zwischen den dunkelgrünen Buchdeckeln ist beschrieben und skizziert, wie durch das Handwerk der Veredelung der Baum entsteht, der für etwa zwei Wochen im Frühjahr mit seiner blühenden Krone aus rosa, weißen und roten Blüten Menschen jeden Alters bezaubert.

Erst die Veredelung sorgt  für die typische Farbe

Zwar dürfte in den kommenden Tagen die Kirschblüte in der Bonner Altstadt nicht zum Massenereignis wie in den Jahren zuvor werden (siehe „Kirschblüte“), ein prachtvolles Fotomotiv gibt sie allemal her. „Erst die Veredelung sorgt dafür, dass die Zierkirsche ihre typische Farbe und ihren typischen Wuchs erhält“, erzählt Ley im Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Als Grundlage nehmen die Fachleute des 1891 gegründeten Familienunternehmens eine Vogelkirsche. Ist diese zu einem ansehnlichen Baum herangewachsen, erhält der Stamm in zwei Meter Höhe zunächst einen Radikalschnitt. An der Schnittstelle wird dann ein sogenannter Edelreis eingesetzt – der etwa 20 Zentimeter lange Neutrieb der Japanischen Nelkenkirsche wird gepfropft. „Aus diesem Edelreis wächst in den nächsten Jahren dann eine vollständige Krone“, sagt Ley. In diesem Trieb stecken nämlich die Erbinformationen für die dichten Blütenbüschel, die zusammen mit dem Beethoven-Jahr dafür sorgen, dass Bonn laut des Reiseführerverlags Lonely Planet 2020 in den Kreis der Top-Fünf-Städte weltweit aufgenommen ist.

„Die Veredelung ist wirklich eine hohe Kunst. Darum dürfen es bei uns erst Lehrlinge im dritten Lehrjahr vollführen“, verrät Ley. Werde dabei ein Fehler begangen, sei schließlich die Arbeit von vielen Jahren Hege und Pflege dahin. Nach zwölf Jahren Baumschule hat die Japanische Zierkirsche dann alles, um beispielsweise als Straßenbaum bestehen zu können. Dem besonderen Klima in der Stadt sei die Zierkirsche bestens gewachsen, weiß Christoph Dirksen, Geschäftsführer der Baumschule Wilhelm Ley. Sie gehöre zu den besonders klimaresistenten Bäumen. „Die können auch schon mal Trockenheit über eine längere Phase ab.“

Gepflanzte Bäume können über 100 Jahre alt werden

Der Grund für diese Fähigkeit steckt im Wurzelwerk. In der Baumschule verharrt der veredelte Baum nämlich nicht fortwährend an ein und demselben Platz in der Plantage, sondern wird mehrfach versetzt. „Durch die mehrfache Versetzung bleiben die Wurzeln im Ballen“, erklärt Wilhelm Ley. Der kompakte Ballen sorgt in der Stadt für einen besonderen Effekt. „Die Wurzeln der Zierkirsche heben die Bürgersteige nicht hoch. Und der Baum kann über 100 Jahre alt werden“, berichtet Dirksen.

Das spricht sich herum: Nach ganz Europa liefert die Meckenheimer Baumschule Zierkirschen. „Bis nach Tadschikistan gehen unsere Fuhren“, sagt Dirksen. Das Unternehmen aus Meckenheim sei der „größte Alleebaumproduzent Europas“. Nicht nur während der Altstadtsanierung in den 1980er Jahren kamen die verwendeten Gewächse aus Meckenheim: Noch im vergangenen Jahr sind in der Bonner Altstadt etwa 20 Kirschbäume aus der Meckenheimer Plantage nachgepflanzt worden. Und: Die Japanische Zierkirsche trägt die Kirsche zwar im Namen, aber Früchte trägt sie nach der Blüte nicht.

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