Starkregen in Wachtberg Bauern wehren sich gegen Schuldzuweisung

WACHTBERG · Landwirte mahnen, beim Hochwasserschutz den ganzen Ort in den Blick zu nehmen. Ein Maisfeld hätte beim Unwetter nicht mehr Wasser gebunden als die Brombeer-Plantage.

Die Darstellung, dass von seiner Brombeer-Plantage insbesondere bei Unwettern eine zusätzliche Überflutungsgefahr ausgeht, will Landwirt Matthias Sonntag so nicht stehen lassen. Sein Kollege, Landwirt Ferdinand Völzgen, der zudem Vorsitzender der Kreisfachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg ist, rät ebenfalls dazu, das Problem differenzierter zu betrachten.

Grundsätzlich weist Völzgen darauf hin, dass Beschwerden von Bürgern über den geschützten Anbau wie in Fritzdorf nichts Neues für die Landwirte im Ländchen sind. Dabei gehe es im Kern neben der Kritik, dass Folientunnel das Landschaftsbild stören, auch um den Vorwurf, dass etwa Folientunnel Unwetterfolgen verschlimmern würden. Auf der anderen Seite sei der geschützte Anbau „für viele Landwirte existenziell wichtig“, bekräftigt Völzgen.

Um ins Gespräch zu kommen und Lösungen zu finden, wurde laut Völzgen bereits vor über einem Jahr ein Runder Tisch in Wachtberg eingerichtet. Beteiligt seien neben Bürgern und Landwirten auch die Gemeinde und Fachleute, so von der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft. Eine Reihe von Verbesserungen, etwa in Sachen Hangabflüsse und Bodenerosion, habe man bereits auf den Weg gebracht.

Auch nach den diesjährigen Unwetterschäden in Fritzdorf sei gehandelt worden. So habe es mehrere Ortstermine mit der Gemeinde und Bürgern an der Windmühlenstraße nahe der kritisierten Brombeer-Plantage gegeben, bekräftigt Matthias Sonntag. Der betont auch, dass es zu den Überflutungen keineswegs erst mit der Rodung der Obstbäume und der Anlage der Brombeerkulturen gekommen sei. Und seine Brombeerkultur sei nur teilweise überdacht und nur in einer Jahreshälfte. „Außerdem ist die Fläche komplett eingegrünt, um Bodenerosionen zu vermeiden“, so Sonntag. Alle Nachbarn seien „sehr froh“ gewesen, dass er den Quergraben zur Entwässerung der Plantage verlegt habe.

Dass es nun erneut zu den Schäden bei Anliegern der Windmühlenstraße gekommen ist, wäre aus Sicht von Sonntag und Völzgen kaum zu verhindern gewesen: „Das war ein extremes Ereignis, bei dem viele Faktoren zusammenkamen“, erläutert Ferdinand Völzgen. „In der Spitze sollen hier in Fritzdorf 100 Liter Regen auf den Quadratmeter gefallen sein, und das auf einen Boden, der durch Niederschläge bereits gesättigt war.“ Matthias Sonntag ergänzt: „Selbst wenn ich hier ein Maisfeld gepflanzt hätte, hätte das am 4. Juni nicht viel geändert.“

Zu der Frage, was eine bessere Wasserführung ausrichten könne, sagt Völzgen: „Wir brauchen vor allem abgestimmte Maßnahmen, die den Fokus nicht nur auf eine Stelle, sondern den ganzen Ort legen.“ Zudem kann er sich vorstellen, dass dorfnahe landwirtschaftliche Flächen nicht mehr genutzt, die Landwirte dann aber entschädigt werden. Es müsse aber aus Sicht von Matthias Sonntag auch die Frage erlaubt sein: „Wo kann man bauen und wo nicht.“

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