Naturschutzgebiet Rodderberg Artenvielfalt in der Vulkanlandschaft

NIEDERBACHEM · Michael Adlung lauschte aufmerksam, was Christian Chmela, Leiter der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft über die Pflanzenwelt auf dem Rodderberg erzählte. „Es ist immer ganz gut zu wissen, was vor der Haustür wächst“, sagte der Bad Godesberger. Deshalb nahm er an der Exkursion am Freitag teil.

 Viele Pflanzen wachsen auf dem Rodderberg, weil sie den mageren trockenen Boden bevorzugen. Christian Chmela von der Biostation Bonn erläutert die Vielfalt.

Viele Pflanzen wachsen auf dem Rodderberg, weil sie den mageren trockenen Boden bevorzugen. Christian Chmela von der Biostation Bonn erläutert die Vielfalt.

Foto: Stefan Knopp

Es ging um Natterkopf, Thymian, Flügelginster, Golddistel und viele andere Blumen, die sich auf den Trockenwiesen des Rodderbergs sehr wohl fühlen. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen: Viele dieser Gewächse benötigen trockenen, mageren Boden und viel Wärme, und das alles hat die Vulkanlandschaft bei Niederbachem zu bieten. Zum anderen wird das Gelände zweimal jährlich mit Schafen beweidet, die die Pflanzen fressen und deren Samen mit ihren Ausscheidungen verteilen. Außerdem, erklärte Chmela, lockern sie mit ihren Hufen den Boden auf, was gut für die Samen ist. Auf den Klimawandel reagiere dieser Trockenboden sehr elastisch: „Die typischen Arten profitieren davon.“

Er führte sie von der Kapelle am Broichhof vorbei an Rainfarn, Hasenklee, Odermennig und Ackerwitwenblume bergauf und erläuterte die geologischen Hintergründe: Der Rodderberg, um den sich die Biostation seit 2001 kümmert, sei ein „Jetztzeit-Vulkan“, da er vor rund 55.000 Jahren zum ersten und vor 33.000 Jahren zum bislang letzten Mal ausgebrochen ist – geologisch sei er damit sehr jung, auch verglichen mit dem Siebengebirge auf der anderen Rheinseite. Im Vulkankrater setzte sich fruchtbarer Löss-Boden ab, den der Wind hergetragen hatte. Der abgezäunte Weg führt am ehemaligen Kraterrand entlang.

„Ich weiß, dass hier seltene Pflanzen wachsen“, sagte Barbara Herbst aus Beuel. Darüber wollte sie mehr erfahren, und Chmela tat ihr den Gefallen: Er zeigte den recht seltenen Wundklee und den ebenso seltenen Aufrechten Ziest, den Steifen Augentrost, der heilkräftige Wirkung bei Augenleiden haben soll, die Wolfsmilch und das giftige Jakobskreuzkraut, das besonders Landwirte mit Viehweiden nervös macht. „Ich rate immer zur Gelassenheit“, so Chmela.

Auch das Echte Labskraut zeigte er den Teilnehmern: Es wurde verwendet, um Milch für die Käseherstellung gerinnen zu lassen. Oft sieht man dort auch Pflanzen mit blauen Blüten wie die Taubenskabiose. „Sie werden gerne von Schmetterlingen angeflogen“, sagte Chmela. Deshalb sah man viele Schachbretter, Admiräle und Pfauenaugen dort.

Der Fachmann führte die Gruppe auch auf eine Wiese, auf der früher Ackerbau betrieben wurde, woran sich einige Teilnehmer noch erinnerten. Jetzt betreibe der Bauer dort Vertragsnaturschutz: Er sät und erntet nicht, pflanzt Kornblumen und Klatschmohn, und inzwischen hat sich dort eine erstaunliche Artenvielfalt mit Rittersporn, der seltenen Ackerpflanze Leindotter (Camelina) und die wilde Möhre, die Urform der heutigen Mohrrübe. Sie riecht sehr intensiv, aber wer sie essen wolle, stelle schnell fest: „Das Vergnügen ist nicht sehr allumfassend“, sagte Chmela.

Nach den Fakten am Freitag ging es am Samstag bei einer weiteren Exkursion in und um Friesdorf um die Heilkraft und das Mythische von Pflanzen. Für die Biostation Bonn stellte der Diplom-Biologe Peter Tautz viele Pflanzen und ihr Auftreten in Sagen und Märchen vor.

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