Wer geht, bekommt Hilfe 20 abgelehnte Asylbewerber verlassen Wachtberg freiwillig

Wachtberg · 20 abgelehnte Asylbewerber haben Wachtberg 2018 verlassen. Die Gemeinde setzt auf eine geplante Rückkehr abgelehnter Asylbewerber, um nächtliche Abschiebungen zu vermeiden. Die Zeit drängt trotzdem.

Eine serbische Familie und eine albanische Familie gehören zu den 20 Personen, die seit Anfang des Jahres freiwillig aus Wachtberg in ihre Herkunftsländer ausgereist sind. Durch eine intensivierte Zusammenarbeit mit dem Ausländeramt der Kreisverwaltung in Siegburg haben sich die Voraussetzungen für Rückführungen in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. So lautete die Quintessenz eines Expertentreffens jüngst im Wachtberger Rathaus: Mit dabei waren Bürgermeisterin Renate Offergeld und Kurt Zimmermann, Vorsitzender des Ökumenischen Arbeitskreises, der eine tragende Säule bei der Flüchtlingsbetreuung vor Ort ist.

Das Thema Abschiebungen als staatliche Zwangsmaßnahme beziehungsweise freiwillige Rückführung ausreisepflichtiger Asylbewerber stellte sich in Wachtberg Ende des vergangenen Jahres. Die Zuweisung einer vergleichsweise großen Zahl anerkannter Flüchtlinge mit einer Wohnsitzauflage hatte die Unterbringungssituation verschärft und drohte zudem, die Kapazitäten der Betreuer vor Ort zu überfordern. Immerhin waren rund 20 Personen ausreisepflichtig. Laut Kreis befinden sich in Wachtberg insgesamt 78 Asylbewerber im laufenden Verfahren, 36 sind geduldet.

Abschiebungen sind sensibles Thema

Daher suchte die Gemeindeverwaltung das Gespräch mit dem auch für Abschiebungen und Rückführungen zuständigen Ausländeramt des Kreises in Siegburg. Vor allem weil die Fachleute der Gemeinde, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Ehrenamtskoordinatorin und der Ökumenische Arbeitskreis Planungssicherheit haben wollen: „Schließlich hatten wir lange Zeit keine genauen Informationen über den Stand eines Verfahrens“, erklärte Johannes Hüllen aus der Wachtberger Gemeindeverwaltung.

Eine engere Abstimmung mit dem Kreis ist auch ganz im Sinne von Kurt Zimmermann. Die Flüchtlingshelfer setzen, genauso wie die Ausländerbehörde, auf freiwillige Rückkehrentscheidungen. Im vergangenen Jahr hatte ein Fall für Aufsehen und Kritik gesorgt, bei dem eine serbische Familie in Holzem in den frühen Morgenstunden abgeschoben worden war.

Der zuständige Kreisdezernent Michael Jaeger und Gabriele Neugebauer, Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes beim Kreis, fördern die Zusammenarbeit mit den Zuständigen vor Ort. Neugebauer sagte: „Die Gemeinden des Kreises können sich jederzeit bei uns melden und einzelne Duldungsfälle mit uns besprechen.“ Derzeit befinden sich laut Kreis rund 2200 Flüchtlinge im Asylverfahren. Dem Ausländeramt sei es laut Kreisdezernent Jaeger ein Anliegen, gerade bei dem sensiblen Thema Abschiebungen die Gemeinden frühzeitig mit ins Boot zu nehmen: „Dazu tauschen wir uns auch frühzeitig mit den Sozialämtern der Kommune aus.“

Unstrittig ist beim Kreis aber auch: Eine Reihe der rund 750 Flüchtlinge, die derzeit ausreisepflichtig sind, werden trotzdem in Deutschland bleiben. Die meisten werden aufgrund von Abschiebehindernissen wie Krankheit weiter geduldet. Derweil sind aber die Anforderungen verschärft worden. Dezernent Jaeger sagte: „Gerichte sind inzwischen ganz rigoros, was die Einschätzung von Attesten angeht.“

Rechtliche Probleme vorhanden

Nicht selten kommt es zudem vor, dass sich nachgeborene Kinder von geduldeten Personen im Asylverfahren befinden. Das dauert im Schnitt rund 15 Monate, und währenddessen könnten laut Kreis die Eltern nicht abgeschoben werden: „Wir trennen keine Familien“, sagte Neugebauer. Ein weiteres großes Hindernis bleibt die Identitätsfeststellung. Eine Abschiebung ohne Papiere ist praktisch nicht möglich. So wie bei einer polizeibekannten Großfamilie aus dem ehemaligen Jugoslawien, die 1992 eingereist war und inzwischen in Niederbachem wohnt.

Nach GA-Recherchen sollten mehrere Mitglieder des Clans abgeschoben werden. Dies scheitert dem Vernehmen nach aber daran, dass jede Mithilfe verweigert wird, herauszubekommen, wo die Kinder geboren wurden.

Der Kreis kann zu dem Fall mit Hinweis auf den Sozialdatenschutz nichts sagen. Aber vom Grundsatz gilt: „Wir priorisieren die Fälle, die aktuell vollziehbar ausreisepflichtig sind“, so Gabriele Neugebauer. Gleichzeitig richtet sie den Appell an die Kreiskommunen: „Problemfälle sollen uns weiterhin gemeldet werden.“

Ungeachtet der rechtlichen Probleme bei einer Reihe von Altfällen funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Kreis und Kommune aus Sicht von Flüchtlingshelfer Zimmermann inzwischen besser. „Wir gleichen uns mit dem Ausländeramt regelmäßig ab, wer bestandskräftig ausreisepflichtig ist“, so Zimmermann. Es müsse jedem klar sein, „dass die eigene Entscheidung für die Art der Rückführung maßgebend ist“. Wer freiwillig geht, bekommt Unterstützung. Dazu werde auch die Rückkehrberatung in Zusammenarbeit mit DRK und Caritas weiter ausgebaut.

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