Einer der schlimmsten Unfälle in Region Vor 35 Jahren starben 13 Menschen bei Unfall nahe Swisttal

Swisttal · Auf der Autobahn 61 bei Swisttal-Miel kam es am 11. Januar 1985 zur schwersten Massenkarambolage im Rheinland. 13 Menschen kamen ums Leben, etwa 50 Beteiligte wurden verletzt.

 13 Menschen kommen im dichten Nebel auf der A61 ums Leben.

13 Menschen kommen im dichten Nebel auf der A61 ums Leben.

Foto: Feuerwehr Swisttal

Strahlend blau zeigt sich der Winterhimmel: Auf bis zu 17 Grad Celsius klettert das Thermometer am frühen Nachmittag des 11. Januar 1985. Doch das Idyll trügt: Wie aus dem Nichts, wie Zeitzeugen berichten, bildet sich auf der A 61 zwischen Rheinbach und Weilerswist eine undurchdringliche Nebelwand, die bis zu vier Meter hoch ist. Als die ersten Auto- und Lastwagenfahrer wegen des dichten Nebels mit Sichtweiten von weniger als 20 Metern bremsen, kommt es innerhalb weniger Minuten zu einer folgenschweren Massenkarambolage. Als um 14.53 Uhr Feuerwehr und Rettungsdienste alarmiert werden, stehen mehrere Fahrzeuge lichterloh in Flammen. Vor 35 Jahren kommen in der schwersten Verkehrskatastrophe des Rheinlandes 13 Menschen ums Leben, etwa 50 Beteiligte werden verletzt.

„Schönstes Wetter änderte sich dramatisch schnell von dem warmen Tag zu frostigen Temperaturen, bei denen sogar das Löschwasser der Feuerwehr gefror“, erinnert sich Heinz Löhrer. Der heute 74 Jahre alte Konditormeister und langjährige Stadtbeauftragter des Malteser Hilfsdienstes in Rheinbach, ist als Rettungskraft im Dauereinsatz. „Es war, als ob einem plötzlich eine Milchglasscheibe vors Gesicht gezogen wird“, sagt der damalige Polizeihauptkommissar Dieter Zeller über die plötzliche Nebelbildung.

Als die ersten Helfer am Unfallort in Höhe des Rastplatzes „Zum blauen Stein“ auf der Autobahn eintreffen, bietet sich ihnen ein Bild des Grauens: Blechmassen sind ineinander verkeilt, schwarzer Rauch steigt an mehreren Unfallstellen auf. „Bis Miel konnte man die eingeklemmten Leute schreien hören“, erinnert sich Balthasar Schumacher. Der heute 78-Jährige war 1985 Gemeindebrandmeister und feuerwehrseitig Leiter des Einsatzes auf der A61. Andere Augenzeugen berichten von einem „Schlachtfeld“ und der „reinsten Hölle“. Es sind Bilder, die Schumacher bis heute nicht aus dem Kopf gehen. „Man darf die Schicksale in dem Moment nicht an sich heranlassen. Man muss seine Arbeit tun“, sagt Schumacher zum Großeinsatz vor 35 Jahren. „Notfallseelsorge für Rettungskräfte gab es damals noch nicht.“

Zunächst kommt es in Fahrtrichtung Koblenz zum ersten Auffahrunfall, wenig später kracht es auch auf der Fahrbahn Richtung Norden. 155 Fahrzeuge sind an insgesamt drei Stellen beteiligt. Schnell werden zusätzliche Kräfte aus dem gesamten Rhein-Sieg-Kreis, aus Euskirchen und Rheinland-Pfalz nach Miel beordert, die Polizei ruft den Katastrophenalarm aus.

Nur weil sie ihre Fahrzeuge in den Böschungen am Fahrbahnrand zum Halten bekommen, können sich etliche Auto- und Lkw-Fahrer in letzter Sekunden retten. Mehrere hundert Einsatzkräfte von Polizei, Hilfsdiensten, Bundesgrenzschutz und Feuerwehr sowie ein Dutzend Notärzte kämpfen um Menschenleben. Das Trümmerfeld erstreckt sich in beiden Fahrtrichtungen auf insgesamt zwölf Kilometer Länge.

Mit der Dunkelheit zieht die Kälte auf: Auf minus 16 Grad Celsius fällt das Thermometer in der Nacht. Löschwasser und -schaum gefrieren zu Eis. Begleitet vom sonoren Surren der Notstromaggregate werden die Unfallfahrzeuge mit Hilfe von Schwerlastkränen abtransportiert. Der plötzliche Temperatursturz hat Folgen: „Im Zuge dieser Wetterlage fiel linksrheinisch der Funkverkehr mit der rechtsrheinischen Leitstelle komplett aus“, erinnert sich Löhrer. Es handelt sich um analoge Relaisstellen. „Nur wir Malteser in Rheinbach waren dank eigener Zentrale minutiös auf dem Laufenden“, so Löhrer.

Als eine Art Notauffanglager für die Überlebenden sowie für erschöpfte Helfer fungiert die Gaststätte „Zur alten Post“ in Miel. Es gibt heißen Tee, Suppe und Pommes frites – kostenlos. Anwohner versorgen auch die Rettungskräfte auf der A61 selbstlos mit Kaffee, Tee, Suppe und Butterbroten. Erst gegen Samstagmittag ist die A61 in beiden Richtungen wieder befahrbar. Bis heute gilt die Massenkarambolage vom 11. Januar 1985 als die schwerste  Verkehrskatastrophe im Rheinland.

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