Rhein-Sieg-Kreis Projekt Schulsozialarbeit steht auf der Kippe

RHEIN-SIEG-KREIS · "Immer, wenn ich sie brauche, ist sie da", freut sich die fünffache Mutter aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Und sie brauchte in den vergangenen Monaten oft die Hilfe und Unterstützung der Schulsozialarbeiterin Iris Sauer-Jentsch. Wer bezahlt den Beitrag im Fußballverein meines Sohnes?

Woher nehme ich das Geld für Schulbücher und Klassenfahrt? Fragen, die für die 39-Jährige lange unlösbar waren, bis sie vor acht Monaten die Schulsozialarbeiterin kennenlernte. Denn schon das Ausfüllen der Anträge stellte für die Mutter ein großes Problem dar.

Für die Schulsozialarbeiter der Gemeinde Swisttal, Iris Sauer-Jentsch und Günter Mahlberg, kein Thema. "Mit dem Ausfüllen der Anträge können wir den Betroffenen helfen, ihre Ansprüche durchzusetzen", so Sauer-Jentsch.

Seit November 2012 sind sie und Mahlberg in der Gemeinde Swisttal tätig, ihre Verträge sind auf zwei Jahre befristet und laufen bis Ende Juli 2014. Damit sind sie eine Ausnahme bei den fast 1600 Schulsozialarbeitern in Nordrhein-Westfalen, die im Juli 2013 aufhören müssen, da dann die zweijährige Versuchsreihe zu Ende geht.

Finanziert werden sie bisher nämlich aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) der Bundesregierung. Als Anschubfinanzierung stellte der Bund 2011 bundesweit jährlich rund 400 Millionen Euro für zwei Jahre zur Verfügung.

Aus diesem Topf werden auch die Schulsozialarbeiter bezahlt, die Schülern und Schülerinnen Hilfe aufzeigen sollen, wie sie die neuen Möglichkeiten des BuT ausschöpfen und an den Bildungsangeboten teilnehmen können. Dazu gehören neben Mitgliedschaften in Sportvereinen auch Klassenfahrten und Nachhilfe. Gelder aus dem BuT erhalten nur Empfänger von Wohngeld und Hartz IV. Ob ab dem Jahr 2014 noch Geld in diese Stellen fließt, ist derzeit mehr als fraglich.

Um deren Fortbestand kämpft zurzeit eine Online-Petition. Bundesweit mehr als 29 000, in NRW allein rund 26 000 Männer und Frauen, haben bereits unterschrieben, bis zum 1. Juli läuft die Aktion noch. Und es sind nicht nur Betroffene, die die Dringlichkeit einer weiteren Tätigkeit der Schulsozialarbeiter sehen.

"Bei uns haben viele Eltern die Petition unterschrieben, die nicht betroffen sind. Sie fühlen sich solidarisch. Das finde ich gut", betonte Beate Strerath, stellvertretende Leiterin des katholischen Familienzentrums Swisttal. Dass sie auf Sauer-Jentsch und Mahlberg nicht verzichten können, steht auch für Sabine Liebchen, Leiterin des evangelischen integrativen Familienzentrums Heimerzheim, fest.

"Von 50 Kindern erhalten bei uns 19 das Bildungspaket. Dabei geht es nicht nur um das Ausfüllen von Anträgen, sondern auch um eine intensivere Betreuung ihrer Anliegen", so Liebchen. Sie weiß, wovon sie spricht. Denn vor der Anstellung der Schulsozialarbeiter musste sie sich mit dem Verwaltungsamt der Evangelischen Kirche über die Bezahlung des Essengeldes auseinandersetzen. "Das kostete mich 16 Stunden an Mehrarbeit", so Liebchen. Sie und Strerath arbeiten eng mit den Schulsozialarbeitern zusammen.

Die 39-jährige Mutter aus dem Rhein-Sieg-Kreis ist Sauer-Jentsch wegen ihrer Unterstützung sehr dankbar. "Meine Kinder brauchten Nachhilfen, sie wollten auch an den Klassenfahrten teilnehmen. Frau Sauer-Jentsch sprach mit den Lehrern", macht die Mutter deutlich. Auch Bernd Kreuer, Pressesprecher der Gemeinde Swisttal, weiß um die Notwendigkeit der Schulsozialarbeiter.

"Wir brauchen die Unterstützung der beiden nicht nur in der Schule, sondern bereits im Kindergarten. Denn da fangen die Probleme schon an. Es ist ein Netzwerk, das die beiden zu Kindergärten, Jugendorganisationen und anderen Beratungsstellen aufgebaut haben. Das würde dann wegfallen."

Er ist sich aber auch sicher, dass seine Gemeinde, trotz genehmigtem Haushaltssicherungsgesetz nicht die Mittel hat, die beiden Kräfte aus eigener Tasche zu bezahlen. Er hofft auf die Gelder von Bund und Land. Die Stadt Bornheim hat drei Schulsozialarbeiter eingestellt. Sie kümmern sich um rund 650 Anträge. In Alfter nehmen 160 Kinder am Teilhabepaket teil. Meckenheim beschäftigt vier Schulsozialarbeiter, die sich im 180 Kinder kümmern. Rheinbach hat sich nicht daran beteiligt.

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