Redensarten des Rheinlandes Praktische Lebenshilfe und elegante Beschimpfungen

Swisttal-Dünstekoven · Buchautor und GA-Redakteur Jörg Manhold liest im Dünstekovener Dorfsaal aus seinem Buch "Rheinische Redensarten". Unterstützung kam von Sprachwissenschaftler Georg Cornelissen und der Mundartband Jood Jemisch.

Der Autor hat seine Kappe mitgebracht und auf den Lesetisch der Bühne des Dünstekovener Dorfsaals gelegt. Auf Jörg Manholds blauer Kopfbedeckung steht „Make Rhineland great again“. Hinter dem Motto verbirgt sich aber keine obskure Vormachtstellungsfantasie, sondern einfach der Wunsch und auch der Appell, der rheinischen Sprache wieder mehr Geltung zu verschaffen.

Manhold arbeitet fleißig an diesem Ziel. Seit zwei Jahren veröffentlicht der Leiter des Ressorts Region beim General-Anzeiger jeden Samstag seine Kolumne über rheinische Redensarten. Aus dieser Serie ist ein Buch entstanden, das 70 dieser Kolumnen versammelt. Manhold stellte es jetzt in Dünstekoven im Kontext der von der Gemeinde organisierten Swisttaler Lesetage vor. Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner „Mundart ist ein wichtiges Thema in Swisttal. Als Mädchen aus der Eifel unterstütze ich das natürlich gerne.“

Dass die Serie sehr beliebt ist, zeigte nicht nur der voll besetzte Saal, der von der örtlichen KG kostenlos zur Verfügung gestellt worden war. Er erhalte nach jeder Kolumne große Resonanz – überwiegend positive, berichtete der Autor im Gespräch mit Georg Cornelissen, Sprachforscher beim Landschaftsverband Rheinland. Manhold ist Rheinländer durch und durch: in Duisburg geboren, in Köln getauft, in Heimerzheim zweisprachig aufgewachsen, wo er die Mutter vor unlösbare Rätsel stellte („Mama, lue ens“), jetzt mit seiner Familie in Geislar lebend. „Ich gehöre ja zu der Generation, der man versucht hat, in der Schule den Dialekt auszutreiben“, erzählt er. Auch dank BAP in der Jugend sei dies aber nicht gelungen. Die rheinische Sprache biete die elegante Gelegenheit, Mitmenschen zu beschimpfen, ohne sich eine Klage wegen Beleidigung einzuhandeln: Schön Jeföhnter, Sackjeseech, Kniesbüggel, Blötschkopp, Fiese Möpp, Tüütenüggel und Nöttelefönes. Den schönsten Beleidigungen hat Manhold im Buch ein Kapitel gewidmet.

Warum er sich für den Untertitel „Der rheinische Glücksratgeber“ entschieden hat, erläuterte der Autor so: „Wenn man all die Redensarten beherzigt, muss man einfach glücklich werden.“ Praktische Lebenshilfe eben. Wie etwa „Leever eene, der mötjeeht, als zwei, die nohkomme“, „Dat moss ich mem Höhnerkläuche krije“, „Ovends danze un springe, morjens de Botz net finge“ oder „Maach höösch“, der Appell, sich nicht stressen zu lassen.

Cornelissen näherte sich dem Thema wissenschaftlich: Rheinisch sei eine eigene Sprache mit Grammatik, Lautung, Rechtschreibung und Redensarten. Mutterwitz und Sprachmelodie, so ergänzte Manhold aus eigener Erfahrung, verrieten den Rheinländer aber auch fernab der Heimat.

Die Heimerzheimer Band Jood Jemisch lockerte die Lesung mit kölschen Liedern auf, darunter die Swisttal-Version von Rod Stewarts „Sailing“ – „He is Heimat“. Mehr Heimatgefühl geht nicht.

Rheinische Redensarten: Jörg Manhold, Edition Lempertz, 173 Seiten, 9,99 Euro

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