Bildung in Swisttal Kein Geld für die Schulsozialarbeit

SWISTTAL · Weil das Land NRW das Projekt nur zu 60 Prozent fördert, will die Gemeinde Swisttal es trotz guter Erfahrungen einstellen

 In unruhigem Fahrwasser bewegt sich die Schulsozialarbeit: Der Vertrag von Günter Mahlberg und Iris Sauer-Jentsch, hier bei der Präsentation eines Schulprojekts, läuft voraussichtlich Ende Juni aus.

In unruhigem Fahrwasser bewegt sich die Schulsozialarbeit: Der Vertrag von Günter Mahlberg und Iris Sauer-Jentsch, hier bei der Präsentation eines Schulprojekts, läuft voraussichtlich Ende Juni aus.

Foto: Roland Kohls

Was sich bereits seit längerem angedeutet hat, scheint nun ernst zu werden: Die Gemeinde Swisttal wird die Verträge der beiden Schulsozialarbeiter voraussichtlich nicht verlängern können. In der Beschlussvorlage für die Sitzung des Schulausschusses am Mittwoch heißt es, dass die Arbeitsverhältnisse zum 30. Juni enden.

"Es ist nicht so, dass wir nicht von der Sinnhaftigkeit der Schulsozialarbeit überzeugt wären", sagt Gemeindesprecher Bernd Kreuer. "Das Problem ist, dass wir als haushaltsschwache Kommune einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept unterliegen. Wir können und dürfen die freiwilligen Ausgaben nicht ausweiten." Und unter diese fällt nach Auffassung der Gemeinde, die auch der Rhein-Sieg-Kreis bestätigt habe, die Weiterbeschäftigung der zwei Schulsozialarbeiter Günter Mahlberg und Iris Sauer-Jentsch, die im November 2012 ihre Arbeit aufgenommen hatten.

Bis Ende 2014 hatte der Bund die Kosten als Teil des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) übernommen, das es Kindern aus Familien mit geringem Einkommen ermöglichen sollte, bei Ausflügen und Ferienfreizeiten mitzufahren, Sport- und Musikangebote zu nutzen, am Mittagessen in der Schule oder im Kindergarten teilzunehmen oder Nachhilfe zu bekommen. Die Schulsozialarbeiter halfen Eltern bei der Inanspruchnahme solcher Leistungen. Als die Finanzierung auslief, schoben sich Bund, Land und Kommunen gegenseitig die Verantwortung zu, wer die Kosten weiter übernehmen solle. Ende 2014 sagte das Land schließlich eine Förderung für die kommenden drei Jahre in Höhe von jährlich 48 Millionen Euro zu - doch das reicht nicht.

Die Krux sei der Eigenanteil der Gemeinde, sagt Kreuer. Laut Beschlussvorlage würde das Land Nordrhein-Westfalen die Stellen zu 60 Prozent fördern, das heißt 40 Prozent der Kosten müssten die Kommunen selbst tragen. Demnach beliefe sich der Eigenanteil auf knapp 26 000 Euro im Jahr pro Sozialarbeiterstelle. Beide Stellen würden Swisttal also fast 52 000 Euro kosten. Nur wenn die Gemeinde auf andere freiwillige Leistungen verzichten würde, wäre es ihr möglich, die Stellen zu finanzieren.

"Kompensationsmöglichkeiten" sind jedoch laut Beschlussvorlage "nicht vorhanden." Angesprochen auf das Beispiel der Nachbarkommune Meckenheim, die die Vergnügungssteuer erhöht, um die Schulsozialarbeit zu finanzieren, sagt Kreuer: "Meckenheim hat nicht die Haushaltsprobleme wie wir. Bei uns geht es nicht wegen des Haushaltssicherungskonzeptes." CDU-Vorsitzender Wolfgang Heller bedauert, dass die Sozialarbeiter nicht weiter beschäftigt werden können: "Wir halten die Hilfe zur Umsetzung des Teilhabepakets für äußerst dringlich, weil dadurch den Schwächsten in unserer Gesellschaft geholfen wird. Umso bedauerlicher ist es, dass das Land von den Kommunen eine 40-prozentige Eigenbeteiligung erwartet, wohl wissend, dass diese freiwillige Leistung von Gemeinden im Haushalssicherungskonzept wie Swisttal nicht erbracht werden darf." Der Bund habe Sozialleistungen vom Land übernommen, so dass das Land die Schulsozialarbeit zu 100 Prozent hätte weiter finanzieren können. Heller fragt: "Sieht so das Versprechen unserer Ministerpräsidentin aus, dass kein Kind zurückgelassen wird?"

Die SPD will laut ihrem Vorsitzenden und Ratsherrn Tobias Leuning zumindest eine Stelle retten. Am sinnvollsten sei diese an der Sekundarschule aufgehoben, sagt er. Beide Stellen zu erhalten, sei problematisch. Dafür seien größere Umschichtungen bei den freiwilligen Leistungen im engen Haushalt notwendig.

BfS-Ratsfrau Ursula Muckenheim würde die beiden Sozialarbeiter am liebsten behalten. Nun sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Stellen doch noch zu finanzieren, sagt sie. Das werde auch innerhalb der BfS noch ausführlich besprochen.

Auch Ratsherr Karl Krahé von den Grünen bewertet die Schulsozialarbeit positiv und möchte sie fortführen. Aber im Moment wisse man noch nicht, wie die Sache gegenfinanziert werden solle.

Monika Wolf-Umhauer von der FDP sagt: "Die Schulsozialarbeit ist ganz wichtig. Aber ich weiß nicht, wo wir das Geld hernehmen sollen."

Rückzahlung vom Bund

Rund 1,7 Millionen Euro aus dem Bildungs- und Teilhabepaket fließen wie berichtet zurück in den Rhein-Sieg-Kreis. Der Bund hatte die Summe 2012 einbehalten, da die Kommunen weniger Geld abgerufen hatten als erwartet. Dagegen hatte das Land NRW geklagt und jüngst vom Bundessozialgericht Recht erhalten. Der Bund muss nun rund 70 Millionen Euro an die NRW-Kommunen zurückzahlen. Ob diese Mittel in den Kommunen für die Schulsozialarbeit verwendet werden dürften, kann der Kreis noch nicht beantworten: " Wir müssen erst noch den Eingang einer offiziellen Information abwarten", sagt Sprecherin Katja Eschmann auf GA-Anfrage.

Weitere Mittel aus der sogenannten Soforthilfe des Bundes (der GA berichtete) helfen der Gemeinde Swisttal laut Sprecher Bernd Kreuer für die Schulsozialarbeit nicht weiter. Zwar sollen in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 26 000 Euro an die Gemeinde fließen - also genau die Kosten für eine Schulsozialarbeiterstelle - und 2017 sogar 100 000 Euro, doch aufgrund des Haushaltssicherungskonzepts sei die Gemeinde verpflichtet, dieses Geld für die Gesamtdeckung des Haushalts zu verwenden , so Kreuer.

Schulsozialarbeit im Kreis

Im linksrheinischen Kreis beschäftigen Bornheim (zwei Stellen), Meckenheim (3,4) und die Gemeinde Swisttal (zwei Stellen) Schulsozialarbeiter. Rechtsrheinisch sind es Eitorf (4,6 Stellen), Hennef (3,6), Königswinter (0,5 Stellen), Lohmar (3), Neunkirchen-Seelscheid (1,4), Niederkassel (2), Sankt Augustin (2), Siegburg (2) und Windeck (2 Stellen).

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