Reisen wie zu Urgroßvaters Zeiten Historische Kutschen auf der Burgenfahrt in Swisttal

SWISTTAL · Historische Traditionsgespanne präsentieren sich mit Eleganz und Noblesse bei der Burgenfahrt in Swisttal. Vielen kam es vor, als sei die Zeit zurückgedreht.

 S-Burgenfahrt FSC Hubertushof: KUtschfahrer aus ganz Deutschland treffen sich in Hohn. Gestartet wird nacheinander

S-Burgenfahrt FSC Hubertushof: KUtschfahrer aus ganz Deutschland treffen sich in Hohn. Gestartet wird nacheinander

Foto: Axel Vogel

Historische Gespanne, Kutscher, Beifahrer und Passagiere in historischer Kleidung vor der malerischen Kulisse von Feld, Wald und Wiesen, Burgen und ehemaligem Kloster aus dem 12. Jahrhundert – dies sind die Zutaten zu einem ganz besonderen Event: der Burgenfahrt mit Traditionsgespannen, zu dem der Fahrsportclub (FSC) Hubertushof zum achten Mal eingeladen hatte. 17 historische Gespanne aus ganz Deutschland und aus dem Nachbarland Belgien starteten am Samstagmorgen von Gut Hohn in Swisttal-Hohn aus zur sogenannten Picknicktour. Sogar 26 Gespanne waren es zur sonntäglichen Ausfahrt.

„Das war früher so: Man fuhr aus mit seinen Gespannen, machte Halt auf einer Wiese, breitete die Decke aus, aß und trank“, erläuterte Otto Althausen, Vorsitzender des FSC Hubertushof, zur Bezeichnung der morgendlichen Ausfahrt. Kerstin Schneider und Hanns-Georg Mostert aus Rheinbach legten noch letzte Hand an ihren Lady’s Phaeton aus Frankreich, Baujahr etwa 1900. „Das war früher ein Damensportgerät“, so Kerstin Schneider.

Auffallend sind die Farbe in Blau- und Türkistönen. „Das ist tatsächlich die Ursprungsfarbe, die wir unter der Überlackierung gefunden haben“, sagte sie. Viel Arbeit hatte das Ehepaar Schneider/Mostert in die Restaurierung gesteckt. Das jetzt elegant-leichte Gespann habe zuvor „klotzig gewirkt, weil es hinten tief hing“. Es musste nicht nur die Polsterung erneuert werden. Auch Holzteile wurden ergänzt und Federn gesprengt, erklärten sie. Gezogen wurde der Lady’s Phaeton von Stute Mara, erfahren in Tausenden von Kilometern als Zugpferd von Hochzeitskutschen oder Ausfahrten für Maikönigspaare, so Mostert.

Historisches Kutschentreffen in Swisttal
29 Bilder

Historisches Kutschentreffen in Swisttal

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Bei der achten Burgenfahrt waren die Gespanne ebenso vielfältig wie die vorgespannten Pferde. Der sogenannte Doktorwagen aus der Zeit der Jahrhundertwende, mit dem Ärzte zu ihren Patienten fuhren, war ebenso vertreten wie Landauer, Spider Phaeton, Break de Chasse, Baden-Württemberger Kaufmannswagen, Shooting Break, Parkwagen, Siamesen-Phaeton, Roof-Seat-Break, Wagonette Variable oder Jagdwagen. Die Rassen der Zugpferde waren unter anderem Ungarisches, Polnisches und Schweres Warmblut, Quarter Horses, Friesen, Alt-Oldenburger, Moritzburger, Araber und Huzulen. Mit einer Dos-à-Dos von 1905, gezogen von einem Moritzburger, nahm zum Beispiel Familie Anne und Alexander Stier aus Bonn teil. „In einem Dos-à-Dos sitzen die Beifahrer Rücken an Rücken“, sagte Althausen. Auch bei den ersten Automobilen waren die Sitzbänke so angeordnet.

Die andere Version ist Vis-à-Vis, wo sich Beifahrer anschauen, eben Vis-à-Vis sitzen, wie bei dem Zweispänner von Hubert Klüser aus Morsbach. Der Mylord, Baujahr etwa 1915, von Michael Meloth aus dem hessischen Weilrod, kann in seiner Historie auf eine Zeit als Fiaker in Wien zurückblicken. Der Landratswagen von Peter Lange aus Salzkotten, Baujahr 1913, stammt aus Norddeutschland und hatte ursprünglich keine Bremse. Eine Trommelbremse wurde nachträglich eingebaut.

Apropos Bremse: Wie man ein Gespann mit dem linken Vorderrad exakt auf einem Kanaldeckel zum Stehen bringt, ohne die Bremse einzusetzen, war eine der Aufgaben, die die Teilnehmer während der sonntäglichen Fahrt zu absolvieren hatten. Oder ein Glas Sekt von einem Ständer zu nehmen, auszutrinken und auf einem anderen wieder abstellen – während der Fahrt natürlich. „Das sind keine Aufgaben, die wir uns einfach ausgedacht haben. Die haben wir so in Berichten aus dem Jahr 1910 gefunden“, sagte Althausen. Der Vorsitzende des FSC Hubertushof machte deutlich, worin die Faszination dieses nicht alltäglichen Hobbys besteht, das im FSC 65 Mitglieder betreiben: Eine Freude sei es, in der schnelllebigen Zeit mit dem eigenen Gespann auf schönen Wegen entschleunigt zu fahren, so wie es in früheren Zeiten üblich war, und an Orten vorbeizukommen, die von dieser Zeit erzählen. Dafür finden sie in Swisttal ideale Gegebenheiten mit Feldwegen zwischen Gut Hohn, der Reitanlage Brünker, Burg Morenhoven und Gut Capellen.

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