Morenhovener Kabaretttage Fulminantes Swisttal-Gastspiel der Italienerin aus Oberhausen

SWISTTAL-MORENHOVEN · Carmela de Feo fasziniert mit konzentrierter Weiblichkeit, ihr Kölner Kabarett-Kollege Kai Spitzl setzt auf Satire - zwei Künstler begeistern das Publikum im ausverkauften Morenhovener Kreaforum.

Sie kommt von Oberhausen wech, iss aber eigentlich Italienerin. Er sagt von sich, er habe schon die ganze Welt gesehen – vor allem die asiatische. Sie ist nach der Vorstellung ohne hochgeschlossenes Schwarz, ohne Haarnetz, Akkordeon und Schönheitsfleck kaum mehr wiederzuerkennen. Er braucht in der Garderobe nur mal eben seinen Anzug gegen Casual einzutauschen, bevor er sich auf den Heimweg macht.

Was Carmela de Feo alias La Signora und Kai Spitzl von Natur aus trennt, sind ihre konzentrierte Weiblichkeit und sein souveränes Gardemaß. Was sie eint: Sie überzeugten ihr Publikum im ausverkauften Kreaforum. Jeder auf seine ganz eigene unnachahmliche Art. Das ist bei der „Außeritalienischen“ – so nennt sich La Signora mitunter – eine ausgeprägte Bewegungs- und Mitteilungsfreude.

„Die Schablone, in der ich wohne“ heißt ihr aktuelles Solo, das in Wahrheit gar keines ist. Denn genau aus dieser Schablone steigt sie beherzt heraus. Kurzum: La Signora möchte etwas erfahren über die Leute, die ihre extensiven Verrenkungen „mit der Grazie neapolitanischer Eseltreiber“ und ihr fulminantes Spiel mit dem „treuen, tastenreichen Gefährten“ erleben. Und wir, die wir das tun, erfahren bei dieser Gelegenheit, dass Schlagfertigkeit ein weiterer ihrer Vorzüge ist.

La Signora ist italienisch-theatralisch

Was sollen die Leute nur herumsitzen? Sie können, wenn sie schon mal da sind, ja auch gleich was zur allgemeinen Unterhaltung beitragen. Den anderen von ihrer Küchenmaschine oder ihrem Gasgrill erzählen, die für einen vierstelligen Betrag zu haben sind. Und ein bisschen Verständnis mitbringen, wenn die Künstlerin schonungslos offenbart, dass sie sich ihr Leben als Showgirl irgendwie doch einfacher vorgestellt hatte.

Die Faust gegen die Stirn gepresst, in schierer Verzweiflung, über die sie im nächsten Moment selbst lachen muss. Und wir mit ihr. Mag die Signora an sich – „farbenfroh wie die Sixtinische Kapelle und fertig wie das Colosseum“ – eine Schablone sein: Carmela de Feo wohnt gut und gerne dort. Das darf auch jeder wissen.

Geschichten wie aus dem Satiremagazin

Derweil verbindet ihr Kollege aus Köln mit dem Ruhrgebiet nach wie vor äußerst gemischte Gefühle. Kabarett im Spaßbad von Dorsten, das Publikum dem Anlass entsprechend gekleidet? Das tut weh. Geradezu traumatisch und allzu verständlich, hat man Kai Spitzl über gut 100 Minuten aufmerksam zugehört. Folgt man dem von ihm ausgelegten roten Faden – von der durch die Bank völlig überbewerteten Evolution und unser aller schuppigen Urahnen über die Vroni vom Solinger Kartoffelhof und ihren Mann, dem Carsten (jetzt ohne Schnurri), bis zum Trendsport „Volkslauf“ – könnte man meinen, durch ein Satiremagazin zu blättern. Süffisant und voller Lust an gepflegter Boshaftigkeit.

Einer wie Kai Spitzl kann Jamaika, Merkel und Lindner locker links liegen lassen und sich stattdessen dem größeren Ganzen zuwenden. „Systemfehler Globalisierung“ heißt das Programm, mit dem der einzige Debütant im Krea-Jubiläumsjahr nun seine Visitenkarte abgegeben hat. Alle Achtung! Auch wenn er sich damit nicht eine gefühlte Viertelstunde lang vor uns zu verbeugen braucht, wie es in Japan so Brauch ist. Während die Südkoreaner immer und überall die Ersten und Besten sein wollen und die Chinesen Gletscher föhnen, um die US-amerikanische Wirtschaft in Sachen Klimawandel das Fürchten zu lehren.

Ja, der Mann hat den Globus bereist. Er will Niveau sehen, und er fordert das auch ein. Der Abend verlangt nach Konzentration, um dieses Vergnügen vollends auskosten zu können. Allgemeinbildung ist da sicher kein Fehler. Herzhaft zu lachen aber auch nicht.

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