Ehemaliger WDR-Intendant Friedrich Nowottny An Wiedervereinigung glaubte er nicht mehr

SWISTTAL-BUSCHHOVEN · Der 79-jährige Fernsehjournalist spricht in Buschhoven mit dem ehemaligen Bürgermeister Eckhard Maack über den November 1989, die deutsche Einheit und die Folgen für die Menschen in Ost und West.

 Blicken in Buschhoven auf den Tag des Mauerfalls zurück: (v. l.) Petra Kalkbrenner, Friedrich Nowottny und Eckhard Maack.

Blicken in Buschhoven auf den Tag des Mauerfalls zurück: (v. l.) Petra Kalkbrenner, Friedrich Nowottny und Eckhard Maack.

Foto: Matthias Kehrein

Nicht selbstverständlich, nicht einmal mehr erwartet, kamen 1989 der Mauerfall und später die Wiedervereinigung. Noch heute, knapp 29 Jahre später, wissen viele, wo und wie sie einst von der Grenzöffnung erfahren haben. Journalist Friedrich Nowottny war damals Intendant des WDR und schon vorher stets dicht am politischen Zeitgeschehen. Er hatte zahlreiche Akteure jener Zeit getroffen und interviewt. In einem Gespräch mit Swisttals ehemaligem Bürgermeister Eckhard Maack erzählte er nun im Rahmen der Swisttaler Lesetage von dieser bewegten Zeit.

Gemeinsam war den beiden Männern auf der Bühne im katholischen Pfarrzentrum die persönliche Verbindung in den Osten, wie Maack (67) betonte. Nowottny wurde vor 79 Jahren im oberschlesischen Hindenburg, heute Zabrze in Polen, geboren. Maack hatte familiäre Bande nach „drüben“, sein Vater stammt aus Mecklenburg.

„Ich bin oft in die DDR gefahren“, erinnerte der ehemalige Bürgermeister sich. Genau dort war Nowottny, als am späten Abend des 9. November 1989 sich die Tore der Grenzübergänge in Berlin öffneten. Anlässlich einer Ausstellung war der WDR-Intendant nach Leipzig gefahren. Noch heute berichtet er von der Euphorie der Menschen, als diese Nachricht richtig „eingeschlagen“ sei. Manche konnten es zuerst gar nicht glauben. Auch Maack ist dieser Moment noch vor Augen. Er war damals Beigeordneter und von einem Termin unterwegs zwischen Ollheim und Heimerzheim und erfuhr die sensationelle Nachricht über das Autoradio.

„Als ich hörte, dass die Mauer offen ist, war ich gerührt“, so Maack. Weder er noch Nowottny hätten damit gerechnet. „Haben Sie selbst noch an eine Wiedervereinigung geglaubt?“, fragte Maack den Gast. Der verneinte. Gerade durch seine engen Kontakte zum politischen Bonn habe er eine solche Entwicklung sehr bezweifelt.

"Prozess der Wiedervereinigung dauert an"

Die meisten Menschen in Deutschland hätten wohl die Hoffnung nach Jahrzehnten der Teilung längst aufgegeben. So selbstverständlich sei die Wiedervereinigung auch im November 1989 nicht gewesen, es habe durchaus Kräfte gegeben, die bis zum Schluss versucht hätten, die deutsche Einheit zu verhindern. Dramatische Wochen, an die sich auch viele Anwesende lebhaft erinnerten. „Das wird immer wieder unterschätzt“, sagte Maack.

Und heute? „Der Prozess der Wiedervereinigung dauert noch an“, meinte Nowottny auf die Frage, ob sich die Hoffnungen der Menschen erfüllt hätten. Erinnerungen und der Blick in die Zukunft gehörten daher auch an diesem Nachmittag zusammen.

Was von der DDR geblieben ist, brachten einige der Besucher in persönlichen Memorabilien mit. Auf einem Tisch versammelten sie neben verschiedenen Büchern das Ampelmännchen, den Sandmann und ein Foto eines Treffens zwischen Nowottny und Erich Honecker.

Maack hatte sich für Musik entschieden. Wolf Biermanns „Wartet nicht auf bessere Zeiten“ stellte er dem Dialog voran. Und er rief ins Gedächtnis, wie unterschiedlich die beiden Teile Deutschlands einst waren. Dazu las er das Fazit des Buches „Reise in ein fernes Land“ von Marion Gräfin Dönhoff vor.

Später sprachen die Besucher mit Nowottny und Maack auch über die Gegenwart in den östlichen Bundesländern. Eine gewissen Frustration sei dort auszumachen. Ein Gefühl, das nachvollziehbar, aber nicht realistisch sei, so das Fazit der Runde.

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