Rheinbach-Queckenberg und Loch Zu Besuch in der "Rheinbacher Schweiz"

RHEINBACH-QUECKENBERG/ LOCH · Dort wo die Locher Allee auf der Anhöhe den Waldrand erreicht, bietet sich der schönste Blick auf Queckenberg und Loch. Das Dorf, aus dem einige Fachwerkbauten hervorstechen, schmiegt sich an den gegenüberliegenden Hang. Auf den Weiden grasen Pferde, ein Traktor tuckert übers Feld. Es ist der Lieblingsplatz von Ortsvorsteherin Ilka Rick. Wer von hier auf die Orte blickt, versteht, warum Rick Loch und Queckenberg die "Rheinbacher Schweiz" nennt.

 Ländlich und im Grünen: Der Innenhof eines Fachwerkhauses.

Ländlich und im Grünen: Der Innenhof eines Fachwerkhauses.

Foto: Wolfgang Henry

Wer Ruhe und Naherholung sucht, ist auf den Feld- und Waldwegen um den Doppelort genau richtig. Der jungen Reiterin, die auf einem steilen Waldpfad mit einem schnaubenden Ross herangaloppiert kommt, weicht der Wanderer schnell aus. Ruhiger lassen es zwei ältere Herren angehen, die auf einer Bank oberhalb der Madbach-Talsperre mit ihren Hunden sitzen und in rheinischer Mundart übers Wetter klönen.

Im Ortsteil Queckenberg leben laut der Stadt Rheinbach 826 Einwohner (Stand 30. Juni 2013). Neben dem eigentlichen Dorf gehören zur Ortschaft die Siedlungsplätze Eichen, Hardt, Loch, Sürst und Haus Winterburg. Wie viele der Rheinbacher Ortsteile ist Queckenberg landwirtschaftlich strukturiert und zudem Wohnort für Pendler nach Rheinbach, Meckenheim, Bonn und die Kölner Bucht. Zwei große und einen kleineren landwirtschaftlichen Betrieb gibt es hier und zwei Läden. Der eine, unten an der Locher Straße, vertreibt Rasenmäher, Häckselmaschinen und Kettensägen. Der andere, oben nahe der Madbachtalsperre, Obst, Gemüse und Getränke, meist aus heimischer Produktion.

Viel Landschaft und einen malerischen Stausee hat der Ortsteil zu bieten. Aber für junge Leute ist nicht viel los. "Queckenberg altert", räumt die Ortsvorsteherin ein. Sie wirbt dafür, "dass wir das attraktiver gestalten". Das ist leicht gesagt. Die Internetanschlüsse beispielsweise sind nicht die schnellsten, und die drei hier tätigen Anbieter machen kaum Anstalten, dem abzuhelfen.

Der Rundgang durchs Dorf führt an drei ehemaligen Kneipen-Grundstücken vorbei. Darunter auch die ausgebrannte Ruine des "Ausgesteckt", das seinen Namen von seinen österreichischen Betreibern hatte. Mit seinem schönen gepflasterten Innenhof war es mal ein Anziehungspunkt auch für Touristen. Heute fehlt eine solche Wirtschaft. Es blühen aber auch Anzeichen für Neubelebung, Fortschritt und Rückbesinnung auf. Der Kindergarten "Sumsemann" wurde kürzlich mit viel elterlicher Eigeninitiative gemäß den neuen gesetzlichen Bestimmungen umgebaut. "Wir sind froh und stolz, dass wir so aktive Eltern haben", sagt die Leiterin Brunhilde Surges. Es gibt nun einen Ruheraum, vor allem für die unter Dreijährigen, und eine Küche. Drei Erzieherinnen betreuen hier 23 Kinder.

Direkt daneben steht eine der Attraktionen des Ortes: die Madbachhalle. "Darum beneiden uns andere Ortschaften", weiß Rick, denn ähnliche Kapazitäten für größere Feste haben nicht viele. "Wir haben darum gerungen", erzählt die Ortsvorsteherin. Jetzt buchen auch Veranstalter aus Nachbarorten die Mehrzweckhalle, in der es neben dem großen Saal auch eine kleinere "Stube" für Vereins- und Familienfeste gibt.

Vor vier Jahren wurde der Junggesellenverein "Eintracht Loch" wiederbelebt. Er richtet die Kirmes im September aus, an Ostern werden die unverheirateten Frauen "versteigert" (Mailehen) und in der Mainacht die Maibäume aufgerichtet. Auch der Sportverein Rot-Weiß Queckenberg bejubelt seine Wiederauferstehung: "Dornröschen schlief 100 Jahre, der RWQ gefühlte 1000" heißt es auf der Internetseite. Die Fußball-Seniorenmannschaft vom "Mount Queck" freut sich über ihr Comeback in der C-Liga. Das kommt passend zur 50-Jahr-Feier im September. Der Sportplatz ist ohnehin "Spitze", gilt er doch auf 370 Metern über dem Meer als der höchstgelegene im Rhein-Sieg-Kreis.

Zum lebhaften Vereinsleben gehört der Gesangverein "Cäcilia". "Eine tragende Säule im gesellschaftlichen Leben des Ortes" nennt ihn Autor Robert Thomas in seinen "Beiträgen zur Geschichte der Stadt Rheinbach". Ilka Rick ergänzt, dass er auch viele Sänger von außerhalb anziehe.

Auch die Tradition kommt nicht zu kurz: Viele Bürger aus Queckenberg/Loch fühlen sich dem heiligen Josef verbunden. Als im Jahre 1945 die amerikanischen Truppen in Schweinheim standen, legten die Einwohner von Queckenberg ein feierliches Gelöbnis ab: Wenn der Ort von Zerstörungen verschont bliebe, werde man jedes Jahr am Josefstag eine Prozession veranstalten. So geschieht es bis heute am 19. März von der 1753 erbauten und 1832 beziehungsweise 1916 erweiterten Josefskapelle aus.

Liegt der Nibelungenschatz in Loch?

Ihre Spaten benutzen die Leute in Loch und Queckenberg allenfalls für die Gartenarbeit. Keiner kommt auf die Idee, auf der Pferdekoppel an der Straße "Alte Höhle" nach dem sagenhaften Schatz der Nibelungen zu graben. Doch halt! "Alte Höhle"? Ist das nicht ein Fingerzeig auf dunkle, unterirdische Geheimnisse? Der Hobby-Historiker Rudolf Patzwaldt jedenfalls ist überzeugt, dass unter dieser unscheinbaren Wiese der Nibelungenhort liegen müsste, der nach Auffassung der meisten Geschichtswissenschaftler - wenn überhaupt - viel weiter südlich irgendwo im Rhein versenkt worden sein soll. Damit wollte der Bösewicht Hagen verhindern, dass Kriemhild, die Witwe des von ihm ermordeten Siegfried, sich mit Hilfe des Schatzes rächen könnte.

Als Beweis zitiert Patzwaldt das Nibelungenlied: Hagen "sancte den Hort ze Loche in den Rhein". Ein Loch im Rhein? Nein, Loch bei Rheinbach sei gemeint, ist sich Patzwaldt sicher. Und er stützt sich auf eine ausführliche Sprach- und Textexegese, nicht nur des Nibelungenlieds, sondern auch anderer mittelalterlicher Dichtungen wie der Edda oder der Thidrekssaga. In der Edda heiße es, "Siegfried wurde erschlagen südlich des Rheins". Doch sei das "h" in "Rhein" hier ebenso sinnentstellend eingefügt worden, wie es eigentlich auch im Ortsnamen "Rheinbach" nichts zu suchen habe. Letzteres liege ja bekanntlich nicht am Rhein und sei sprachlich auf "Reginsbach" zurückzuführen. Stark verkürzt dargestellt kommt Patzwaldt so auf Loch bei R(h)einbach.

In der Edda findet er einen weiteren Hinweis: Auf Kriemhilds Frage nach dem Verbleib des Horts antwortet Hagen: Eher würden "der Wolf und der Bär des Hortes walten" als Kriemhild. Und da Wolf und Bär Höhlen mögen, sind wir zurück an der "Alten Höhle" zu Loch, wo mittelalterliche Bergwerksstollen vermutet werden. Der Marburger Germanist Joachim Heinzle nannte diese Thesen schon vor Jahren "wissenschaftlich gesehen kompletten Unfug". Patzwaldt jedoch hat seine Theorie patentieren lassen und hält sich so für den eigentlichen Finder und Eigentümer des Schatzes.

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