JVA Rheinbach Swisttaler Gospelchor singt mit Häftlingen

Rheinbach · Singen macht glücklich. Das gilt auch für die 18 Männer des Häftlingschors der Justizvollzugsanstalt Rheinbach. Mit den harten Sängerknaben veranstaltete der Swisttaler Gospelchor Joy'n'Glory einen Workshop.

 Sänger des Swisttaler Chores "Joy ´n´Glory" üben gemeinsam mit Häftlingen der Justizvollzugsanstalt Rheinbach.

Sänger des Swisttaler Chores "Joy ´n´Glory" üben gemeinsam mit Häftlingen der Justizvollzugsanstalt Rheinbach.

Foto: Susanne Träupmann

„When the Saints Go Marching In“: leidenschaftlich und mit voller Inbrunst sangen 25 Männer und Frauen das bekannte Spiritual des weltberühmten Jazzers Louis Armstrong. Dabei war die Zusammensetzung des Chors ebenso ungewöhnlich wie der Ort der Probe. Der Swisttaler Gospelchor Joy'n'Glory veranstaltete mit seinen Sängern bereits zum vierten Mal einen Workshop für Häftlinge der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rheinbach.

Zwölf der 18 Mitglieder des JVA-Chors lauschten den stimmlichen und gesangstechnischen Anweisungen von Joy'n'Glory-Chorleiterin Monica Schneider-Henseler. Vier Lieder wurden einstudiert und dafür immer abschnitts- oder zeilenweise geübt, bis jeder Ton die richtige Höhe und Kraft hatte. Den perfekten Sound präsentierten die Swisttaler Sänger gemeinsam mit den Häftlingen in einem Gottesdienst von JVA-Pfarrer Stefan Schwarz.

Die zu erlernenden Gospels waren nicht immer einfach. Da half es, dass hier und da die Mitglieder von Joy'n'Glory den Häftlingen vorsangen, wie sich einzelne Passagen anhören sollten. So zum Beispiel bei „Total praise“ („Der Herr gibt mir Ruhe in Zeiten des Sturms und ist die Quelle meiner Kraft“), bei dem sich der leise, zarte und kaum hörbare Einstieg allmählich zu einem musikalisch anschwellenden Sound entwickelt. „Die Stimmlage muss höher sein“, machte Schneider-Henseler, die mit Joy'n'Glory erstmals im Jahr 2013 eine Messe in der JVA musikalisch gestaltet hatte, deutlich.

Die Häftlinge sind begeistert bei der Sache

„Für uns ist es immer wieder toll, hier zu sein. Denn dann hat unser Chor endlich einmal einen Überhang an Männerstimmen. In den vergangenen Jahren hatten wir unter den Häftlingen auch immer mal wieder richtig gute Stimmen dabei“, so die 49-jährige Buschhovenerin. Begeistert ist sie stets vom Enthusiasmus der Häftlinge, die mit Herz und allen Sinnen ihr Bestes geben.

Wie Mario (45), der in der Schule in Musik zwar eine Sechs hatte („Mit Notenlesen hatte ich es nicht so“), aber „Lieder, die ich höre gut nachsingen kann“. Ihm bietet sein Engagement im Gefangenenchor nicht nur die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen, sondern auch Abwechselung im Anstaltsalltag. „Beim Workshop vergisst man ein wenig das tägliche Allerlei. Die Mischung zwischen Menschen von draußen und Insassen ist schon gut“, sagt er. Wenn alles gut läuft, war es für ihn der letzte Gospel-Workshop, denn er hofft auf eine vorzeitige Entlassung Ende des Jahres.

Als Pianist Sebastián Rodriguez die ersten schnellen Takte der temperamentvollen Filmmusik „I Will Follow Him“ aus „Sister Act“ anschlägt, konzentrieren sich die Sänger auf die rasante Taktfolge. „Der Song knallt richtig rein, das müssen wir auch so bringen“, erklärt Schneider-Henseler den „richtigen“ Sound. Einige Strophen werden zunächst als Sprechtext geübt, um die Schnelligkeit einzustudieren. „1, 2, 3 – Ihr müsst singen, als ob Ihr es eilig hättet“, macht die Chorleiterin ihren Sängern klar.

Die Anweisungen versucht Ulf (56) konzentriert umzusetzen. „Ich singe gerne, weil es einfach Spaß macht. Deshalb bin ich hier auch im Chor. Außerdem bringt die wöchentliche Probe Abwechselung vom Knastalltag“. Den Workshop hat er sich gewünscht. Genau wie Michalis (48) und Michael (50) sowie die anderen Sänger des JVA-Chore. Michael sprechen die religiösen Inhalte der Gospels und Spirituals an. „Ich bin schon ein wenig religiös angehaucht. Darüber hinaus verbreiten diese Lieder gute Laune. Sie bringen mich auf andere Gedanken“.

Auch im nächsten Jahr wird es einen Workshop geben

Mit geschlossenen Augen sitzt derweil Gefängnisseelsorger Gregor Heuer auf einer der Bänke und lauscht. Seit 2009 kümmert sich der 63-Jährige um die Einsitzenden der JVA an der Aachener Straße, seit 2012 ist er zudem als Gemeindereferent in der Pfarrkirche Sankt Martin tätig. „Auch wenn der Workshop für uns einen höheren Personalaufwand bedeutet, bieten wir ihn einmal im Jahr an, weil er den Häftlingen Spaß macht“.

Spaß macht er auch immer wieder den Sängern Joy'n'Glory. „Es ist nicht nur ein Vergnügen, beim Gesang endlich mal genügend Manpower zu haben. Von den Häftlingen kommt auch so viel zurück. Nach unserer Veranstaltung im vergangenen Jahr haben sich einige Gefangene bei uns bedankt und sogar gefragt, ob sie bei Joy'n'Glory mitsingen können, wenn sie entlassen werden. Das fand ich toll“, sagt Ute Gerst, Vorsitzende des Gospelchores. Im nächsten Jahr wird ihr Chor wohl wieder einen Workshop anbieten.

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