Rheinbach Classics Selbst die Tigerente hat eine Rolle

RHEINBACH · "Manni." "Jo." "Gib mal die Tigerente." "Jo." - Tigerente? Der Dialog zwischen Arbeitern gestern beim Aufbau der Bühne auf dem Himmeroder Wall schien aber auch gar nichts mit der Aufgabe der beiden zu tun zu haben. Mit zehn Kollegen werkelten sie an den 80 Scheinwerfern, die heute Abend die Aufführung der Verdi-Oper "Aida" ins rechte Licht rücken. Doch wo spielt bei dem Spektakel, das "Rheinbach Classics" eröffnet, die Tigerente mit?

 "Aida" open-air: Dieses Erlebnis - das Foto rechts entstand in Heidelberg - erwartet das Publikum heute auf dem Himmeroder Wall.

"Aida" open-air: Dieses Erlebnis - das Foto rechts entstand in Heidelberg - erwartet das Publikum heute auf dem Himmeroder Wall.

Foto: Wolfgang Henry

Des Rätsels Lösung: So nennen die Bühnenarbeiter das gelb-schwarz gestreifte Absperrband. Es wird heute Abend aber dezent in den Hintergrund treten neben der Kulisse. Zehn "Moving Lights", spezielle Scheinwerfer, folgen jeder Bewegung auf der Bühne, einer Konstruktion aus 80 Podesten, der acht Tonnen schwere Ballasttanks Standfestigkeit geben. Für den guten Ton sorgen eine 30-Kilowatt-Akustikanlage, dazu 48 spezielle Orchestermikrofone, gesteuert von einem digitalen Mischpult.

Eine "saubere Wiedergabe der Stimmen" verspricht Produktionsleiter Stephan Stöcker, der die Rheinbacher Bühne seit November plante und jetzt den Aufbau überwacht. Der 37-Jährige und sein Team gehen gelassen daran: "Hektik ist immer schlecht. Gute Planung und ein eingespieltes Team sind wichtig."

Bei den Bühnenprofis - einige trugen das T-Shirt von der Großveranstaltung "Rock am Ring" - sitzt jeder Griff. Sie behalten auch die Übersicht über den Inhalt der sechs Lastwagen, die die wertvolle Bühnenfracht nach Rheinbach brachten. "Die Bühne inklusive Beschallung und Beleuchtung kosten eine Viertelmillion Euro", berichtet Stephan Stöcker. Er ist seit seinem 16. Lebensjahr als Techniker für Live-Veranstaltungen unterwegs. Damit sich Unbefugte nicht an den Bühnenaufbauten vergreifen, ist ein Sicherungsdienst abgestellt. So wird alles für den ungetrübten Genuss der Verdi-Oper "Aida" getan.

Eine nubische Prinzessin, die als Geisel verschleppt wird, verliebte Feldherren, herrische Oberpriester, eine enttäuschte Königstochter - um diese Figuren komponierte Giuseppe Verdi sein Werk. Bis zu 1500 Menschen können heute seine Vorstellungen vom Leben im alten Ägypten erleben, dargeboten von zehn Solisten, die sonst namhafte Opernsäle füllen. Die langjährige Gesangspartnerin Luciano Pavarottis, Paola Romanó, singt die Titelrolle; Elena Chavdarova-Issa erweckt mit ihrem Mezzosopran die Königstochter Amneris zum Leben. "Sie kommt direkt von einem 14-tägigen Galaaufttritt an der Metropolitan Opera", erklärt Ottmar Dedenbach, der mit Kompagnon Ralf Grefkes verantwortlich für die Organisation ist.

Rund 300 Helfer sind nötig, um eine solche Oper auf die Bühne zu bringen. Alles muss herantransportiert werden. Für Dedenbach ist der Rheinbacher Veranstaltungsort "genial für den Aufbau". Die vier 20-Tonner könnten bis auf den Bühnenvorplatz fahren. Kein Umladen auf Gabelstapler oder kleinere Laster sei nötig. In einer Stadt wie Rheinbach aufzutreten, berge aber ein finanzielles Risiko. "Ich brauche zur Deckung der Kosten etwa 800 verkaufte Karten", sagt Dedenbach. Damit auch wirklich nur zahlende Gäste das Spektakel verfolgen, schotten 90 Zaunelemente das Geschehen ab, die mit schwarzer Folie blickdicht überzogen sind.

Die 150 Mitglieder von Chor, Orchester und Ballett sowie die Mitarbeiter von Regisseur Antonio Petris reisen mit drei Reisebussen an, die Solisten kommen mit dem Flugzeug. Die Garderobe für den Chor ist in der Aula der Schule an der Bachstraße untergebracht. Die Garderoben der Stars sind im Glasmuseum eingerichtet. Ein Catering-Service versorgt alle mit Häppchen, Tee und Kaffee bis kurz vor dem Auftritt.

Nach "Aida" findet auf der 120 Quadratmeter großen Bühne ein Epochenwechsel statt: in die Rock'n'Roll-Ära. Die ist bei "Rheinbach Classics" an diesem Samstag und Sonntag für die ganze Innenstadt angesagt. Die Mitorganisatoren der Großveranstaltung, Heinz Haubrichs und Lars Prior, stellen sich auf rund 20.000 Besucher ein. Etwa 300 Mitglieder von Rheinbacher Vereinen stehen als Helfer bereit. Eine notärztliche Versorgung wird von der Feuerwehrleitstelle am Brucknerweg organisiert.

Fünf Verpflegungsstände versorgen die Besucher. Laut Prior sind insgesamt 15.000 Liter Getränke in vier Kühlwagen bevorratet. 15 Bands sorgen für die stilechte 50er-jahre-Musik. 500 Oldtimer beteiligen sich am Korso durch die Stadt, rund 90 Fahrzeuge beteiligen sich an der Rallye. Ansonsten werden Autos aus der Innenstadt ausgesperrt, Parkplätze sind an der L 158 ausgewiesen.

Der Cabrio-Bus des General-Anzeigers bringt die Gäste von dort bei Live-Musik der Band "KO-KG" zu den Kassen am Dreeser Tor, Martinstraße, am Voigtstor, an der Bach- und an der Schweigelstraße. Sicherheitsleute unterstützen die Kassierer. Ein Bauzaun von insgesamt 600 Metern Länge, davon 120 Meter am Himmeroder Wall, sperrt die Veranstaltung ab. Kirchgänger, Eisdielenbesucher und Brötchenholer erhalten besonders gekennzeichnete Armbänder. Die Tageskarte für die"Rheinbach Classics" kostet fünf, die Zwei-Tages-Karte sieben Euro.

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