Gartenbau in Klein-Altendorf Rheinland-Pfalz steigt aus Forschungsprojekt für Obstanbau aus

RHEINBACH/MECKENHEIM · Auf eine ungewisse Zukunft steuert das Kompetenzzentrum Gartenbau (KoGa) in Klein-Altendorf hin. Das Land Rheinland-Pfalz will aus dem für Obstbauern so wichtigen Kompetenzzentrum offenbar aussteigen.

 Das Kompetenzzentrum Gartenbau steht auf der Kippe.

Das Kompetenzzentrum Gartenbau steht auf der Kippe.

Foto: Mario Quadt

Das Kompetenzzentrum Gartenbau (KoGa) in Klein-Altendorf steht vor einer ungewissen Zukunft. Wie Andy Becht, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz, bei seinem Besuch auf dem Campus Klein-Altendorf zwischen Meckenheim und Rheinbach sagte, bleibt das Land Rheinland-Pfalz bei seiner Haltung, aus dem für Obstbauern so wichtigen Kompetenzzentrum auszusteigen.

Hintergrund: Das KoGa ist eine Kooperation der Universität Bonn, des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, des Forschungszentrums Jülich sowie der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Es gründete sich im Jahre 2002, und führt am Standort Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn Wissenschaft, Versuchswesen und vor allem die praxisbezogene Beratung der Landwirte unter einem Dach zusammen.

Zwar legte Becht in seinem Vortrag zur Rheinisch-Nassauischen Obstbautagung ein klares Bekenntnis zu dieser länderübergreifenden Zusammenarbeit ab, eine finanzielle Zusage kam ihm allerdings nicht über die Lippen. In seinem Vortrag zur „Zukunft der Obstbauberatung und des Versuchswesens in Rheinland-Pfalz sagte er: „Der Standort hier liegt uns am Herzen.“ Jedoch bleibe der Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses des rheinland-pfälzischen Landtags bestehen, die Mietverträge zum September 2024 auslaufen zu lassen. Daher sei es erforderlich, finanziell und organisatorisch ein neues Konstrukt zu entwickeln. „Wir brauchen Mittel Dritter“, sagte Becht.

Vorschläge für eine „Anschlusslösung“ möchte Becht in Workshops ab Januar erarbeiten. Er warb für „gemeinsame Anstrengungen, den Standort zu erhalten“. Die Erhaltung des KoGa sei auch das Ziel der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, „in welcher Form auch immer“. Als ein Beispiel für mögliche Sparmaßnahmen nannte der Staatssekretär den Umbau von persönlicher Beratung hin zu digitalen Kommunikationstechniken. Er dankte den anwesenden Obstbauern, die ihm mehrere Resolutionen für den Erhalt des Zentrums aushändigten. Sie seien hilfreich und „Wind in den Segeln des Verhandlungsschiffes“. „Wir haben Zeit und können die Probleme lösen“, zeigte sich Becht zuversichtlich, die bestehenden Synergien auch weiterhin zu nutzen. Norbert Schäfer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Obstbau im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, betonte, dass das im KoGa vorhandene Wissen unbedingt erhalten bleiben müsse. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes, Michael Horper, erklärte in Richtung Becht: „Dein Plädoyer für den Standort Klein-Altendorf kann man nicht toppen.“

Das Kompetenzzentrum ist für die Region sehr wichtig

Die Bedeutung des Kompetenzzentrums auf dem Campusgelände unterstrich auch Professor Ralf Pude, Geschäftsführer aller Außenlabore der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn und Professor für Nachhaltige Rohstoffe am Campus Klein-Altendorf: „Dieses Zentrum ist für eine Obstanbauregion wie der unsrigen sehr wichtig“, sagte Pude im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Gleichwohl sei seine Hoffnung groß, dass die anderen drei Partner, die an diesem Projekt beteiligt sind, alles daransetzten, dass der Standort am Campus Klein-Altendorf erhalten bleiben kann. „Die Gespräche finden statt. Es kann sich zum Guten wenden“, meinte der Wissenschaftler für Nachhaltigkeit. „Die Praktiker des DLR Rheinpfalz würden hier schon fehlen“, räumte er ein.

Den vor drei Jahren angeschobenen „bio innovation park“ Rheinland, für den die Uni Bonn, der Rheinbacher Campus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, das „Bioeconomy Science Center“ des Forschungszentrums Jülich, Unternehmen aus verschiedenen Branchen und die Städte Meckenheim und Rheinbach gemeinsame Sache machen, sieht Pude durch den Ausstieg der Mainzer Landesregierung aus dem gemeinsamen Kompetenzzentrum keineswegs gefährdet. „Nein, das lebt alles weiter“, meinte Pude.

Am „bio innovation park“ Rheinland habe sich das Land Rheinland-Pfalz bislang nicht beteiligt. Mit diesem dicht geknüpften Netzwerk von Forschern, Gewerbetreibenden und Kommunen wächst im drittgrößten Obstanbaugebiet Deutschlands ein interkommunaler und klimaneutraler Wissenschafts- und Gewerbepark heran, der beständig an Gewicht und Bedeutung zunimmt.

Als „völlig falsches Signal“ wertete Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz den angekündigten Ausstieg des Landes Rheinland-Pfalz aus der Finanzierung. Zumal das Thema Ernährung heute eigentlich einen noch breiteren Raum in der Forschung und in der Lehre einnehmen sollte, so der Verwaltungschef. „Hier wird eindeutig an der falschen Stelle gespart, gebündelte Kompetenz aufgegeben und ein Zukunftsthema verpasst“, so Raetz.

Der Ausstieg sei kein gutes Beispiel für die bisher gute länderübergreifende Kooperation in der hiesigen Obstbauregion. „Ich hoffe sehr, dass das Kompetenzzentrum von den verbleibenden Trägern in der Qualität aufrechterhalten werden kann.“ Den Fortbestand des einzigartigen Projekts bio innovation park als Kompetenz- und Präsentationsraum rund um grüne Technologien der Landwirtschaft sieht er damit aber nicht gefährdet. Der bio innovation park werde auch weiterhin mit Unterstützung der Städte zu einem interkommunalen Wissenschafts- und Gewerbepark von überregionaler Bedeutung ausgebaut.

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