Schadstoffe in Rheinbach Neue Technik filtert Chemikalien aus dem Abwasser

Rheinbach · Feiner Sand und Aktivkohle filtern in Rheinbach Chemikalien aus dem Abwasser

 Rund 5000 Quadratmeter groß ist die Schilffläche zwischen Rheinbach und Oberdrees, mit der der Erftverband künftig auch kleinste Spurenstoffe aus dem Abwasser filtern möchte. Die Anlage ist laut Erftverband "einzigartig auf der Welt".

Rund 5000 Quadratmeter groß ist die Schilffläche zwischen Rheinbach und Oberdrees, mit der der Erftverband künftig auch kleinste Spurenstoffe aus dem Abwasser filtern möchte. Die Anlage ist laut Erftverband "einzigartig auf der Welt".

Foto: Axel Vogel

Als "einzigartig auf der Welt" hat Erftverbandsvorstand Bernd Bucher am Mittwoch das neue Retentionsbodenfilterbecken in Rheinbach bezeichnet. Bei der Inbetriebnahme mit dem Verbandsratsvorsitzenden Uwe Friedl und Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz brachte Bucher das innovative naturnahe Verfahren so auf den Punkt: "Die Natur macht die Arbeit. Man muss nur drauf schauen, dass die Bakterien optimale Bedingungen finden, damit sie ihre Arbeit tun können."

Mit der neuen Anlage gleich neben der Rheinbacher Kläranlage beschreitet der Erftverband im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts neue Wege bei der Spurenstoffelimination. Was damit gemeint ist, erläuterte Friedl am Beispiel von Medikamenten. Denn schmerzstillende Salben auf der Haut, eingenommene Medikamente oder auch Kosmetika hinterlassen erhebliche Rückstände im Abwasser, die herausgefiltert werden müssten.

"Die neue Technik ermöglicht es, dass der Großteil dieser Dinge ausgefiltert wird", so Friedl. Über Medikamente hinaus zählen dazu auch Rückstände von Pestiziden oder Industriechemikalien. Raetz hob hervor, dass der Erftverband mit dieser zukunftsträchtigen Technologie sehr viel für den Umweltschutz tue und sich der Herausforderung stelle, noch mehr für die Wasserqualität zu tun.

18 Monate hatten die Arbeiten für dieses 3,6 Millionen Euro-Projekt gedauert. Mehr als 60 Prozent der Kosten für den Bau und die begleitende Forschung übernimmt das Land. Die rund 5000 Quadratmeter mit Schilf bepflanzte Filterfläche kann rund 12,3 Millionen Liter Wasser speichern, die später stark gedrosselt in den Wallbach abgegeben werden. Der Bodenfilter hält nicht nur bei starken Regenfällen das Mischwasser aus der Kanalisation zurück.

Bei Trockenwetter dient er zudem der benachbarten Kläranlage Rheinbach als vierte Reinigungsstufe, die aus dem bereits gereinigten Abwasser zusätzlich sogenannte Spurenschadstoffe entfernt. Die Besonderheit der Anlage liegt im Aufbau der Filterschicht. Anders als beim herkömmlichen Verfahren, besteht der Bodenfilter in der neuen Anlage aus einem Gemisch aus Filtersand und granulierter Aktivkohle. Dadurch erhöht sich die Filterleistung des Beckens deutlich.

Versuche im Modellbodenfilter haben demnach schon gezeigt, dass mit dem neuen Verfahren Spurenschadstoffe durch mikrobiologische Vorgänge zu mehr als 80 Prozent aus dem gereinigten Abwasser entfernt werden können. Der Erftverband geht davon aus, dass die Spurenstoffe zunächst an der Aktivkohle festgehalten und so aus dem gereinigten Abwasser entfernt werden.

Langfristig, so ist der Erftverband überzeugt, werden sie im Bodenfilter biologisch abgebaut, so dass sich die Aktivkohle langsamer als in technischen Filtern erschöpft beziehungsweise teilweise biologisch regeneriert. Ein Austausch der Bodenschicht sei daher zunächst nicht erforderlich. Der Betrieb als vierte Reinigungsstufe der Kläranlage Rheinbach soll zeigen, ob das Verfahren dauerhaft zur Beseitigung von Spurenstoffen geeignet ist, und der Retentionsbodenfilter damit auch eine wirtschaftliche Alternative zur Nachrüstung von Kläranlage darstellt.

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