Globalisierung in Rheinbach Konsumkritischer Bummel durch Rheinbachs Einkaufsmeile

Rheinbach · Die Katholische Frauengemeinschaft aus Rheinbach lud in der Glasstadt zu einem „nachhaltigen Stadtrundgang“ ein. Dabei ging es darum, die Teilnehmer dafür zu sensibilisieren, was ressourcenschonendes Einkaufen ausmachen kann.

 Nora Rütten (Mitte) informierte die Teilnehmer des nachhaltigen Stadtrundgangs durch Rheinbach u.a. über Missstände in der Textilbranche. Mit Fotos und kleinen Lernspielchen vermittelte teils schockierende Informationen.

Nora Rütten (Mitte) informierte die Teilnehmer des nachhaltigen Stadtrundgangs durch Rheinbach u.a. über Missstände in der Textilbranche. Mit Fotos und kleinen Lernspielchen vermittelte teils schockierende Informationen.

Foto: Alexander Graf

Ein Bummel durch die Rheinbacher Innenstadt ist an einem Samstagnachmittag alles andere als ungewöhnlich. Doch sobald ein Spaziergang keine Abstecher in Straßencafés oder Boutiquen beinhaltet, wird mit den Konventionen der Konsumgesellschaft gebrochen. Auf ein entsprechendes „Experiment“ haben sich jetzt rund 20 Teilnehmer eines „nachhaltigen Stadtrundgangs“ eingelassen, den die Katholische Frauengemeinschaft der Rheinbacher Pfarrei St. Martin organisiert hatte. Geführt wurde die Gruppe von Nora Rütten, entwicklungspolitische Bildungsreferentin des Projekts „Kölle Global“.

Die Diplomgeografin informierte bei dem rund zweistündigen Streifzug über Herstellung, Verbrauch und Entsorgung verschiedener Konsumgüter und regte damit zum Nachdenken über das eigene Kaufverhalten an.

„Ich möchte mit ihnen den Konsum kritisch betrachten und darüber sprechen, was man beim Einkaufen anders machen kann“, meinte Rütten. Außerdem nahm sich die Kölnerin vor, Orientierung im „Chaos der Wertschöpfungsketten“ zu geben. Produkte gingen nicht selten, ehe sie in deutschen Geschäften landen, vom einem Ende der Welt zum anderen.

Den Anfang machte sie vor einer der letzten verbliebenen Telefonzellen Rheinbachs in der Bachstraße. Dort referierte sie über die Schattenseiten des Elektronikkonsums und erntete für ihre Einblicke in die Produktionsweise von Mobiltelefonen teils schockierte Mienen der Zuhörer. Rütten: „Pro Sekunde werden auf der Welt 36 Handys hergestellt. Statistisch gesehen werden im gleichen Augenblick bloß 2,4 Menschen geboren.“

„Die Verteilung von Gewinnen ist oftmals das Problem“

Neben der für die Umwelt schädlichen Anhäufung von Elektroschrott müsse die Sorge aber vor allem den Produktionsbedingungen in der Handyindustrie gelten. So sei die Gewinnung von notwendigen Rohstoffen nicht selten Auslöser für Bürgerkriege. Als Beispiel nannte Rütten die Situation im Kongo, wo das seltene Metall Tantal abgebaut wird.

Für den nächsten Themenkomplex wanderten die Spaziergänger um Rütten vor das Dreeser Tor. Dort informierte die Bildungsreferentin, die seit zehn Jahren sogenannte nachhaltige Stadtrundgänge in Köln anbietet, über Missstände im Bereich Ernährung. Schnell wurde deutlich, dass günstige Lebensmittel in deutschen Discountmärkten ihren Preis in anderen Teilen der Welt haben. Als Stichworte wurden Monokulturen und Ressourcenverschwendung genannt.

Den letzten Schwerpunkt des Rundgangs durch Rheinbach stellte die Auseinandersetzung mit der Textilbranche dar. Auf spielerische Weise zeichnete Rütten den Weg einer Jeans nach – von der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zur Wiederverwertung als Secondhandware in Afrika. Den Finger legte sie vor allem bei den Stationen Konfektionierung und Steinwaschung in die Wunde. Zur Sprache kamen unwürdige Arbeitsbedingungen in Bangladesch und der mitunter tödliche Vorgang des Sandstrahlens auf den Philippinen, warnte sie.

Angesichts der Reichweite der aufgezeigten Missstände in fast allen Produktionsbereichen reagierten viele Teilnehmer des nachhaltigen Stadtrundgangs mit Fassungs- und Ratlosigkeit. „Was können wir denn jetzt noch einkaufen?“, fragte eine Dame verunsichert. Rütten forderte daraufhin dazu auf, möglichst viele Artikel wiederzuverwerten, hauptsächlich Lebensmittel aus der Region zu konsumieren und sich dafür zu engagieren, dass profitorientierte Strukturen aufgebrochen werden. „Die Verteilung von Gewinnen ist oftmals das Problem“, erklärte die Kölnerin. Als Beispiel nannte sie asiatische Näherinnen, deren Lohn im Vergleich nur ein Prozent des Kaufpreises eines T-Shirts darstelle.

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