Bereits Tradition So feiern Strafgefangene der JVA in Rheinbach Weihnachten

Rheinbach · Bei der Weihnachtsfeier mit Betreuern und Gästen wächst bei Gefangenen der JVA Rheinbach die Vorfreude aufs Fest. Ehrenamtliche Helfer gestalten mit ihnen ein kleines Fest.

 Kontrast: Ein großer Adventskranz mitechten Kerzen hängt im weitläufigen Flur der JVA.

Kontrast: Ein großer Adventskranz mitechten Kerzen hängt im weitläufigen Flur der JVA.

Foto: Matthias Kehrein

Bernd hat 20 seiner 42 Lebensjahre hinter Gittern verbracht. Seit fast 30 Jahren sei er drogenabhängig, sagt er. Jetzt freut er sich: In der kommenden Woche habe er „Endstrafe“ und könne zu seiner Lebensgefährtin und seinem Stiefkind. Und das vier Tage früher als ursprünglich vorgesehen. „Durch die Arbeit hier habe ich vier Tage geschenkt bekommen.“ Die Aussicht auf das Strafende löst bei Bernd Vorfreude aus. Er ist dabei bei der Weihnachtsfeier, zu der die Gesellschaft für soziale Eingliederung eingeladen hat. Der Verein, der seit Jahrzehnten auf ehrenamtlicher Basis Gefangene der Justizvollzugsanstalt Rheinbach betreut, hat Insassen und Gäste „von draußen“ eingeladen.

Bernd erzählt. Eine kurze Zeit sei er im Offenen Vollzug gewesen. „Das war aber keine gute Idee, weil ich da weder draußen arbeiten konnte noch Urlaub bekommen habe.“ Die Betreuung sei auch nicht gut gewesen. „Man musste Monate auf einen Psychologen warten.“ Was ja für einen Drogenabhängigen nicht so gut sei. Er habe wieder zurück in die JVA gewollt, denn: „Hier wird sich um uns Leute gekümmert und es gibt Veranstaltungen.“ Der 42-Jährige ist zuversichtlich, dass er wieder Boden unter die Füße bekommen wird, denn in der JVA habe er eine einjährige Qualifikation zur Küchenhilfe absolviert. Dies zusammen mit seiner langjährigen Erfahrung in diesem Bereich habe ihm ein Angebot eines Restaurants eingebracht, erzählt er stolz.

Auch Bürgermeister Stefan Raetz statte einen Besuch ab

Und eilt schon zu seiner Aufgabe an diesem Abend: Bernd ist zuständig für eine Station am Büfett. Zu der Feier ist, zum 25. Mal in Folge, auch Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz gekommen, ebenso sein Stellvertreter Karl-Heinz Kerstholt, der auch Mitglied des JVA-Beirates ist, Vertreter von Parteien, Kirchen und engagierte Ehrenamtliche.

In der Anstaltskirche sieht es festlich aus. Große geschmückte Weihnachtsbäume, eingedeckte Tische, das warme Büfett wartet. Zubereitet wurde es, anders als bei den bisherigen Weihnachtsfeiern in diesem Kreis, nicht von den ehrenamtlichen Betreuern, sondern von der JVA-eigenen Küche. Die Kosten trägt die Gesellschaft für soziale Eingliederung. Deren Sprecherin Deborah Rupprecht hat gemeinsam mit Kassierer Karl Seifert einen Weihnachtsbaum aus Holz mitgebracht. Gefangene haben ihn im Rahmen der Arbeitstherapeutischen Maßnahmen unter der Leitung von Günter Winkel hergestellt. Daran hat sie kleine Schoko-Weihnachtsmänner gehängt, die die Gefangenen später mitnehmen können.

Engagement der Ehrenamtlichen gewürdigt

100 JVA-Insassen hatten sich für die Feier angemeldet, so Freizeitkoordinator Rudolf Armbruster. Darunter viele Teilnehmer aus den verschiedenen Gruppen, die die Ehrenamtlichen betreuen, wie Suchtgruppen, Malgruppen oder Gesprächsgruppen, sowie die Gefangenen der „Abteilung für Lebensältere“, die Senioren in der JVA.

Zum ersten Mal dabei ist die neue Anstaltsleiterin Renate Gaddum. Sie würdigt insbesondere die Arbeit der Ehrenamtlichen: „Dieses Engagement ist nicht selbstverständlich. Wir selbst könnten diese Arbeit gar nicht stemmen“, sagt sie. Die Anstaltsleiterin betont aber auch, dass der „Strafvollzug kein Gegner der Gefangenen“ sei. „Wir wollen Sie vielmehr unterstützen in der Bewältigung Ihrer Anliegen“, sagt sie. Und nennt auch einen Wunsch: Viele Gefangene hätten mehr Chancen, in den offenen Vollzug zu kommen, wenn nicht so oft Regelverstöße vorkämen, etwa wenn bei Kontrollen verbotene Handys oder Drogen gefunden würden. „Damit machen Sie ihre eigene Gesundheit und Ihre Zukunft kaputt. Denken Sie darüber bitte einmal nach.“

Erinnerung an Mitinitiatorin Ingeborg von Westermann

Bürgermeister Raetz dankt den Ehrenamtlichen und hebt hervor, dass die Gefangenen dies wertschätzen sollten als eine große Unterstützung, ein besseres Leben führen zu können. Wie er erinnert auch der Vorsitzende der Gesellschaft für soziale Eingliederung, Christoph Renner, an die verstorbene Mitinitiatorin und Mitgründerin Ingeborg von Westerman, die sich 44 Jahre lang in der Gefangenenbetreuung engagierte. Sie starb im Februar dieses Jahres mit 89 Jahren.

Sie ging als Vorbild mit ihrem ehrenamtlichen Engagement voran und trat mit großem persönlichem Einsatz und Hartnäckigkeit bei den entsprechenden Stellen für das Vollzugsziel ihrer Betreuten ein: „Im Vollzug soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“. So steht es im Strafvollzugsgesetz.

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