Gespräch am Wochenende Interview mit dem Vorsitzenden der Rheinbach-Meckenheimer Tafel

Rheinbach/Meckenheim · Interview mit Uwe Petersen, dem Vorsitzenden der Rheinbach-Meckenheimer Tafel, die 20 Jahre alt wird. 350 Tonnen Lebensmittel im Jahr werden mittlerweile an Bedürftige verteilt.

Wie werden Sie den runden Gründungstag der Tafel feiern?

Uwe Petersen: Wir wollen aus Anlass des 20-jährigen Bestehens unserer Tafel Bilanz ziehen und uns bei unseren Unterstützern und Förderern bedanken. Deshalb haben wir unsere ehemaligen und aktiven Mitglieder und ehrenamtlichen Mitarbeiter, unsere Sponsoren, Vertreter der Parteien, die Bürgermeister beider Kommunen, kooperierende Vereine, unsere Nachbartafeln, die Repräsentanten der Kirchen, aber auch unsere Kunden eingeladen.

Woher bezieht die Tafel die Lebensmittel?

Petersen: Wir haben rund 15 Discounter und Supermärkte in Meckenheim, Rheinbach und Wachtberg, die wir unterschiedlich häufig in der Woche anfahren. Weitere Sponsoren sind Obstbaubetriebe, Bäckereien, das Edeka-Zentrallager und Rungis-Express. Von ihnen erhalten wir genügend Obst, Gemüse, Milchprodukte, Brot, Käse, Wurstwaren, Getränke, Gebäck, haltbare Lebensmittel und Konserven sowie gelegentlich auch Hygieneartikel. So können wir jeden Kunden einmal in der Woche versorgen. Wir sind froh und dankbar, dass wir solch einen Rückhalt in unserem gesellschaftlichen Umfeld haben und daher auch genügend Waren erhalten.

Wie viele Menschen sind in Meckenheim und Rheinbach auf die Tafel angewiesen?

Petersen: Es gibt mehr bedürftige Menschen in beiden Kommunen als sich bei uns melden. Grundsätzlich kann sich jede bedürftige Person oder Bedarfsgemeinschaft bei uns registrieren lassen. Voraussetzung ist der amtliche Bescheid über Grundsicherung, Hartz IV oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zurzeit sind rund 890 Personen bei uns registriert. Von 2012 bis 2015 hatten wir einen Anstieg von 650 auf 750 Kunden – eine Folge des Zustroms von Flüchtlingen. Da kamen wir dann allerdings an unsere Kapazitätsgrenzen und führten eine vorübergehende Warteliste ein. In den Griff bekamen wir den Anstieg mit der Einführung eines zweiten Ausgabetages in Rheinbach. Aktuell führen wir keine Kunden auf der Warteliste.

Gab es zu Anfang der Rheinbach-Meckenheimer Tafel weniger Bedürftige als heute?

Petersen: Das kann ich nicht sagen. Die Angaben für die ersten Jahre sind vage. Es gab wechselnde Ausgabeorte und die Lebensmittel wurden aus dem Auto auf der Straße an die Bedürftigen ausgegeben. Das habe ich 2007, als ich als Ehrenamtlicher zur Tafel kam, noch miterlebt. Zudem wurden Lebensmittel in den ersten Jahren an soziale Einrichtungen wie Seniorenheime, Kindergärten und Schulen verteilt.

Hat die Armut zugenommen?

Petersen: Wir orientieren uns nicht an der statistisch definierten Armutsgrenze. Voraussetzung für die Unterstützung durch die Rheinbach-Meckenheimer Tafel ist der Nachweis der Bedürftigkeit. Maßgeblich hierfür ist für uns der Bescheid über staatliche Zuwendungen. Nach der Rechtsprechung sind die Leistungen so berechnet, dass die Grundversorgung der Personen gesichert ist. Wir verstehen uns deshalb auch nicht als Institution, die den Bedürftigen das Überleben sichert, sondern wir geben den Menschen etwas Zusätzliches zu den staatlichen Leistungen, sodass in ihrem Finanzbudget Geld frei wird für andere Ausgaben.

Gab es schon mal Zwischenfälle?

Petersen: Ich bin seit elf Jahren bei der Tafel tätig, davon im sechsten Jahr als Vorsitzender. Rangeleien hat es zu allen Zeiten gegeben. Ja, wir mussten schon einmal die Polizei holen oder Hausverbote aussprechen. Mit der Veröffentlichung unseres Verhaltenskodex haben wir klare Grenzen gezogen. Wo viele Menschen und unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen, braucht man klare Regeln. Betonen möchte ich aber, dass das Verhältnis der Kunden untereinander und zu den Helfern überwiegend respektvoll und freundlich ist.

45 Männer und Frauen arbeiten bei Ihnen ehrenamtlich mit. Haben Sie Probleme, neue Helfer zu finden?

Petersen: Zurzeit sind wir gut aufgestellt. Man muss aber berücksichtigen, dass unsere Helfer mit unterschiedlichem Stundenkontingent tätig sind. Auch müssen Ausfälle durch Krankheit und Urlaub kompensiert werden. Daher brauchen wir immer eine gewisse Personalreserve für Springerfunktionen. Deshalb bieten wir allen an einer Mitarbeit bei der Tafel interessierten Personen die Möglichkeit zum Reinschnuppern. Auch Schüler arbeiten ab und zu als Praktikanten bei uns mit.

Viel Zeit kostet die Buchführung. Läuft diese bei Ihnen noch manuell oder schon digital?

Petersen: Wir sind dabei unser System zu verfeinern. Wir stellen die Kundenverwaltung seit einem Jahr auf elektronische Datenverarbeitung um. Die Umsetzung der Datenschutzgrundversorgung der EU ist ein zusätzlicher Aufwand. Wir haben einen Ehrenamtler, der sich als Datenschutzbeauftragter darum kümmert.

Im nächsten Jahr sind Vorstandswahlen. Kandidieren Sie erneut?

Petersen: Darüber werden wir in nächster Zeit im Vorstand sprechen. Es geht dabei immer auch um die längerfristige Perspektive des Vereins und nicht um die Frage, ob ich noch einmal kandidieren werde. In Rheinbach werden wir voraussichtlich im nächsten Jahr ein neues Quartier brauchen, denn unsere jetzige Ausgabestelle in der ehemaligen Majolikafabrik muss einem Wohnungsprojekt weichen.

Haben Sie schon neue Räume in Rheinbach ins Auge gefasst?

Petersen: Im Sozialzentrum an der Keramikerstraße sind vier Vereine untergebracht: das Möbellager des Georgsrings, die Kleiderstube der Caritas, Abenteuer Pur und die Tafel. Unter der Federführung des Georgsrings bemühen wir uns um eine Lösung, um weiter unter einem Dach bleiben zu können. Entscheidend wird dabei sein, welche Kosten auf uns zukommen. Denn die Tafel erhält keine Zuschüsse, sondern finanziert sich allein durch die Beiträge der Mitglieder.

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