Scheunencafé in Rheinbach In Hilberath öffnet die Spielbude täglich

HILBERATH · Ohne das Scheunencafé der Sampels in Hilberath wären zwei Sachen sicher: Erstens, die Anlieger hätten ausreichend Platz, um ihre Autos abzustellen. Zweitens, der ehemalige Landwirt wäre wohl pleite. Denn der BSE-Skandal 1994 hat ihn schwer getroffen. "Keiner wollte mehr Fleisch essen", erinnert sich Sampels. "Selbst der Schlachter wollte unsere Galloways nicht mehr." Also was tun, um den Familienbetrieb zu retten?

 Angelika und Heinz Sampels bieten in ihrem Scheunencafé Wanderern und anderen hungrigen Gästen riesige Tortenstücke und herzhafte warme Gerichte an.

Angelika und Heinz Sampels bieten in ihrem Scheunencafé Wanderern und anderen hungrigen Gästen riesige Tortenstücke und herzhafte warme Gerichte an.

Foto: ARIANE FRIES

Alternativen mussten her. Initialzündung für eine andere Ausrichtung des Betriebs war 1995 ein Hoffest unter dem Motto "Landwirtschaft gestern und heute" in Kooperation mit dem Sender SWR4. Der Andrang war so groß, dass alleine 4000 Mark an Spenden zusammen kamen. "Die gingen an ein Kinderheim", erinnert sich Heinz Sampels. Nun kam die Idee auf, eine Kneipe in den alten Mauern einzurichten. Aber Angelika Sampels machte da nicht mit. Mit einer Kneipe konnte sie sich nicht anfreunden.

"Aber ein Café fand ich schon schön", sagt Angelika Sampels. Also baute die Familie ihre Scheune an der Hilberather Straße aus. Im Juli 2002 öffnete das Café mit 80 Sitzplätzen. Schon im Jahr drauf kam die Außengastronomie und schließlich noch ein Teil Scheune dazu.

Die Erfolgsstory schrieb sich zu Beginn aber gar nicht so leicht. "Jetzt ist er total verrückt, dachten die Nachbarn", erinnert sich der 61-Jährige. "Ein Bauer bleibt bei seiner Scholle. Der macht so was nicht." Aber Sampels macht so was. Und dazu tauschte er auch noch Mistgabel gegen Mixer. Denn er ist der hauseigene Konditor. "Keiner wollte das Kuchenbacken übernehmen", berichtet Sampels. "Also habe ich das dann gemacht." Bis heute. Mittlerweile hat sich das Café etabliert. Das Ehepaar ist sich sicher, dass ihre Idee auch dazu beigetragen hat, dass die Wanderwege rund um Hilberath wieder mehr genutzt werden.

Auch verweisen immer mehr Einwohner auf das Café. Etwa John Gerard. Der Papierkünstler stellt in seinem Hof handgeschöpftes Papier her. Damit hat er fast ein Monopol in Deutschland. Außer dem gebürtigen Amerikaner stellt nur ein weiterer Mann mit dieser Technik Papier her. "Und das war mal mein Assistent", sagt Gerard und lacht. Sein Arbeitsplatz und Zuhause ist etwa 300 Meter die Straße hoch von dem Bauernhof entfernt. Der Künstler hat in Bonn studiert und nach einigen Jahren in Berlin in Rheinbach die optimale Immobilie für sein Schaffen gefunden.

"Hier wohne ich ganz gut", sagt er. Vor allem die Ruhe schätze er und ist beeindruckt von den unterschiedlichen Bewohnern. Haustür an Haustür wohnen Professoren, Handwerker, Musiker, Künstler und Bauern. Hauptkriterium für die Haussuche war aber, dass Gerard auf dem Hof sein Atelier einrichten konnte. Denn das war gar nicht so leicht. Schließlich funktioniert Papierschöpfen nicht ohne Wasser. In einem kleinen Raum neben seinem gefliesten Atelier steht eine Maschine, die den nötigen Faserbrei herstellt. Sie ist der Grund, weshalb Gerard sein Haus Eifeltor-Mühle nannte. Obwohl der Hof mit einer Mühle wenig zu tun hat. Eifeltor ist auf den Beinamen des Örtchens zurückzuführen: Mit "Hilberath - das Tor zur Eifel" lockt ein hölzernes Ortsschild am Ortseingang.

Gleichzeitig ist der Standort der Tafel auch Informationszentrale für Hilberath. Eine Fahrkarte, ein Wanderpartnergesuch, Werbung und Veranstaltungsankündigen verraten, dass der Infokasten genutzt und frequentiert wird. Auch die Feste des ortsansässigen Kindergartens werden dort bekannt gegeben.

Neben den üblichen Pflichtterminen wie Sankt Martin und Nikolaus steht in diesem Jahr eine Einweihungsfeier auf dem Programm. Denn der Kindergarten "Spielbude" musste wegen der U 3-Richtlinie umbauen. "Ein separater Ruheraum und ein Wickelbereich mussten eingerichtet werden", erzählt Leiterin Sabine Neubusch. "Außerdem wurden die Toiletten geändert und das Außengelände neu gestaltet." Lange sei diese Baustelle und die der Nachbarn - ein Anbau bei der Feuerwehr - das Dorfgespräch gewesen.

Das wurde allerdings von der Hochzeit der Sampels abgelöst. Nach 18 Jahren ohne Trauschein entschlossen sich Angelika und Heinz Sampels dann doch, Ernst zu machen. Das war vor zwei Wochen. Dass die beiden damit vermutlich zum Gesprächsthema Nummer eins wurden, war ihnen wohl klar. Denn Heinz Sampels antwortet ruckzuck auf die Frage, worüber die Leute in Hilberath zurzeit sprechen: "Na, bestimmt über unsere Hochzeit." Und dabei lacht er herzlich.

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