Interview mit Marc Metzger „Ich habe das alles für normal erachtet“

Rheinbach · Mehr als 200 Auftritte absolvierte Marc Metzger alias „Dä Blötschkopp“ in der diesjährigen Karnevalssession. Mit seinem Programm „Erstaunlich – Das Konzert“ gastiert er im April in der Rheinbacher Stadthalle und im Beueler Brückenforum.

 Sobald er auf der Bühne steht und „Stimmung – Konfetti“ ruft, tobt das Publikum vor Begeisterung: „Blötschkopp“ Marc Metzger.

Sobald er auf der Bühne steht und „Stimmung – Konfetti“ ruft, tobt das Publikum vor Begeisterung: „Blötschkopp“ Marc Metzger.

Foto: Barbara Frommann

In Rheinbach ist im vergangenen Jahr der sogenannte Hahnwaldmörder aus der örtlichen JVA geflohen. Er hatte sich in einer Kiste mit Holzabfällen versteckt. Wäre daraus für den „Blötschkopp“ ein Gag möglich, der in Rheinbach großartig zünden würde?
Marc Metzger: Ich vermeide das schon seit vielen Jahren, aus negativen Schlagzeilen Gags zu machen. Das ist einfach nicht meine Baustelle. Da gibt es andere Leute, die das machen – gut machen. Ich arbeite immer nach dem Prinzip: Die Leute sollen einfach mal zwei Stunden vergessen können. Ich hatte im Karneval mal zwei bis drei Andeutungen zu gewissen Kölner Themen drin, aber ich wollte das nicht so mit dem Dampfhammer machen. Das liegt mir fern. Ich gehe meistens vor Auftritten spazieren, das reicht oftmals, um meinen lokalen Bezug herzustellen. Das habe ich mir bei Herbert Knebel abgeguckt.

Ach...
Metzger: Ja. Ich habe ihn mal in Gummersbach gesehen, da hat er eine halbe Stunde darüber geredet, wie er die Halle gesucht hat. Das fand ich so höchst unterhaltsam.

Ist es außerhalb der fünften Jahreszeit – in unserem Fall im April – schwieriger, Leute zum Lachen zu bringen? Sie haben ja sogar vor, vor Publikum zu singen...
Metzger: Nein, im Rheinland nicht. Es ist ja nicht karnevalistisch. Ich habe zwar einen karierten Anzug an, aber es ist ein Musikprogramm in diesem Jahr – zum ersten Mal. Die Musik ist typisch rheinisch, die Texte sind typisch rheinisch.

Was inspiriert Sie, wenn Sie Ihr Programm schreiben – oder zumindest darüber nachdenken? Schließlich treten Sie auf und sagen, dass Sie gar nichts vorbereitet haben.
Metzger: Das ist zu meinem Markenzeichen geworden – seit meiner ersten Session. Ich habe am Anfang erst mal eine halbe Stunde lang alle Tabus aufgezählt, die man nicht sagen darf auf der Bühne, und dann gesagt: So, jetzt habe ich nichts mehr. So ist das entstanden. Ansonsten ist das alles gut vorbereitet, das sage ich aber nicht so gern. Ideen nehme ich aus dem Alltag: Wenn ich einen Ausflug mit meiner Frau mache, kann ich abends nicht entspannt was essen gehen, denn dann setze ich mich hin und schreibe die Sachen auf. Man muss sich gar nicht viel ausdenken: Das Leben ist eigentlich sehr lustig.

Stimmt. Die besten Pointen schreibt das Leben selbst. Warum sonst hört der Chef des Flüchtlingsheims in Clausnitz, auf den Namen Hetzer. Wo sagt der „Blötschkopp“: Darüber kann ich mich nicht lustig machen?
Metzger: Man mag darüber lachen, aber es bleibt einem stecken. Da sind sehr viele Sachen, über die ich mich nicht lustig mache. Ich bin eigentlich kleinkariert...

Also nicht nur Ihr Anzug?
Metzger: Ja, genau. Ich bin gar nicht so nassforsch, wie ich rüberkomme. Wenn ich die Leute ins Grübeln kriege, dann habe ich den schönen Abend nicht gebracht, für den sie gekommen sind. Schlimme Krankheiten gehören nicht auf die Bühne, Politik in gewisser Weise auch nicht. Mir ist das zu riskant. Ich sehe mich als Karnevalist nicht in der Rolle, mit der Politik aufzuräumen.

Bis wie weit vor der Öffnung des Vorhangs nehmen Sie Änderungen am Programm vor?
Metzger: Bis der Vorhang wieder zugeht. Wir haben ein Konzept, aber ich verändere es gerne. Das Schöne ist: Es ist eine geschriebene Show – wir wissen, was wir tun. Ich habe acht Musiker dabei, und die haben Spaß daran, dass an jedem Abend etwas passiert, von dem ich noch nicht weiß, was es ist. Ich habe das im Karneval gemerkt: Wenn man 200 Mal den gleichen Text spricht in einer Session, wird das maschinell. Ich improvisiere unheimlich gern. Ich habe zwar immer eine Rede, aber die ist von Saal zu Saal unterschiedlich.

Was den Karneval angeht, muss es uns um kölsche Bands nicht bange werden. Bei den Rednern im Karneval sieht das ein bisschen anders aus. Täuscht der Eindruck?
Metzger: Teils, teils – er täuscht ein bisschen. Es fehlt manchem Veranstalter an Mut, einfach mal Leute auf die Bühne zu lassen. Wir sind 20 bis 30, die durchaus gut sind. Es gibt noch Redner, aber es ist halt nicht attraktiv. Heute ist Comedy cool: Jeder will hippe Klamotten anhaben und cool sein – und ich quäle mich seit 30 Jahren in diesem Karokostüm mit der dicken Brille rum. Der Karneval wird aber nicht aussterben. Er wird halt moderner und anders.

Apropos Karneval. Was macht der „Blötschkopp“, um nicht mehr in so ein tiefes Loch zu fallen wie anno 2013?
Metzger: Weniger macht er (lacht). Weniger und bewusster. Um 2007 und 2008 habe ich mich blicken lassen in Köln, dann kam der Riesenhype: In der ersten Session waren es 80, in der nächsten fast 300 Auftritte. Unter dem Jahr gibt es viele Geburtstage, Firmenfeiern und Gedöns, Moderationen, Fernsehen, Bücher schreiben, Soloprogramm... Ich dachte, all das gehört zum Karneval dazu. Ich hatte keine anderen Beispiele und bei denen, die ich kannte, war es genauso. Ich bin in eine Maschinerie reingerutscht und habe das alles für normal erachtet. Ich dachte mir nur: Du schläfst halt was wenig. Ich bin dann zu einem Auftritt nach München geflogen, und neben mir hat einer gesessen, der Keuchhusten hatte. Ich hatte es dann auch – drei Monate – und habe trotzdem weiter gespielt. Das habe ich ein bisschen übertrieben. Seitdem mache ich alles bewusster und suche mir drei schöne Projekte außerhalb des Karnevals aus.

Was für drei Projekte?
Metzger: Ich mache Fernsehen, dann mache ich die Konzerte, und ich arbeite an einer neuen Platte. Und dann schreibe ich noch ein Theaterstück fertig und noch so zwei, drei andere Sachen. Oh, es sind doch mehr als drei, stelle ich fest. Ich musste lernen, Pausen zu machen. Dass der Sonntag auch mal Sonntag ist. Das zu lernen, war eine ganz schwere Zeit am Anfang.

Karten für die beiden Auftritte in Rheinbach (13. und 15. April) sowie in Bonn (23. April) gibt es für 31,60 Euro in den Geschäftsstellen des General-Anzeigers sowie bei Bonnticket.

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