Rheinbacher Landstürmer Huldigung des "Homo sapiens karnevalensis"

RHEINBACH · Eine Landschaft der Urzeit: feuerspeiende Vulkane, Steppe, durch die ein Mammut zieht. Unverkennbar lugt der Kegel der Tomburg aus der Steppe. Hexenturm und Burg machen es ganz klar: Wir sind in Rheinbach zur Zeit der Geburt der Menschheit, in der "Steinzeit reloaded 1.3", wie der Landsturm sein diesjähriges Sitzungsprogramm genannt hatte.

 Jecke Evolution: Aus den Neandertalern beim Rheinbacher Landsturm werden Karnevalisten.

Jecke Evolution: Aus den Neandertalern beim Rheinbacher Landsturm werden Karnevalisten.

Foto: Wolfgang Henry

Die Bühne unter dem riesigen Bühnenbild, erstmals ohne die knollennasigen Männchen von Janni Feuser, sondern gemalt vom Godesberger Künstler Manfred Dimon, ist leer. Hinein in laute Urwald-Geräusche ertönt "Also sprach Zarathustra" von Richard Strauss.

Aus allen Ecken des Saals streben Grunzlaute ausstoßende Steinzeitmenschen der Bühne zu. Kaum sind die Neandertaler dort angekommen und haben von Landstürmer Willi Mertens rote Pappnasen und Gardemützen aufgesetzt bekommen, ist der riesige evolutionäre Schritt vom Neandertaler zum "Homo sapiens karnevalensis" vollbracht.

Die "Söhne Rheinbachs", wie sich die Landstürmer auch gerne selbst nennen, haben mit "Steinzeit reloaded 1.3" ihre alte Form gefestigt und einen weiteren Schritt in die Zukunft dieser in der gesamten Region einzigartigen Truppe getan. Mit verjüngtem Akteure-Team, intelligentem Witz, herrlichem Klamauk, Lokalkolorit, zotigen Elementen, einer bunten Mischung verschiedener Tanz- und Musikstile von Schlager über Stomp bis Gangnam-Style und auch richtig guter Kleinkunst bescherten sie dem Publikum an drei Abenden ein jeweils vierstündiges Non-Stop-Programm der Eigenmarke "Landsturm".

Als absoluten Gewinn entpuppten sich bei ihrer Landsturm-Premiere die beiden Neuzugänge Heiko Hecking (43) und Stefan Jansen (22). Der Kölner Hecking, seit vier Jahren Neu-Rheinbacher im Weilerfeld, hat bereits Bühnen- und auch Chorerfahrung. Seine Ankündigung "Ich singe Bass und besser" war nicht übertrieben.

So setzte das Quintett Hecking, Thomas Michels, Willi Mirgartz sowie Richy und Peter Arzdorf mit dem "Barbaren-Musikblock" ein hochklassiges musikalisches Highlight. Ganz Sohn seines Landsturm-Vaters Karl-Heinz, gab Stefan Jansen souverän seine Landsturm-Bühnen-Premiere.

Besonders sein Tanz im "Gangnam-Style" mit Harald Assenmacher, Peter Eich, Stephan Bruna und Vater Karl-Heinz Jansen zeigte, dass von ihm noch einiges zu erwarten ist. Als die Männer sich bewegten wie der Erfinder des Tanzes, der südkoreanische Rapper Psy, applaudierte das Publikum besonders. Der Neuzugang des letzten Jahres, Thomas Michels, erwies sich auch in diesem Jahr wieder als sichere Bank für den musikalischen Part, nicht zuletzt in der Überbrückung von Umbaupausen.

Einige Höhepunkte: Die "Kinder vom Pofrostmann" gesungen zur Melodie von "Son of a Preacherman" mit dem Text "Wir wohnen alle in derselben Höhle, sind die Kinder vom Pofrostmann". Das "Kannibalen-Restaurant da Pino" mit der beabsichtigten Ähnlichkeit zu einer Rheinbacher Pizzeria, wo die "Geißens der Steinzeit" (Harald Assenmacher und Jacob Mufleh) ihren Hochzeitstag feierten, in einem herrlichen Klamauk den Kopf von Fred Paral zu verspeisen suchten.

Peter Eich führte die Entwicklung vom Neandertaler zum "Proleto Sapiens" vor und sah den "Jetset Rheinbachs" im "Brauchtumsverein" versammelt. Seine Weisheit des Tages: "Nicht jedes Kind, das polizeilich auffällig wird, ist deswegen schon hochbegabt."

Der "Bestatter aus Turkmanistan" (Achim Frank) nahm den jüngsten "Sarg-Discount" um einen Rheinbacher Bestatter aufs Korn, der in Heimerzheim eine "Hartz-5-Bestattung für 99 Euro mit Pfand zurück" anbot. Um sehr gute Kleinkunst handelte es sich bei der "Steinzeit-Kita" mit den "lebendigen Landsturm-Puppen" Fred Paral, Peter Eich und Jacob Mufleh auf einer "Kasperle-Bühne". Als "Puppenspieler" brillierten Stephan Bruna, Stefan Jansen und Heiko Hecking.

Der ganze Saal jubelte beim "Bläck-Fööss-Tanz". Standing Ovations gab es für den "leisen Abschied" von Josef Pick, der schon seit 1990 Landstürmer ist, dessen Glanzrollen noch einmal in Bildern auf einer großen Leinwand gezeigt wurden.

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