Frauenchor Rheinbach in Japan Gefeiert wie Popstars

Rheinbach/Tokio · „Ganbatte ne!“ - Das ist japanisch und bedeutet so viel wie: „Also gehen wir es mit voller Kraft an!“ Für den Frauenchor Rheinbach war dies durchaus das Motto einer weiten Reise. In Japan, dem Land der aufgehenden Sonne, gaben die Sängerinnen fünf begeisternde Konzerte.

 Ein großes Willkommenstransparent auf dem Flughafen Tokio empfängt die Rheinbacherinnen.

Ein großes Willkommenstransparent auf dem Flughafen Tokio empfängt die Rheinbacherinnen.

Foto: Frauenchor Rheinbach

Justin Bieber oder Robbie Williams sind es mehr oder minder gewohnt, dass Menschen hemmungslos in Ekstase geraten und lauthals anfangen zu schreien, wenn sie einen Raum betreten oder nur einer Limousine entsteigen. Die Sängerinnen des Frauenchors Rheinbach staunen hingegen nicht schlecht, dass in der Ankunftshalle des Flughafens von Tokio begeisterter Jubel ausbricht, als sie die Passkontrolle durchschreiten.

Freunde von Chorleiterin Kimiko Bernhöft sorgen für die eindrucksvolle Geräuschkulisse auf dem zweitgrößte Flughafen Japans. Die Worte „Freundschaft Deutschland-Japan Ewigkeit“ sind auf einem großen Willkommenstransparent zu lesen. Im Land der aufgehenden Sonne sind die Sängerinnen aus der Glasstadt zu Gast, um fünf Konzerte in Tokio, Kyoto und Osaka zu geben.

„Wir sind wie Popstars empfangen worden“, berichtet Gisela Hahn, Schriftführerin des Frauenchors Rheinbach, im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Für die ungewöhnliche, interkontinentale Konzertreise legten die Mitglieder des 2003 von Kimiko Bernhöft gegründeten Rheinbacher Frauenchors eine Anreise von 9361 Kilometern zurück. So groß ist die Distanz, die zwischen Rheinbach und der japanischen Kapitale Tokio zu überwinden ist.

Viel haben die Rheinbacherinnen über Japan gelesen, bevor sie in den Flieger gen Asien steigen. Aber: „Es ist ganz anders, als wir es erwartet haben“, meint Irmgard Zeh, Vorsitzende des Frauenchors Rheinbach. „Die Reise hat unsere Erwartungen übertroffen“, berichtet sie. Die sprichwörtliche japanische Geschäftigkeit, die insbesondere in der Millionenmetropole allgegenwärtig ist, empfinden die Gäste aus der Glasstadt nicht als bedrohlich: „Alles läuft nach gewissen Regeln ab. Und jeder hält sich daran.“

Ganze Doktorarbeiten an Sozialstudien lassen sich etwa während des Transfers mit einer öffentlichen Straßenbahn in Tokio füllen. „Wir haben tatsächlich morgens um 7.45 Uhr mit der U-Bahn fahren müssen“, sagt Hahn. Das Fazit fällt eindeutig aus: „Japaner strömen in den Zug, ohne zu drängeln.“ Niemand müsse den Ellbogen ausfahren, um sich sein Plätzchen zu sichern. „Keiner telefoniert in der U-Bahn, Handys sind stummgestellt, Gespräche kaum hörbar“, berichtet Hahn. „Es wird gelesen oder sogar geschlafen – aber alles möglichst stumm“, weiß auch Irmgard Zeh.

Und sollte man als Gast in Japan doch einmal fragend auf fremd anmutende Schriftzeichen blicken, ist sogleich Hilfe zur Stelle. Was Höflichkeit und Hilfsbereitschaft angeht, sei Japan spitze. Monatelang hatten die Frauen die Lieder geprobt, die sie während ihrer fünf Auftritte in Tokio, Kyoto und Osaka dem Publikum präsentieren wollen – einige sogar in japanischer Sprache (der GA berichtete).

Nach Japan reist der Chor, weil Chorleiterin Kimiko Bernhöft in Tokio das Licht der Welt erblickte, dort an der Musikakademie in Tokio in den Fächern Klavier, Gesang und Dirigat studiert hat. Nach ihrem Abschluss als Konzertpianistin setzte sie ihr Studium indes an der staatlichen Musikhochschule in Köln fort. „Für Kimiko Bernhöft ging ein Traum ihres Lebens in Erfüllung“, weiß Zeh zu berichten. Alleine beim Konzert in der Musikakademie sind zwei Mal je 500 Zuhörer zu Gast.

Es braucht nicht lange, um kulturelle Grenzen einzureißen: Das Publikum ist schier aus dem Häuschen, wenn die Frauen aus Deutschland ihre aufwendig einstudierten und kurz vor dem Abflug in der Rheinbacher Pallottikirche noch „unter Konzertbedingungen“ vorgeführten Lieder auf Japanisch anstimmen.

Neben dem Beifall zollen die Gastgeber ihren Respekt für die Darbietungen des Frauenchors, indem sie die Sängerinnen zum gemeinsamen Essen einladen. „Mitunter mussten wir uns mit Händen und Füßen verständigen, weil nicht jeder Englisch konnte“, berichtet Gisela Hahn. „Aber es hat immer geklappt. Wir haben uns immer verstanden“, sagt sie und fügt hinzu: „Ja, Japaner können auch aus sich herauskommen.“ Ganz aus der Leidenschaft an Kommunikation heraus und ohne den Zuspruch alkoholischer Getränke.

Was den Rheinbacherinnen während der Japan-Visite auffiel: „Es gibt keine beleibten Japaner“, weiß Hahn. Dies führt sie darauf zurück, dass Kohlenhydrate im Land der aufgehenden Sonne als verpönt gelten. Anstatt Zutaten in Butter oder Margarine zu braten, verwendeten die Japaner lieber Sojasoße. „Die ist nahezu fettarm“, sagt sie. „Es gibt außerdem keine Dessertkultur wie in Europa.“ Und: „Man isst immer von gleich 15 Dingen, von jedem eine Kleinigkeit“, sagt Irmgard Zeh. „Das sättigt ungemein.“

Sättigend für den Geist waren auch die vielfältigen Eindrücke, die die Chormitglieder während des Reisens von einem Konzertort zum nächsten gesammelt haben: den majestätischen Fujiyama, ganze Wälder aus dicken Bambusstämmen, Tempel mit mächtigen Schreinen.

Die Chance auf ein Wiedersehen gibt's schon bald: 2017 erwartet der Frauenchor die japanischen Gastgeber nämlich zum Gegenbesuch. „Wir stehen noch am Anfang der Planungen“, berichtet Zeh. Felsenfest wie der Fujiyama stehe aber bereits eins: „Wir werden ein tolles Programm auf die Beine stellen.“ Ob der Rheinbacher Frauenchor am Köln/Bonner Flughafen dabei einen Jubelsturm entfacht, dass Zaungäste glauben, Justin Bieber wäre zu Besuch, ist dabei nicht ausgeschlossen.

Interessierte Sängerinnen können die Probe dienstags von 19.30 bis 21.30 Uhr im Musiksaal des Sankt- Joseph-Gymnasiums, Stadtpark 31, besuchen. Weitere Informationen gibt es unter www.frauenchor-rheinbach.de

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