Thommie Bayer zu Gast auf dem Sofa Ein ungewöhnliches Doppelleben

Rheinbach · Thommie Bayer las in der Rheinbacher Hochschulbibliothek als Gast auf dem Sofa aus seinem aktuellen Roman „Seltene Affären“ vor. Und gab dabei auch Einblicke in sein Dasein als Schriftssteller.

 Zu Gast auf dem Sofa der Bibliothek der FH in Rheinbach: Schriftsteller Thommie Bayer.

Zu Gast auf dem Sofa der Bibliothek der FH in Rheinbach: Schriftsteller Thommie Bayer.

Foto: Axel Vogel

„Romanfiguren sind wie Katzen, die wissen, was sie wollen“ – lautet eine Selbsterfahrung des Autors Thommie Bayer. Er war am Dienstagabend zu Gast auf dem Sofa in der Rheinbacher Hochschulbibliothek, las aus seinem neuen Roman „Seltene Affären“ und beantwortete Fragen der stellvertretenden Leiterin Susanne Kundmüller-Bianchini. Der Roman erzählt die Geschichte des ungewöhnlichen Doppellebens von Peter Vorden, der sein Leben in verschiedene Rollen aufgeteilt hat. Montags bis donnerstags gibt er als eine Art „Grüß-Gott-August“ den Chef eines Restaurants in Lothringen, ein „Leben wie auf Autopilot“. An den anderen Tagen der Woche weilt er in Deutschland und schreibt Geschichten für seinen Zwillingsbruder Paul, einen erfolgreichen Romanautor.

Paul ist mit Anne verheiratet, der einzigen Frau, die je auch für Peter infrage kam. So beschränkt er sich auf Affären und lebt in „ausgeruhter Abstinenz“, erklärt Bayer. Im Laufe des Romans entwickelt Peter jedoch eine Beziehung zur Haushaltshilfe Chiara, die lange Zeit nur in seiner Fantasie und aufgrund von Chiaras „Minimalbotschaften“ stattfindet. Diese hinterlässt sie ihm, wenn sie in Abwesenheit seine Wohnung reinigt – oder sie besucht ihn in seinen Träumen.

Bayer erklärt das so: Peter erschafft Chiara in seiner Fantasie, aber da sie ihn verblüfft, überrascht er sich selbst, also ist sie eine wirkliche Figur. Es geschieht alles, was die Beziehung zwischen zwei Menschen ausmacht. Die Affäre wird übrigens in Bayers Vorgängerroman „Weißer Zug nach Süden“ aus Chiaras Perspektive geschildert. Man könne die Bücher aber unabhängig voneinander lesen, klärt der Autor auf. Seine Personen, sagt Bayer, seien fast immer Mischwesen aus seiner Vorstellung und seiner Wirklichkeit. Sie trinken beispielsweise gerne Rotwein, lieben Musik wie er selbst. „Ich muss ja auch was davon haben“, bekennt er. Kriminalromane könnte er daher nicht schreiben, „weil ich nichts mit solchen Figuren zu tun haben will“.

Kleine, feine Ironie blitzt an vielen Stellen im Text auf, etwa wenn Peter von „aufgeblasenen Ehebrechern“ berichtet, die sich im Restaurant vor ihren Geliebten durch Reklamationen aufplustern. Die Zuhörer schmunzeln, wenn Bayer von der „Ausgrenzungsmethode“ vorliest, mit denen Peter solche Nervensägen in seiner Gästeliste markiert, um ihnen bei künftigen Reservierungsanfragen Absagen zu erteilen. Und wenn er über den „absurden Fleiß“ des Schriftstellers berichtet, könnte das durchaus autobiografisch gemeint sein.

Auf die Frage nach seiner Berufswahl antwortet Bayer: „Talent und Charakter passen bei mir am besten beim Schreiben zusammen.“ Musiker zu werden, habe er auch erwogen, aber da müsse man entweder ein „Anführer“ oder ein „Schmeichler“ sein. „Beides bin ich nicht“, sagte er. Am liebsten arbeite er alleine vor sich hin, „bis ich Zutrauen habe zum Geschriebenen“. Auf seiner Website stellt er sich allerdings als „Schriftsteller, Musiker und Maler“ vor und belegt das mit einer Werkauswahl in allen Genres.

Thommie Bayer, Seltene Affären, Piper Verlag 1.8.2016,192 Seiten, 18 Euro, ISBN: 978-3-492-05611-3

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort