Der Fall Trudel Ulmen bleibt mysteriös

Rheinbach · Bonner Kripo: Die vermisste Rheinbacher Arzthelferin ist vermutlich nicht Opfer einer Straftat geworden. Warum verschwindet ein Mensch völlig spurlos aus seinem bisherigen, dem äußeren Anschein nach rundum sorglosen Leben? Neue Ermittlungen der Bonner Kripo im Fall der seit 16 Jahren verschollenen Rheinbacher Arzthelferin Trudel Ulmen befördern jetzt zwar erste Antworten zutage; doch werfen diese Antworten eine Fülle neuer Fragen auf.

Vergangene Woche, am 9. Januar, berichtete der General-Anzeiger exklusiv über den mysteriösen Fall. Die 1955 als Gertrud Gabriele Lenerz in Mayen (Eifel) geborene und dort aufgewachsene Frau, die seit zwei Jahrzehnten mit ihrem Ehemann in Rheinbach lebte und zuletzt im Neurologischen Reha-Zentrum Godeshöhe arbeitete, hatte am 20. März 1996 zum letzten Mal Kontakt zu ihrer Familie in der Eifel. Da telefonierte sie mit ihrem jüngeren Bruder, an dem sie sehr hing.

"Sie klang unbeschwert, gut gelaunt, wie immer", erinnert sich Thomas Lenerz, als sei es gestern gewesen. Am nächsten Tag erschien Trudel Ulmen nicht zur Arbeit. Seither empfing die Familie in Mayen nie wieder ein Lebenszeichen, obwohl Trudel Ulmen stets engen Kontakt zu Bruder, Schwester, Mutter und dem über alles geliebten, 2004 verstorbenen Vater gepflegt hatte.

Als der General-Anzeiger, der zufällig auf den Fall gestoßen war, vor wenigen Wochen erstmals bei der Bonner Polizei nachhörte, war man dort völlig überrascht - und begann zu ermitteln. In der Personalakte des Godesberger Arbeitgebers fand sich dann ein Hinweis, dass die Polizei tatsächlich 1996 im Reha-Zentrum nachgefragt hatte, demnach also eine Vermisstenmeldung und eine Akte existiert haben mussten.

Nach geltendem Recht werden die Akten unaufgeklärter Vermisstenfälle 30 Jahre lang aufbewahrt, die Akten aufgeklärter Fälle aber nach fünf Jahren vernichtet. Der Fall war demnach wohl als erledigt abgehakt worden. Dem Vernehmen nach hatte der damalige Ehemann seine Frau Ende März 1996 als vermisst gemeldet, nur wenige Tage später aber Entwarnung gegeben, weil sie sich telefonisch gemeldet habe: Ihr gehe es gut. Dies soll wohl auch eine "gute Freundin" gegenüber der Polizei bezeugen, heißt es.

"Ob die damaligen Ermittlungen aufgrund dieses Hinweises oder darüber hinaus durch weitergehende Feststellungen eingestellt wurden, konnte bislang nicht rekonstruiert werden, weil die Akten ordnungsgemäß vernichtet wurden", sagte Kriminalhauptkommissar Frank Piontek, Pressesprecher des Präsidiums, am Dienstag auf Anfrage. "Eine Befragung der damaligen Sachbearbeiter brachte keine weitergehenden Erkenntnisse."

Mehrere gute Freundinnen, die der General-Anzeiger bislang befragte, können sich hingegen ein freiwilliges spurloses Verschwinden nicht erklären. "Da müsste die Trudel schon zwei Gesichter gehabt haben - was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann", sagt etwa Wilma Althoff, seit frühen Kindheitstagen und bis zu ihrem Verschwinden Trudels enge Freundin.

Auch die Familie steht vor einem Rätsel. Thomas Lenerz am Dienstag: "Die Trudel beruhigt ihren verlassenen Ehemann am Telefon, meldet sich aber nie wieder bei uns, kommt auch nicht zur Beerdigung ihres Vaters?"

Gertrud Gabriele Ulmen, geborene Lenerz, taucht jedenfalls nach 1996 in keinem Melderegister Deutschlands mehr auf. "Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass sie sich eventuell ins Ausland begeben hat", sagte gestern Polizeisprecher Frank Piontek. "Der Sachverhalt wurde der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Dort sieht man keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat."

Allerdings wird der Fall noch nicht zu den Akten gelegt. Piontek: "Da der Aufenthaltsort nicht bekannt ist, werden die polizeilichen Ermittlungen als Vermisstensache fortgeführt."

Für Donnerstag hat sich die Bonner Kripo in Mayen angekündigt: Man will die Verwandten befragen und um eine DNA-Probe bitten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort