Drogenhandel in der JVA Rheinbach Der einzige Zeuge schweigt bis zum Schluss

RHEINBACH/BONN · Vollkommen unbeeindruckt zeigte sich ein 33-jähriger Zeuge von einem halben Jahr Ordnungshaft: Im Prozess vor der Berufungskammer am Bonner Landgericht um den Handel mit Kokain in der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt schwieg der einzige Belastungszeuge in der mehrmonatigen Verhandlung bis zum Schluss.

Dies hatte zur Folge, dass die Berufungsrichter die vor Gericht ebenfalls schweigenden 27 und 41 Jahre alten Angeklagten vom Vorwurf des Drogenhandels freisprachen. Denn die beiden langjährigen Insassen des Gefängnisses wurden allein durch die Angaben des Mithäftlings belastet.

Gegenüber seiner Abteilungsleiterin und einem Polizisten hatte der 33-Jährige behauptet, er habe von den beiden Angeklagten sieben Gramm Kokain bekommen. Die habe er dann an Mitgefangene weiter verkaufen sollen. Offenbar konsumierte er das Kokain jedoch selbst. Die beiden Angeklagten hätten ihn daraufhin unter Druck gesetzt, ihnen über Umwege 700 Euro zukommen zu lassen.

Vom Rheinbacher Amtsgericht waren die beiden Männer deshalb zu dreimonatigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Doch den Berufungsrichtern reichte die Indizienlage ohne eine Aussage des "einzigen direkten Beweismittels" nicht aus. An zehn Prozesstagen innerhalb von sechs Monaten war verhandelt worden. Durch die verhängte Ordnungshaft, die maximal ein halbes Jahr dauern darf, sollte der Zeuge doch noch dazu bewegt werden, auszusagen.

Alle drei Wochen wurde der inzwischen in ein anderes Gefängnis verlegte 33-Jährige in den Zeugenstand gebeten - doch er blieb stumm. Von der zusätzlichen Haftzeit ließ er sich nicht beeindrucken. Er sitzt sowieso noch etliche Jahre im Gefängnis, da er zu einer mehrjährigen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt ist.

In den Augen des Gerichts könne es zwar gut sein, "dass die beiden Angeklagten dem Mithäftling sieben Gramm Kokain gegeben haben". Doch für eine Verurteilung reichten die Indizien nicht aus. Zwar hatte ein Bediensteter gehört, dass der 41-Jährige den Zeugen durch eine Zellentür gefragt hatte, ob die 700 Euro schon überwiesen seien. Dies bedeute jedoch nur, dass der 33-Jährige Schulden hatte. Der Vorsitzende: "Wofür, lässt sich nicht ableiten."

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