Mehlschwalben in Rheinbach Der Bestand geht zurück

RHEINBACH · Der Rheinbacher Ornithologe Jochen Groß hat in diesem Jahr den Bestand der Mehlschwalben in der Stadt erforscht. Seit Jahrtausenden bevorzugen die Mehlschwalben, ursprünglich Bewohner felsiger Landschaften, die menschlichen Siedlungen als Lebensraum. Von vielen Hausbesitzern werden sie als Glücksbringer geschätzt.

 Mund auf: Eine Schwalbe versorgt einen Jungvogel mit Futter. FOTO: DPA

Mund auf: Eine Schwalbe versorgt einen Jungvogel mit Futter. FOTO: DPA

Foto: dpa-Zentralbild

"Viel ist es nicht, was sie zum Leben brauchen. Neben schönem Sommerwetter ohne lange Regenperioden sind das möglichst rau verputzte Fassaden mit Dachvorsprüngen als Wetterschutz, freier Anflug, ein ausreichendes Angebot an kleinen Fluginsekten, unbefestigte Freiflächen mit schlammigen Pfützen für den Nestbau", berichtet Groß. Bedingungen, die sich in Rheinbach und vielen anderen Orten über die Jahre aber verschlechtert haben.

Groß hat in diesem Jahr in seiner Freizeit den Brutbestand der Mehlschwalben im engeren Stadtgebiet untersucht und mehrfach von Mai bis August kontrolliert. Unter dem Strich ermittelte er 179 beflogene Nester. Angesichts der Flächengröße und Einwohnerzahl eine seiner Meinung nach geringe Zahl - auf etwa 150 Menschen kommt ein Schwalbenpaar.

Dabei sind die einzelnen Stadtviertel sehr unterschiedlich besiedelt. Am Besten sieht es derzeit an den Stadträndern im Übergang zur offenen Feldflur aus - etwa im Neubaugebiet am Weilerfeld (70 Brutpaare) und Am Blümlingspfad und Umgebung im Norden (52). Dort fanden die Mehlschwalben Ersatz für die fast vollständig erloschenen Brutplätze in der stark versiegelten Innenstadt. Weitgehend gemieden werden laut Groß' Untersuchung auch die Gewerbegebiete und bestimmte Wohnviertel, offenbar wegen ungeeigneter Baumaterialien und Dachkonstruktionen. Die meisten Schwalbennester befanden sich an Wohnblöcken und Reihenhäusern in mindestens fünf Metern Höhe. Die Brutaktivität setzte im Mai sehr zögerlich ein, wobei der Mangel an Nistmaterial infolge der Trockenheit eine Rolle spielte, und erreichte erst im Juli ihren Höhepunkt, so die Ergebnisse von Groß.

Vergleichsdaten zum Bestand aus vergangenen Jahren lagen Groß nicht vor. Spuren von verlassenen und zerstörten Kolonien lassen seiner Meinung nach aber auf einen deutlichen Rückgang schließen. Ganze Straßenzüge sind heute verwaist.

Die natürlichen Bedingungen für die "Glücksbringer" werden sich in Rheinbach in absehbarer Zeit kaum verbessern können, so Groß. Er sagt: "Gerade deshalb sollten die Hausbesitzer und -verwaltungen die Vögel fördern oder zumindest dulden. Viele tun das auch und bringen Kotbrettchen gegen den Schmutz an. Manche Tierfreunde stellen auch künstliche Nisthilfen zur Verfügung. Diese werden vielfach genutzt, obwohl die Schwalben ihre Halbkugeln noch lieber selbst bauen, oft in der Nähe der vorjährigen."

Die mutwillige Zerstörung von Schwalbennestern ist nach dem Artenschutzrecht strafbar und kommt nicht mehr so oft vor wie früher, sagt Groß. Verbreitet seien dagegen Drahtgeflechte, Flatterbänder und andere Schikanen, mit denen die kleinen "Untermieter" ferngehalten werden sollen.

Groß sagt: "Es bleibt zu hoffen, dass ein Umdenken einsetzt. Wir sollten den kleinen Mitbewohnern, die gerade ihr Brutgeschäft beendet haben und sich auf den Wegzug nach Afrika vorbereiten, die gleiche Zuneigung entgegenbringen wie unseren Vierbeinern." Jochen Groß will die Entwicklung der Schwalben-Population weiter verfolgen.

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