Millioneninvestitionen in Gefängnis Brombeerrot für schwere Jungs

Rheinbach · Der Neubau des C-Flügels steht kurz vor der Fertigstellung. Arbeiten laufen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Die Kapazität der Justizvollzugsanstalt erhöht sich auf 645 Plätze. Das Land investiert 34 Millionen Euro.

Ein wenig Fantasie braucht es schon, um sich eine grüne Parklandschaft an der noch eher wüsten Stelle vorzustellen, wo derzeit noch allerlei Bau- und Firmenfahrzeuge parken sowie großflächig Baumaterialien lagern. Wobei: Schattenspendende, weitverästelte Bäume werden auf der wohl ungewöhnlichsten Baustelle im Rhein-Sieg-Kreis wohl ohnehin niemals heimisch werden – aus Sicherheitsgründen. Schließlich wollen die Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rheinbach ihre inhaftierten Insassen immer im Blick behalten.

Ungewöhnlich macht die Baustelle, dass sie die Einzige weit und breit ist, die mit einem mehr als sechs Meter hohen Mauerprovisorium, einer acht Meter hohen Gefängnisumwehrung sowie mit vielen Kameras, Sensoren und Stacheldrahtrollen gesichert ist. Die Arbeiten zum Neubau des C-Flügels der JVA biegen jetzt auf die Zielgerade, berichtet Paul Pruß, Leiter der Bauverwaltung der JVA Rheinbach, beim Baustellenrundgang mit den General-Anzeiger.

Über dem viergeschossigen Neubau schwebt, nicht sichtbar, aber dennoch zum Greifen nah, eine Besuchsankündigung: Am Montag, 30. September, 15 Uhr, kommt NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) nach Rheinbach, um das 34 Millionen Euro teure Gebäude zu eröffnen und seiner Bestimmung zu übergeben.

Der neue C-Flügel mit seinen 220 Hafträumen ist so groß dimensioniert, dass neben dem C-Flügel auch ein sogenannter E-Flügel entstanden ist, wie Paul Pruß erklärt. Aus luftiger Höhe betrachtet, gleicht der Grundriss des Neubaus auf dem Rheinbacher JVA-Gelände nämlich einem liegenden L. Der längere Teil des Buchstabens bildet den C-Flügel, der kürze die E-Sektion.

Wo sich die langen Gänge der beiden Flügel treffen, ist das sogenannte Abteilungsbüro zu finden. Von dort aus haben die Diensthabenden einen Panoramablick auf das gesamte Stockwerk. Anhand dieses für die Überwachung wichtigen Raumes zeigt sich, wie viel Sicherheit in dem Neubau schlummert: Das Abteilungsbüro verfügt auf seiner Rückseite über ein eigenes, separates Treppenhaus.

Sollten in der Abteilung eventuell Umtriebigkeiten ihren Anfang nehmen, können die Mitarbeiter über diesen verschlungenen und besonders gesicherten Weg Verstärkung anfordern oder sich selbst in Sicherheit bringen.

So gut wie bezugsfertig sehen die Hafträume aus, die mit den Zellen des 2016 abgerissenen, 102 Jahre alten C-Flügels der JVA so gar nichts gemein haben. Ins Auge fällt etwa die Größe: Die meisten Hafträume für einen Inhaftierten sind mit bis zu 11,5 Quadratmetern bemessen. Die alten Zellen aus dem Jahr 1914 hatten 7,7 Quadratmeter. Wer eine Zelle für zwei Personen bewohnen darf, hat mit seinem Mitbewohner rund 17 Quadratmeter zur Verfügung. Die unkaputtbare Halterung für ein Fernsehgerät ist auch schon angebracht.

„Einen Fernseher dürfen die Gefangenen haben – es sei denn, es spricht aus disziplinarischen Gründen etwas dagegen“, sagt Pruß, der seit 40 Jahren und vier Monaten in der Rheinbacher JVA tätig ist, seit 1997 als Leiter der Bauverwaltung – eine arbeitsreiche Abteilung der JVA (siehe Artikel unten).

Einen erkennbar anderen Farbtupfer setzen die Hafttüren. Statt dunklen Holztönen wie vor mehr als 100 Jahren fallen die neuen Türen durch ihre brombeerrote Farbe auf. Ein weiteres Detail neben der Brombeertür: Rechts neben dem Schlüsselloch und der Verriegelung ist noch ein Schlüsselloch zu finden. „Ein Schlüsselschalter“, erklärt Pruß. Mit ihm können die Mitarbeiter das Licht im Haftraum ausschalten - gegen den Willen des Gefangenen sozusagen.

Im Raum daneben fehlt noch die besondere Bestuhlung, die den Raum besonders macht: In der Frisieurstube fehlt die Möblierung noch ebenso wie in einigen Hafträumen. Nur in den Forensikzellen sind schon alle Möbel da: Das Bett, der Stuhl und ein Tisch sind aus Beton - einbetoniert und mit Eisen bewehrt. Zwei Kameras lassen in diesem Raum für ausschließlich aggressive Inhaftierte keine Privatsphäre zu.

Über blaues Vlies wandelt derzeit noch, wer sich auf der Baustelle aufhält. Wenn alle Haftmöbel geliefert sind, ist aber auch die Zeit dieses Provisoriums passé. Von außen erstrahlen der C- und der E-Flügel in einem freundlichen Gelb, welches sich am Farbton der übrigen Gefängnisflügel und der Anstaltskirche orientiert. „Mitte Juni wird das Gerüst abgebaut“, sagt Pruß mit Erleichterung in der Stimme. Schließlich ist das Großprojekt mit den besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen ohne gigantische Kostensteigerungen auf die Zielgerade gebogen.

War bei Baubeginn von 31 Millionen Euro die Rede, hat der Neubau bisher mit 34 Millionen Euro zu Buche geschlagen. „Nach derzeitigem Stand wird der Kostenrahmen eingehalten“, sagt Frank Buch, Pressesprecher des Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) Nordrhein-Westfalen. Der BLB ist nach eigenen Angaben Eigentümer und Vermieter aller Immobilien des Landes. Ebenso zuversichtlich ist Buch, was den Zeitplan betrifft: „Die Übergabe des Neubaus Hafthaus C an die JVA Rheinbach ist für Ende September geplant.“

Mehr Bilder unter www.ga.de/jva

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