Interview mit Leiter der Malteser-Wache Rheinbach „Besonders an Weiberfastnacht treffen sich viele Jugendliche und trinken“

Rheinbach · Thorsten Schuhmann ist Leiter der Rheinbacher Malteser-Wache. An den Karnevalstagen können sich die Mitarbeiter der Rettungskräfte über Mangel an Arbeit nicht beklagen. Der Malteser-Hilfsdienst ist auch bei den Zügen in Meckenheim, Rheinbach und Bornheim im Einsatz und kümmert sich dort auch um Menschen, die dem Alkohol zu sehr zugesprochen haben.

 Thorsten Schuhmann, Wachleiter der Malteser in Rheinbach.

Thorsten Schuhmann, Wachleiter der Malteser in Rheinbach.

Foto: Axel Vogel

Wenn Sie eine 15-jährige Tochter hätten, die den Rheinbacher Zug sehen und feiern möchte, welchen Ratschlag würden Sie ihr geben?

Thorsten Schuhmann: Sie soll Spaß haben, aber Alkohol ist tabu. Sie soll sich nicht verleiten lassen und sofort zu Hause anrufen, wenn´s Ärger gibt.

Tausende Jecke in der Region freuen sich auf die Züge am Wochenende. Sie auch?

Schuhmann: Klar. Ich bin mit unserer Malteser-Gruppe mit Kollegen, die ebenfalls frei haben, auf einem Wagen im Rheinbacher Zug. Der Wagen ist als Kuckucksuhr gestaltet. Am Sonntag und am Rosenmontag habe ich Dienst. Da ist nichts mit Feiern.

Mit wie vielen Leuten sind Sie beim Rheinbacher Zug im Einsatz?

Schuhmann: In einem Zug von der Größenordnung des Rheinbacher Zugs benötigen wir etwa 20 Leute. In Meckenheim und Bornheim etwa genau so viele. Rechtsrheinisch liegen die Schwerpunkte in Siegburg und Hennef. Insgesamt sind wir im Rhein-Sieg-Kreis an den Karnevalstagen mit einigen 100 Leuten im Einsatz.

Sie werden meist mit den negativen Seiten des Karnevals konfrontiert.

Schuhmann: Das ist richtig. Aber es passieren auch lustige Sachen.

Zum Beispiel?

Schuhmann: Etwa, wenn ein angetrunkener Mann im Elefantenkostüm nicht in den Rettungswagen passt. Oder wenn ein zwei Meter großer Teddybär heulend auf der Bordsteinkante sitzt.

Und die Kehrseite Ihres Jobs?

Schuhmann: Es gibt natürlich Zusammenbrüche nach Alkoholgenuss, Verletzungen nach Schlägereien und Schnittverletzungen durch Glas. Die Zahl dieser Verletzungen ist aber durch die Glasverbote, die in vielen Städten ausgesprochen wurden, deutlich zurückgegangen.

An den Karnevalstagen trinken viele Menschen zu viel Alkohol, von denen Sie einige betreuen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Schuhmann: Meist werden wir von Bekannten aus der jeweiligen Gruppe alarmiert, dass jemand nicht mehr auf sich selbst aufpassen kann. Oft liegen oder sitzen die Leute auf der Straße.

Wie gehen Sie dann vor?

Schuhmann: Wir prüfen zunächst die Bewusstseinslage. Das heißt, wir sprechen denjenigen an, prüfen die Atmung, den Puls, den Blick. Wenn wir Volltrunkenheit feststellen, nehmen wir die Person mit und versuchen, die Personalien festzustellen. Je nach Grad der Trunkenheit wird die Person in einem Zelt mit einer Infusion oder einem Mittel gegen Übelkeit oder sogar im Krankenhaus behandelt. Personen, die maximal alkoholisiert sind, also bewusstlos, kommen auf die Intensivstation.

Welche Gefahren drohen durch übermäßigen Alkoholgenuss?

Schuhmann: Es kann zur Alkoholvergiftung kommen, es besteht eventuell Erstickungsgefahr. Und man sollte die Kälte nicht unterschätzen. Wenn jemand in der Nacht draußen volltrunken einschläft, besteht die Gefahr des Erfrierens.

Gibt es auch Leute, die sich gegen Ihre Versorgung wehren?

Schuhmann: Das kommt hin und wieder vor. Insgesamt ist die Hemmschwelle gesunken, wir werden regelmäßig beleidigt. Die Ausdrücke möchte ich hier nicht wiedergeben. Man muss so was überhören, eine professionelle Distanz wahren. Vielen Menschen sind ihre Ausfälle auch peinlich, wenn sie wieder nüchtern sind. Die entschuldigen sich dann am nächsten Tag.

Und wenn sich jemand körperlich zur Wehr setzt?

Schuhmann: Wir dürfen rechtlich niemanden gegen seinen Willen abtransportieren. Wir sind aber verpflichtet, Leute, die nicht mehr Herr ihres Willens sind, in Sicherheit zu bringen. Wenn wir jemanden haben, der so alkoholisiert ist, dass er für sich und andere eine Gefahr darstellt und sich dennoch nicht behandelt lässt, rufen wir auch aus Selbstschutz die Polizei. Die ist berechtigt, diese Person in Gewahrsam zu nehmen.

Ihre Klienten sind doch sicher vorwiegend Männer, oder?

Schuhmann: Nein, in dieser Hinsicht hat die Gleichberechtigung schon Einzug gehalten. Wir behandelt ebensoviele alkoholisierte Frauen und Mädchen.

Wie gehen Sie mit Jugendlichen um, die zu viel getrunken haben?

Schuhmann: Besonders am Weibertag treffen sich viele Jugendliche bereits nach der Schule und trinken. Ich kann mich ein 13-jähriges Mädchen erinnern, das volltrunken war. Wenn wir die Personalien kennen und die Eltern erreichbar sind, lassen wir die Jugendlichen von ihnen abholen.

Helfen Verbote?

Schuhmann: Die Erwachsenen müssen den Jugendlichen in Sachen Alkohol das ganze Jahr über Vorbild sein, ein Bewusstsein schaffen, aufklären. Geschieht dies nicht, ist ein Verbot über die Karnevalstage wirkungslos.

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