Naturkindergarten Rheinbach Aufwachsen in der Natur - Zwei Kindergruppen verbringen ihre Zeit im Wald

RHEINBACH · Die Brombeerwichtel beginnen ihren Kindergartentag wie viele andere Kindergartenkinder mit einem Morgenkreis. Im Gegensatz zu anderen Kindergartenkindern sitzen sie aber nicht auf Stühlen, sondern auf Baumstämmen. Wenn sie nach oben schauen, sehen sie aber keine Betondecke, sondern Baumwipfel und den Himmel.

Ihre Spielstätten heißen Krähenhorst, Trommelbaum, Wippebaum, große Fichten, dunkler Wald und rotes Lärchenwäldchen. Denn die Brombeerwichtel sind eine Waldgruppe des Naturkindergartens Rheinbach. Nach dem Morgenkreis folgt das freie Spiel. Zwei Kinder nutzen einen umgestürzten Baum als Haus.

Drei andere diskutieren angesichts einer großen Pfütze, wer von ihnen am weitesten springen kann. Zwei Jungen beobachten einen Käfer, der auf einem Stück Baumrinde herumkrabbelt. Die Erzieherinnen sind sich einig: Der Aufenthalt im Wald fördert nicht nur Fantasie, Wahrnehmung und Motorik. Im täglichen Miteinander entwickeln die Kinder auch ihre sozialen Fähigkeiten stetig weiter.

Denn im Wald ist jeder auch einmal auf die Hilfe der anderen angewiesen. Besonders gefragt sind da die "Maxis", die Vorschulkinder der Gruppe. Vor dem Frühstück haben vier von ihnen Dienst an der "Waschstraße". Alle Kinder stellen sich in eine Reihe. Zuerst passieren sie Helmi mit der Lavaseife. Dann gießt Farell ihnen vorsichtig Wasser aus einem Wassersack auf die Hände.

Lisa hält das Handtuch, und Thore gibt das Stillezeichen: "Wenn alle still sind und nach vorne gucken, geht die Waschstraße weiter."Während die Letzten noch die Hände waschen, gestaltet die fünf-jährige Jeanne schon mal die Mitte für den Frühstückskreis. Sie hat Äste gesammelt, aus denen sie ein kleines Tipi baut. Sorgfältig hängt sie noch ihre neue Kauri-Kette aus Afrika daran.

Zu guter Letzt bastelt sie einen Schmetterling aus Holzstückchen und Blättern. In der Gestaltung der Mitte sind die Kinder frei, inspiriert wurde Jeannes Kreation aber von den vergangenen zwei Projekten der Gruppe: Indianer und Schmetterlinge. "Wir erarbeiten die Themen mit den Kindern ganzheitlich", so Iris Walbröhl, Erzieherin der Gruppe.

Für das Thema Schmetterlinge heißt das: Die Kinder beobachten Raupen und Schmetterlinge in der Natur. Sie basteln Schmetterlinge aus Naturmaterialien wie Ästen, Blättern, Blüten und Bast. Die "Maxis" bekommen als Vorbereitung für die Schule Arbeitsblätter über die Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling, auf denen sie Bildchen anmalen, ausschneiden und in der richtigen Reihenfolge aufkleben können.

Gruppenleiterin Miriam Edimo-Dicka, die den Maxi-Club leitet, freut sich über positive Rückmeldung von den Schulen: Die Kinder aus dem Waldkindergarten fallen dort durch besonders gute Konzentrationsfähigkeit auf. Neben dem täglichen Programm macht die Gruppe themenbezogene Exkursionen. Zum Thema Wind besuchen die Kinder das Naturkundemuseum Rheinbach.

Zum Bio-Bäcker fahren sie, wenn das Thema "Vom Korn zum Brot" ansteht. Auch ein trauriges Ereignis regte einen Ausflug an: Nach dem Tod der ehemaligen Gruppenleiterin und Gründerin des Naturkindergartens Lieselotte Dams ging die Gruppe zum Friedhof, um einen Dankesgruß am Grab zu sprechen. Mit den Kindern sprachen die Erzieherinnen über ihre Erinnerungen an die Kollegin.

"So lernen die Kinder: Der Tod gehört zum Leben dazu", meint Edimo-Dicka. Zusätzlich zu den Gruppenexkursionen machen die Vorschulkinder eigene Ausflüge. Jedes von ihnen wird von den anderen Maxis zu Hause besucht, darf seinen Schulranzen zeigen und führt in seinem Viertel herum. Die Schultüten werden im Kindergarten gebastelt und "eingegrünt": Mit getrockneten Farnen, Blättern und Blüten entstehen Unikate, an denen die Kinder des Naturkindergartens zu erkennen sind.

80 Kinder in vier Gruppen

Der Naturkindergarten Rheinbach unter der pädagogischen Leitung von Sabine Heinen ist eine Elterninitiative. Der Vereinsvorsitz liegt bei Helmut Häfner und Kirsten Asmus-Alfert. Rund 80 Kinder werden in vier Gruppen betreut. Zwei davon sind Waldgruppen.

Im Stadtparkwald haben sie sechs feste Spielstätten, unternehmen Ausflüge und ziehen sich bei sehr schlechtem Wetter in ihren Bauwagen zurück. Die zwei "Hausgruppen" halten sich überwiegend im Kindergartengebäude im Neubaugebiet Blümlingspfad auf.

Auch sie werden nach umweltpädagogischen Grundsätzen betreut und verbringen regelmäßig Zeit im Wald. Beide Betreuungsformen haben je eine Gruppe, in der auch Unter-Dreijährige aufgenommen werden.

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