Dokumente glanzvoller Bonner Staatsbesuche Auf Tuchfühlung mit der Queen

Rheinbach · Der Rheinbacher Erich Scharrenbroich findet im Nachlass seines Onkels, der als Dolmetscher am Bundesverteidigungsministerium arbeitete, Dokumente glanzvoller Staatsbesuche in Bonn in den 60er Jahren.

Dokumente vieler Staatsbesuche fand Erich Scharrenbroich im Nachlass seines Onkels.

Dokumente vieler Staatsbesuche fand Erich Scharrenbroich im Nachlass seines Onkels.

Foto: Mario Quadt

Wenn es stimmt, dass es im Leben keine Zufälle gibt, dann sind diese im Leben einer britischen Königin erst recht nicht existent: In einem Abendkleid in türkisblauem, doppelseitigem Satin betritt Queen Elisabeth II. am Abend des 18. Mai 1965 Schloss Augustusburg in Brühl. Das Oberteil ist ganz und gar mit kleinen weißen Glasperlen bestickt. „Die weiß-blaue Farbkombination ist dem Familienwappen des Erbauers von Schloss Augustusburg entnommen“. Als Muster der Stickerei diene die dortigen Rokokoverzierungen von Cuvilliés.

Niemand geringeres als das Königshaus selbst kommuniziert diese Garderobendetails Ihrer Majestät während des Besuchs – stilecht auf Papier mit königlichem Wappen. In einer Kiste entdeckt Erich Scharrenbroich aus Rheinbach jetzt dieses über 50 Jahre alte Schriftstück. In den Kisten hat sein Onkel, Frederic Adams, lange Jahre Dolmetscher am Bundesverteidigungsministerium, so ziemlich alles gesammelt, was er als Zeitzeuge glanzvoller Bonner Staatsbesuche in die Finger bekam – Redemanuskripte, Fotos, Gästelisten, Menükarten – und königliche Kleiderbeschreibungen.

Da Adams, der in Rheinbach lebte und im Jahr 2013 im Alter von 95 Jahren starb, als britischer Staatsbürger auf die Welt kommt, lag ihm der Besuch der damals 39 Jahre alten Monarchien, die am Donnerstag 90 Jahre alt wird, naturgemäß besonders am Herzen, vermutet Scharrenbroich. „In den 50er Jahren hat er meine Tante kennengelernt und die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen“, berichtet er im Gespräch mit dem GA. In weiteren Kisten aus Adams Nachlass sind Zeugnisse des Kennedy-Besuchs im Juni 1963 in Bonn oder des Staatsbegräbnisses für Konrad Adenauer am 25. April 1967 zu finden.

Queen Elisabeth II in Bonn: Fotos der Besuche aus 1965, 1977, 1992
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Besuche von Queen Elisabeth II. in Bonn

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Foto: Engels

Kalbsmedaillons und Prinzess-Bohnen für die Queen

An vielen Staatsbesuchen hat Frederic Adams teilgenommen. Wie nah er der Queen anno 1965 gekommen sei, lasse sich nicht mit Gewissheit rekonstruieren, meint sein Neffe schulterzuckend. Die Speisekarte für den Staatsempfang zu Ehren Ihrer Majestät am 18. Mai 1965 in Schloss Augustusburg – zum Hauptgang gab es Kalbsmedaillons „Fontainebleau“ mit Artischocken, Gänseleber und Trüffeln sowie Prinzessbohnen – ist ebenso im Nachlass zu finden, wie die Gästeliste, die Rede der Königin und der Trinkspruch von Bundeskanzler Ludwig Erhard.

Andere Dokumente in den Kisten weisen Adams als direkt Eingeladenen aus: So lädt ihn der später in die Spiegel-Affäre verwickelte und anschließend beurlaubte Volkmar Hopf, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, persönlich zum Empfang zu Ehren des südafrikanischen Verteidigungsministers J.J. Fouché am 12. Juli 1961 ein. Bemerkenswert ist die Uhrzeit der ersten Mahlzeit des Tages: Für 13.15 Uhr lädt der Staatssekretär in die Weinstube des Hotelrestaurants der Godesburg ein.

Unter Verschluss der Familie bleiben aber Gedichte, die Adams angefertigt hat. So habe der Onkel die Eindrücke von dienstlichen Treffen und Konsultationen stets in Reimform niedergeschrieben – nicht immer bekommen die Gesprächspartner Bestnoten, deutet Scharrenbroich an. Die Texte seien schlicht „zu privat“, sagt der selbstständige Unternehmer. Und: Viele der akribisch geführten Tagebucheinträge unterliegen einer Art Verschlüsselung: Sie sind in Altgriechisch abgefasst – einer ausgestorbenen Sprache, der heutzutage nur eine überschaubare Zahl von Gelehrten mächtig ist. „Er unterlag einer vergleichsweise hohen Sicherheitszertifizierung“, weiß Scharrenbroich – zumindest für einen Dolmetscher.

Überhaupt weise das Leben des innig geliebten Familienmitglieds auch einige weiße Flecken auf: Bekannt ist, dass Adams während der Zeit des Zweiten Weltkriegs seinen Dienst bei der Palestine Police Force verrichtet, der britischen Polizei im damals kolonialen Mandatsgebiet. Zwischen 1940 und 1943 verzichtet der sonst akribische Tagebuchschreiber auf Eintragungen. „Zu diesem Zeitpunkt ist nirgendwo auf der Welt Gutes passiert“, sagt der Rheinbacher. Nachfragen zu dieser Zeit habe der sonst so weltoffene Onkel stets ausweichend beantwortet. Überhaupt stehe Scharrenbroich erst am Anfang der Aufarbeitung der Geschichte seines Onkels. „Ich habe noch eine Menge an Kisten.“

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