Gespräch am Wochenende mit Joshua Clausnitzer „Mein Alltag inspiriert mich“

Meckenheim · Der Meckenheimer Joshua Clausnitzer ist 23 Jahre alt und hat schon einen Band mit selbst geschriebenen Gedichten veröffentlicht. Er spricht über seine Liebe zum Wortspiel, harten Konsonanten und die Region.

 Joshua Clausnitzer in seinem Wohnzimmer zeigt seinen Lyrik-Band

Joshua Clausnitzer in seinem Wohnzimmer zeigt seinen Lyrik-Band

Foto: Naomi Bader

Joshua Clausitzer: Das begann 2013. Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen, und als mein Opa in Rente gegangen ist, hat er angefangen, Gedichte zu schreiben. Vorher habe ich mich gar nicht wirklich für Lyrik interessiert. Aber so habe ich auch selbst angefangen zu schreiben.

Hat Ihr Großvater das noch erlebt?

Clausnitzer: Nein, mein Opa ist leider vor zwei Jahren gestorben. Aber das Buch ist ihm gewidmet.

Gibt es Lyrik, die Sie besonders beeinflusst hat?

Clausnitzer: Nicht wirklich, ich bin da eher eigen. Also ich lese natürlich Literatur, aber noch nicht mal besonders gerne Gedichte oder spezifisch Lyrik und Prosa-Sachen. Sehr gerne lese ich englische Literatur, auch weil ich Anglistik studiere. Hemingway zum Beispiel, Literatur der 20er und 30er Jahre vor allem.

Was macht Ihre Gedichte aus?

Clausnitzer: Ich reime viel. Aber man kann mit der deutschen Sprache auch so viel Schönes, anderes machen. Ich spiele gerne damit, finde in Wörtern andere, die man auf den ersten Blick nicht erkennt. Sowas wie „Kompost“ wird bei mir zu „Komm, Post.“ Oder aus „Herzog“ wird „der kleine Herr zog.“

Was inspiriert Sie?

Clausnitzer: Mein Alltag inspiriert mich. Aber auch Geschehnisse, die nicht ganz so schön sind. Nicht alles, was ich schreibe, soll lustig sein. Ich will auch Denkanstöße geben, deshalb habe ich schon Gedichte über Krieg geschrieben, auch über Flüchtlinge und Geld, darüber, dass man es nicht so verschwenden soll. Meistens setze ich mich irgendwo hin, in mein Zimmer oder in ein Café, und überlege, was mich berührt. Manchmal ist das ganz simpel. Zum Beispiel habe ich kürzlich ein Gedicht über Kakao geschrieben. Aber eigentlich sind meine neueren Gedichte etwas härter, da möchte ich Teile der Gesellschaft vielmehr durch den Kakao ziehen.

Sie verfolgen also eine bestimmte Botschaft?

Clausnitzer: Ja! Ich möchte Denkanstöße geben, auch zu banalen Themen, oder Themen, die sowieso die ganze Zeit in den Nachrichten sind. Ich finde es wichtig, dass man sich mit solchen Dingen beschäftigt. Gerade weil man als Normalbürger oftmals nicht den direkten Einfluss hat. Da kann man sich zumindest Gedanken darüber machen. Seien es die Flüchtlinge oder die Besserwisser, die ihren Senf zu Themen dazugeben, von denen sie keine Ahnung haben.

Wenn junge Menschen kaum Gedichte lesen, wie, glauben Sie, kommt Ihre Botschaft an?

Clausnitzer: Ich biete ja Lesungen an, und da kommen erstaunlich viele junge Leute. Und gerade bei Lesungen kann ich Gedichte gut an den Mann bringen, weil die Leute hören, dass ich andere Gedichte mache. Außerdem macht mir das Vortragen von Gedichten großen Spaß. Warum sollte ich davon abweichen? Ich will durch meine Vorträge der Unlust an Lyrik entgegenwirken, und ich habe bisher gute Resonanz bekommen.

Es gibt dennoch Menschen, die finden, das Gedicht sei tot...

Clausnitzer: Also ich finde die Form toll, es ist deutsches Kulturgut, und deshalb dürfen Gedichte nicht verloren gehen. Wenn ich einen kleinen Teil dazu beitragen kann und den Menschen meine Gedichte gefallen, ist das schon super.

Und warum Gedichte? Was gefällt Ihnen an der Form?

Clausnitzer: Das Kurze Knackige, der Rhythmus und Klang: Dass man viele harte Konsonanten oder weiche Vokale benutzen kann. Ich hab gerne ein K oder T in meinen Gedichten. Wenn ich das vortrage, kann ich das schön betonen. Zack, zack, zack. Das gefällt dem Ohr des Zuhörers und ist eine Herausforderung für mich als Vortragenden.

Bringen Sie in den Gedichten auch Ihre persönlichen Gefühle zum Ausdruck?

Clausnitzer: Das mache ich mehr in den Kurzgeschichten. Zum Beispiel in einem Brief an mein jugendliches Ich. Der ist sehr emotional, darin schreibe ich auch über die schlechten Dinge, die ich erlebt habe.

Was zum Beispiel?

Clausnitzer: Etwa mein Autounfall 2015, da bin ich über die Straße zum Sportplatz gegangen, die Ampel war grün, aber eine Seniorin hat mich nicht gesehen und angefahren. Ich hatte zwei Halswirbel gebrochen und großes Glück, nicht querschnittsgelähmt zu sein. Ich war vier Tage im Krankenhaus, musste sechs Wochen eine Halskrause tragen, insgesamt hat das alles sechs Monate gedauert, kein Sport, konnte teilweise nicht mal lesen und hatte schreckliche Schmerzen.

Mit Lyrik lässt sich kaum Geld verdienen. Was machen Sie, außer Gedichte zu schreiben?

Clausnitzer: Ich komme jetzt ins vierte Semester, studiere Anglistik und Geschichte in Bonn. Mit Gedichten lässt sich vielleicht nicht sehr leicht Geld verdienen. Aber durch das Medieninteresse an meinen Gedichten und auch an meiner Person merke ich schon, dass es in die richtige Richtung geht. Wenn sich mir die Möglichkeit eröffnen sollte, würde ich es hauptberuflich machen und meinem Studium vorziehen. Davon träume ich. Aber Geschichte ist mein Fach! Ich würde auch als Archivar oder in einem Institut wissenschaftlich arbeiten.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Clausnitzer: Ich jogge seit etwa vier Jahren regelmäßig. Früher habe ich mal 100 Kilo gewogen, so habe ich 30 Kilo abgenommen. Außerdem spiele ich Tischtennis. Gerne reise ich, in der elften Klasse war ich für ein Jahr in Amerika. Und ich mache Musik. Ich spiele Trompete, früher sogar mal im Orchester.

Werden Sie auch durch die Region beeinflusst?

Clausnitzer: Ja, absolut! Ich habe vor Kurzem ein Gedicht geschrieben, das den Namen „Rhein“ trägt. Da hab ich mich an den Rhein gesetzt und einfach losgeschrieben. Mir gefällt die Natur hier, aber auch die Menschen. Die Rheinländer, ihre Art, diese Frohnatur. Und der Karneval – was wäre das Rheinland ohne den Karneval? Meckenheim ist sehr klein für jemanden, der hoch hinaus will. . . Wie gesagt, ich liebe es zu reisen, aber ich bin eben auch gerne zu Hause. Ich möchte auch hier wohnen bleiben, zumindest im Bonner Umfeld. Ich steh dazu: Ich bin Lokalpatriot und liebe meine Heimat. Die Eifel ist doch wunderschön! Das binde ich gerne mit in meine Texte ein.

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