Meckenheimer Stadtarchivarin Ingrid Sönnert berichtete über die Geschichte des jüdischen Friedhofs

MECKENHEIM · Was für Christen ein Ort der Trauer ist, heißt bei Angehörigen des jüdischen Glaubens "Haus des Lebens": der Friedhof. Beeindruckend, wie nah Leben und Sterben im Judentum beieinander liegen, findet Ingrid Sönnert.

 Im Sonnenlicht: Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof in Meckenheim.

Im Sonnenlicht: Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof in Meckenheim.

Foto: Roland Kohls

Für etwa 20 Interessierte ließ die Stadtarchivarin bei einer Führung, zu der sie gemeinsam mit dem Heimatverein Meckenheim eingeladen hatte, die Vergangenheit des Jüdischen Friedhofs lebendig werden.

Inmitten eines Wohngebietes an der Dechant-Kreiten-Straße liegt das etwa 2000 Quadratmeter große Gelände, das fast wie ein gepflegter kleiner Park wirkt: hohe Bäume, einige Büsche, dazwischen Rasenfläche und nur wenige alte Grabsteine. Ein Ort der Ruhe - und gemäß dem jüdischen Glauben wird er das auch bleiben. Denn ein jüdischer Friedhof ist für die Ewigkeit angelegt. Die Totenruhe ist unantastbar.

Bis ins 16. Jahrhundert reiche die Geschichte der Juden in Meckenheim, berichtete Sönnert. Die jüdische Gemeinde war eine "typische kleine Landgemeinde", zahlenmäßig begrenzt. Weil ihnen nicht jedes Gewerbe gestattet war, verdienten die Juden zumeist als Händler ihren Lebensunterhalt. Der Friedhof wurde 1711 erstmals erwähnt. Pastor Conrad Hochhausen erhielt als Pacht für das Stück Land außerhalb der Stadt, das zum Pastoralgut gehörte, alle zwei Jahre einen "zwey löthigen silbernen löpffel" und jährlich um die Osterzeit einen Braten. 1910 erstand die jüdische Gemeinde das Friedhofsgelände.

1939 dann vereinbarten Stadt und Gemeinde, dass die Stadt den Friedhof wieder übernehme, die Gräber aber unangetastet bleiben und solange Juden in Meckenheim leben, diese hier begraben werden sollten. Grabungen sollten unterbleiben. Anfang 1942 wurden die letzten in Meckenheim lebenden Juden von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet. Die Stadt bot daraufhin die Grabsteine und Einfassungen zum Verkauf und fand in der Bad Godesberger Firma Rickert einen Abnehmer: "Ein absoluter Vertragsbruch", kommentierte Sönnert. Sie könne über die tatsächliche Anzahl von Gräbern nur mutmaßen. Etwa 150 Menschen könnten auf dem Meckenheimer jüdischen Friedhof begraben sein.

Die meisten der Steine blieben verschollen. Einige wenige habe die Firma Rickert nach dem Krieg wieder zurückgeführt, sie aber eventuell am falschen Platz aufgestellt. Drei der Grabsteine waren 1947 versehentlich auf dem Rheinbacher jüdischen Friedhof gelandet und stehen dort heute noch. 55 identifizierte Gräber und 29 Grabsteine gebe es heute in Meckenheim, so Sönnert. Die hebräischen Inschriften enden mit den Worten "die Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens".

Während die älteren Steine meist aus schlichtem Sandstein sind, habe ein im 20. Jahrhundert aufgestellter Stein eine polierte Oberfläche: "Auch jüdische Grabsteine unterliegen der Mode." Seit 1959 ist der Landesverband der jüdischen Gemeinden im Rheinland Eigentümer des Friedhofs. 1986 wurde er in die Denkmalliste der Stadt eingetragen, die das Gelände heute pflegt. Bestattungen finden hier nicht mehr statt.

Weitere Informationen bietet die Dokumentation "Ihre Namen werden bleiben", herausgegeben von Dietmar Pertz und Ingrid Sönnert, Rheinlandia Verlag, Siegburg 2013, ISBN 978-3-938535-96-7

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort